LADY BE GOOD

Mystery Bomber of WW II

© Reinhart Mazur, 1991-2008



LbG aufgefunden am 23.12. 1988 bei 26°42.80N, 24°01,50E
Gefunden!

Nur zu erahnen: der Sonnenaufgang. Schwarz und düster der Horizont, eingehüllt in dunkle Wolken. Die Aufbruchstimmung reißt uns aus den wohlig-warmen Schlafsäcken. Beinahe verzichten wir auf den üblichen Morgenkaffee, denn selbst der starke Benzinkocher kämpft mühsam gegen die heftigen Böen an. Schon eine halbe Stunde später sind wir unterwegs.

Der Scheibenwischer läuft auf Stufe zwei. Schwerer Regen hat wieder eingesetzt. Wie berauschend ist die Fahrt über geschwungene, weißlich-gelbe Dünenrücken. Gerti ist beauftragt, nach rechts hin den Horizont zu beobachten, Ausschau zu halten nach dem ersten Ziel unserer Wüstentour. Noch vierzig Kilometer, dann müßte es vor uns liegen. Natürlich Fehlanzeige! Wir fahren zehn Kilometer weiter in die vorbestimmte Richtung, aber ohne Erfolg. Wir halten an, überlegen uns eine geeignete Suchstrategie, die in dieser weitläufigen, leicht welligen Sandebene zum Ziel führen könnte. So fahren wir weiter, scheinbar ziellos durch die schwer zu überblickende Weite. "Da drüben, Büsche" meldet Gerti eher beiläufig. Siebzig Kilometer haben wir seit der letzten Standortbestimmung inzwischen zurückgelegt. Büsche in dieser Gegend? schießt es mir durch den Kopf. Alarmiert wendet sich mein Blick nach rechts. Tatsächlich, eine Ansammlung unförmiger Flecken hebt sich dunkel vom hellen Sand ab. Das sind beileibe keine Büsche, das ist unser Flugzeugwrack! Wir haben sie also doch gefunden! Wenige Minuten nur noch, und wir stehen vor ihr, der legendären "Lady be Good".

Viel ist nicht übriggeblieben von dem Flugzeug. Alles was nicht niet-und nagelfest war, wurde offensichtlich abmontiert und mitgenommen. Und doch genügt uns der klägliche Rest, um noch ein wenig von dem tragischen Schicksal zu spüren, das die Mannschaft mit ihrer Unglücksmaschine hier, weit im Süden der libyschen Kalanscho-Sandsee, erlitten hatte.

Mai 1959. Ein englischer Erdölsuchtrupp stößt auf das zerborstene Wrack eines amerikanischen B24-Bombers. Wäre der Rumpf nicht in drei Teile gerissen, die gewaltigen Propeller verbogen, die Geologen könnten meinen, ein fabrikneues, notgelandetes Flugzeug vor sich zu haben. Im Innern intakte Geräte, Proviant, sogar Kanister mit trinkbarem Wasser, aber keinerlei Hinweise über den Verbleib der Besatzung. Die Männer stehen vor einem Rätsel.

Bei der Identifizierung helfen später Amerikaner. Zweifellos handelt es sich um die seit sechzehn Jahren vermißte "Lady be Good". Großangelegte Suchaktionen führen nach langen Mühen zum Erfolg. Es gelingt schließlich, alle Mann der Besatzung, bis auf einen, zu bergen. Das Schicksal der umgekommenen Mannschaft konnte weitgehend rekonstruiert werden:

Auf dem Rückflug von Neapel, getrieben von starkem Rückenwind, überfliegt im April 1943 die unerfahrene Besatzung der "Lady be Good" in stockfinsterer Nacht unbemerkt die Küstenlinie der Cyrenaika und das Flugfeld von Benghazi und nimmt Kurs auf die Wüste. Der Treibstoffvorrat geht zu Ende, die Crew springt ab, während die Maschine alleine weiterfliegt, um irgendwo in der Sandsee niederzugehen. Die Männer sammeln sich, warten auf John, der sich aber nicht meldet und marschieren schließlich ohne ihn nach Nordwesten los. Tagsüber suchen sie unter ihren Fallschirmen Schutz vor der sengenden Sonne. Nachts, wenn es kühl ist, wird marschiert. Sie kommen zunächst gut voran, nur das knappe Wasser schafft Probleme. Allen Widrigkeiten zum Trotz gelingt es ihnen, sich durch schweres Dünengelände vorzukämpfen. Am Rande eines Plateaus versagen ihre Kräfte. Drei der Stärksten machen sich auf, Hilfe zu holen. Vergebens. Wie ihre Kameraden werden sie Jahre später verdurstet aufgefunden. Von John aber fehlt bis heute jede Spur...

Unzählige Fußabdrücke und Reifenspuren ungewissen Alters bezeugen häufigen Besuch des Fundortes. Allzu lange wollen wir daher nicht bleiben, um in diesem heiklen Gebiet, schließlich ist Ägypten recht nahe, nicht noch in Schwierigkeiten zu kommen. Seit Stunden schon läßt der Satellitenfix auf sich warten. Wir hegen den nicht unbegründeten Verdacht, die Amerikaner könnten über Libyen, dem "Feindesland", das Satellitensystem ausgeschaltet haben oder mit falschen Daten speisen. Wir müssen also über Nacht bleiben, gut getarnt zwischen den Flugzeugtrümmern. Es ist Weihnachtsabend und wie zu erwarten wird er uns als sehr still und besinnlich in Erinnerung bleiben. Das gnadenlose Schicksal der unerfahrenen Flieger will uns einfach nicht aus dem Sinn. Zwar sind wir seit vielen Jahren schon in der Sahara unterwegs, doch bei einem irreparablen Schaden unseres Wagens wäre uns hier wohl ein ähnliches Los beschieden...





Aus dem Tagebuch von Robert Toner, CoPilot
(in einem bekannten deutschen LIBYEN-Führer wird diese Übersetzung
ohne Abdruckgenehmigung verwendet!)

Sonntag, 4. April 1943
Neapel. Haben uns auf dem Rückweg verirrt. Treibstoff aus. Springen ab. Landen in der Wüste 2 Uhr morgens. Niemand ernstlich verletzt. Kann John nicht finden. Alle anderen sind da.



Montag, 5. April
Marschieren los, Richtung NW. John fehlt noch immer. Einige Verpflegungsrationen.½ Wasserflasche. 1 Tasse pro Tag. Sonne schön warm. Angenehme Brise aus NW. Nacht sehr kalt. Kein Schlaf. Rasten und marschieren weiter.

Tagebuch der Lbg-Mannschaft
Dienstag, 6. April
Rast um 11.30 Uhr. Sonne sehr warm. Kein Wind. Nachmittag wie in der Hölle. Keine Flugzeuge usw. Rasten bis 5 Uhr nachmittags. Marschieren und rasten während der ganzen Nacht. 15 Minuten Marsch, dann 5 Rast.


Freitag, 9. April
Shelley, Rip, Moore trennen sich von uns & versuchen Hilfe zu holen. Rest von uns sehr schwach. Augen schlimm. Bleiben liegen. Alle wollen sterben. Nur noch sehr wenig Wasser. In der Nacht 25°F. Wind aus N. Kein Schutz. Einen Fallschirm zurückgelassen.


Mittwoch, 7. April
Gleicher Rhythmus. Alle werden schwach. Schaffe es nicht mehr weit. Beten ständig. Nachmittags wieder sehr warm. Die Hölle. Kann nicht schlafen. Jeder leidet entsetzlich.



Samstag, 10. April
Beten gemeinsam um Rettung. Keine Anzeichen von irgendetwas, ein paar Vögel. Angenehmer Wind aus N - wirklich schwach jetzt. Kann nicht mehr gehen. Überall Schmerzen. Alle wollen sterben. Nacht sehr kalt. Kein Schlaf.

Donnerstag. 8. April
Treffen auf Sanddünen. Ganz miserabel. Angenehmer Wind, aber ständig bläst der Sand. Jeder sehr schwach. Glaube Sam + Moore sind total erledigt. LaMottes Augen sind kaputt. Wir alle haben schlimme Augen. Gehen weiter NW.


Sonntag, 11. April
Warten noch immer auf Hilfe und beten. Augen schlimm. Total abgemagert. Schmerzen überall. Wir könnten es schaffen, wenn wir Wasser hätten. Haben gerade noch so viel, um unsere Zungen einzutauchen. Hoffen auf baldige Rettung. Keine Ruhe. Sind am gleichen Ort.


Montag, 12. April
Noch keine Rettung in Sicht. Sehr kalte Nacht.




Aufnahmen vom Absturzort (23.12.1988)

Lady be Good, no.1 Lady be Good, no.2
Lady be Good, no.3 Lady be Good, no.4
Lady be Good, no.5 Lady be Good, no.6





The Return of 'Lady be Good'
aus: 'AFTER THE BATTLE', no. 89, p. 31


Unter diesem Titel veröffentlichte Dr. Fadel Ali Mohamed, Benghazi, einen Bericht über die von ihm geleitete Bergungsaktion der Lady be Good. Diese wurde vom Antiqities Departement der Cyrenaika als notwendig erachtet, da durch den zunehmenden Besucherstrom (großteils Libyer auf Falkenjagd) das Flugzeugwrack immer stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde. Als historisches Kulturgut sollte es im neu zu schaffenden Internationalen Militärmuseum in Tobruk ausgestellt werden.

Die Aktion fand statt Anfang August 1994. Drei gigantische 6x6-Kenworth Trucks wurden von der Gulf Petrol Company zum Abtransport zur Verfügung gestellt. Als Fahrtroute wurde die direkte Strecke von Jaghbub durch die Kalanscho Sandsee über eine Distanz von ca. 350 km gewählt. Wegen der extremen Hitze und dem weichen Sand zog man es vor, überwiegend bei Nacht zu fahren. Die Navigation erfolgte mittels Polarstern. Der Führer benötigte keinen Kompaß, ja, er war sogar in der Lage, den Standort durch den Geruch des Sandes festzustellen!

Vier Tage dauerte es, bis mit einer schweren Sandsaugmaschine die Flugzeugteile soweit befreit waren, daß man sie mit einem mobilen Kran auf die Lastwagen heben konnte. Die Arbeiten wurden immer wieder von einem attackierenden Adlerpaar behindert, das sein Nest im Rumpf des Flugzeugwracks nicht verlassen wollte. Vor der Abfahrt wurde ein Denkmal errichtet, das an den Absturz des Flugzeugs am 5. April 1943 erinnert und an den Abtransport des Wracks am 1. August 1994. Die Spitze des Denkmals krönt ein Modell des B-24 Liberator Bombers.




Literaturhinweise
McClendon: Lady be Good Karte: 'United Kingdom of Libya', US Geological Survey, Miscellaneous Geologic Investigations, Map I-350 B, 1962, Scale 1:2 000 000 (verzeichnet ungefähren Ort des 'U.S.Liberator Bomber Wreck')

Buch: McClendon, Dennis E.: The Lady be Good, Mystery Bomber of World War II, Aero Publishers, Inc, Fallbrook, CA.(1982) ISBN 0-8168-6624-4

Artikel: Mazur, Reinhart: Auf der Suche nach der "Lady be Good". Libyens einsamer Südosten. TOURS 4/91, pp.18-31

Artikel: Dr. Fadel Ali Mohamed: The Return of Lady be Good in AFTER THE BATTLE, number 89, pp. 26-31 (London, 1995)

Buch: von Croy, Alexis: Abenteuer der Lüfte. Die besten Geschichten über das Fliegen; Malik, bei Piper Verlag (München 2003), ISBN 3-89029-266-6, S.143ff.

Internet: www.qmfound.com/Lady_Be_Good_References.htm Ausführliche Hinweise auf Bücher, Zeitschriftenartikel, Filme, etc.auf der WebSite der U.S. Quartermaster Foundation

Internet: www.qmfound.com/lady_be_good_b-24_bomber_recovery.htm Geschichte der Suche nach der verschollenen Mannschaft 1959-60 und deren Bergung. Mit weiteren Internet-Quellen. (publiziert von U.S. Quartermaster Foundation)



          Sonderthemen Sahara

home