Das abendliche Auslaufen der Espresso Egitto entlang des Canale Grande Venedigs,
flankiert durch romantisch beleuchtete Häuserfronten, die atemberaubende
Passage durch den Kanal von Korinth und der Besuch einer Taverne in der Athener
Plaka sind schon fast vergessen, als wir nach 4 Tagen früh am Morgen endlich
in Alexandria anlegen. Es dauert kaum fünf Stunden und schon sind alle
Formalitäten erledigt! Da wir eine lange Reise in den Sudan vor uns haben,
machen wir uns sofort auf den Weg nach Kairo.
Die 'Desert Road' von Alexandria endet in Gizeh, also bleiben wir gleich da und
lassen uns von den mächtigen Pyramiden beeindrucken. Nicht allzu weit entfernt
von der Chefren-Pyramide finden wir einen schönen Übernachtungsplatz.
Dummerweise haben wir nicht mit den dichten Mückenschwärmen gerechnet,
die vom Wind aus den Niederungen des Niltales bis hier herauf geweht werden. Es
wird eine sehr unruhige Nacht!
Nach einem Besuch des historischen Mena House Hotels können wir gleich
gegenüber bei einer kleinen Polizeistation unserer Registrierungspflicht
nachkommen. Was nun noch fehlt, ist Diesel. Am Beginn der Straße nach
Bahariya finden wir eine große Tankstelle. Wir reihen alle unsere 18 Kanister
auf, warten geduldig, bis wir bedient werden, haben ein waches Auge auf die vielen
neugierigen Menschen rund um uns herum und wundern uns dann doch gehörig,
daß wir nur 17 volle Kanister einladen können...
Am Rande der libyschen Sandsee
Jetzt geht es nach Süden: die 'Oasenstraße' wird uns nach Kharga
führen. Wir haben nun Begleiter, Karl aus Graz und Wolfgang aus Wetzikon, die
in 6 Wochen einen Puch Geländewagen nach Südafrika überführen
wollen. Beide sind sehr erfahrene Afrikafahrer und das werden sie auf dieser Tour
ein weiteres Mal unter Beweis stellen.
Die Asphaltstraße ist in recht üblem Zustand. Immer wieder werden wir
durch Tonnenmänner aufgehalten, die unsere Personalien notieren, auf der
Handfläche! In Farafra bekommen wir dann eine Fahrgenehmigung ('Tesserija'),
nach der wir im weiteren Verlauf der Fahrt immer wieder gefragt werden.
Natürlich sind wir begeistert von den weißen Kreidefelsen inmitten der
rötlich-braunen Sandfelder der 'Weißen Wüste'; der Blick von der
Anhöhe kurz vor Bir Abu Minqar hinunter nach Süden auf die endlose Weite
der östlichen Ausläufer des Dünenmeers der Libyschen Sandsee ist
zweifellos noch eine Steigerung!
Regelmäßig werden wir mit riesigen Schildern am Straßenrand
konfrontiert, die jedermann sehr deutlich vor Augen führen, daß es
Ausländern verboten ist, die Straße nach Süden
(in Richtung Gilf Kebir) zu verlassen!
In Kharga wird ein letztes Mal vollgetankt und Wasser gefaßt. Die nächste
Gelegenheit ist mit viel Glück vielleicht nach 800 Kilometern in Dongola,
im Sudan. Mit unseren Vorräten müßten wir aber zur Not Khartum
erreichen können. Ob es aber da Diesel gibt, steht in den Sternen. Wir hörten
von Reisenden, daß es im Sudan extreme Versorgungsengpässe gäbe.
Ohne die touristischen Sehenswürdigkeiten Khargas eines Blickes zu würdigen,
geht es nunmehr nach Süden, die Wüste lockt. Es wird sehr bald klar,
daß wir uns jetzt durch militärisch kontrolliertes Gebiet bewegen. Ein
Kontrollposten nach dem anderen wird passiert. In El Maks halten wir vor einer Barriere
an einem größeren Stützpunkt. Die freundlichen Militärs servieren
Tee und wollen wissen, was wir hier zu suchen hätten. Unserem Statement, wir
würden nach Abu Simbel fahren und weiter nach Assuan, wird Glauben geschenkt
und so dürfen wir unsere Fahrt fortsetzen. Glück gehabt, sonst wäre unsere Tour geplatzt.
Selima Oase
Die schmale Teerstraße hört bald auf und wir haben endlich wieder Sand
unter den Reifen. Das nächste Etappenziel ist die sagenumwobene Oase Selima.
Auf dem Weg dorthin fahren wir häufig entlang hunderter paralleler, ausgetretener
Kamelpfade, die gesäumt sind von gebleichten Knochen. Dies ist die Darb el Arba'in,
die Straße der 40 Tage, über die vom Darfur aus bis ins 20. Jahrhundert
hinein tausende von Menschen auf die Sklavenmärkte des Nordens geschafft wurden.
Darb el Arba'in
Offensichtlich stimmt die Koppel-Navigation nicht, denn danach müßten wir
schon längst Selima erreicht haben. Weit und breit ist von der Palmenoase
jedoch nichts zu sehen! Wolfgang und Karl werden nervös, bleiben uns als
Begleitfahrzeug letzten Endes doch erhalten. Nur noch wenige Kilometer und
völlig unerwartet erkennen wir am Fuße eines Berges
eine Senke, in die viele alte Autospuren hineinführen. Das macht uns neugierig
und tatsächlich, erst 200 Meter vor den ersten Palmen ist die Oase zu erkennen!
Der Senkenrand besteht aus ziemlich weichem Sandboden und um einer unguten (und
eigentlich unnötigen) Schrägfahrt zu entgehen, steuere ich den Toyota
in Fall-Linie direkt nach unten in eine tiefe Mulde. Es kostet eine Menge Arbeit
und Schweiß, bis das Auto wieder auf sicherem Grund steht.
Am weichen Rand der Oasensenke von Selima
Da unsere Freunde nicht viel Zeit haben, verzichten wir auf einen Ruhetag im
idyllischen Selima. Trotzdem schauen wir uns ausgiebig um, suchen das Wasserloch
im dichten Schilf und gönnen uns eine gründliche Wäsche, die erste
nach einer Woche. Die ägyptischen Nummernschilder werden abmontiert und
für die Rückfahrt gut verstaut.
Selima Oase
Querung zum Nil
Der Nil ist unser nächstes Etappenziel. Die folgende Fahrt führt durch
herrliches, weites Gelände zum Jebel Arbagi, der schon von weitem sichtbar ist.
Von da steuern wir den Djebel Hamid an, der bereits auf der östlichen Nilseite
liegt. Einige sehr steinige Passagen auf den letzten Kilometern zum Nil lassen die
Freunde revoltieren. Trotzdem geht es weiter und bald ist das palmenbestandene
Nilufer, ganz unwirklich in dieser Wüste, deutlich zu erkennen. Wir sind happy!
Steinige Barriere vor dem Nil
Über eine sehr staubige Piste geht es nun Richtung Dongola. Unterwegs passieren
wir bunte Niloten-Dörfer mit freundlich winkenden Menschen. Ab und zu kommen
uns Kamelherden entgegen, denen noch ein langer Weg bis in die Schlachthäuser
Kairos bevorsteht.
Staubige Piste nach Dongola entlang des Nils
Dongola
105 Kilometer nach unserer Ankunft am Nil finden wir uns im Hof der Polizei in Dongola
wieder. Heute ist aber Feiertag und alle Arbeit ruht, bei den Behörden. So bleibt
uns genügend Zeit, das schöne Nilstädtchen zu erkunden. Wir werden
Zeuge eines Vorfalls am Obstmarkt, bei dem ein wütender Polizist einem Fotografen
einer französischen Reisegruppe handgreiflich die Kamera entreißt und das,
obwohl dieser eine schriftliche Fotografiererlaubnis des Innenministeriums in Khartum
vorweisen kann.
Früh am nächsten Morgen geht es nach einer Nacht am Rande der Wüste
wieder zur Polizei. Die Formalitäten sind schnell erledigt und man wechselt
uns dort USD. Auch das Tankproblem wird zufriedenstellend gelöst, wir
können ein Faß Diesel bei der Kooperative kaufen. Was Wolfgang und Karl
inzwischen machen und wo sie hingebracht wurden, wissen wir nicht. Uns ist nur
bekannt, daß sie den Sudan durchqueren wollen, ohne ein sudanesisches Visum
im Paß zu haben. Das verspricht eine Menge ernster Probleme
Am Markt kaufen wir noch kiloweise saftige rosa Pampelmusen, warten dann bis 13 Uhr
auf die Reisekameraden, die jedoch verschwunden bleiben. Wir beschließen also,
alleine weiterzufahren. Eigentlich wollten wir hier ans andere Ufer übersetzen,
aber der Andrang an der Fähre war einfach zu chaotisch. So nehmen wir die
westliche Uferpiste den Nil hinauf bis Abu Dom und fahren weiter nach Nord-Osten,
wo wir bei Nuri mit der Fähre nach Karima übersetzen wollen. Dort geht es
sehr beschaulich zu und nach kurzem Warten stehen wir auch schon an den
gruselig-spitzen Kleinpyramiden am Jebel Barkal.
Sudanesen warten auf die Fähre bei Nuri
Pyramidenfeld nahe des Jebel Barkal
Wieder zurück am anderen Nilufer, möchten wir von Merowe aus nach Atbara.
Trotz mehrfacher Auskünfte hilfreicher Einheimischer gelingt es uns nicht,
die richtige Piste zu finden. Die vermeintlich richtige Piste nach Atbara, sehr
breit und stark befahren an ihrem Anfang, endet nach 45 Kilometern in zwei alten
LKW-Spuren. Also zurück nach Abu Dom. Die folgenden 380 Kilometer durch die
Bayuda Wüste nach Omdurman sind recht beschwerlich: tiefe Spurrillen durch
weiche Sandfelder, trotz gelegentlicher Markierungen mit Eisenstangen ist die
Orientierung mühsam, vor allem bei dem einsetzenden Sandsturm.
Ungemütliche Fahrt durch die Bayuda Wüste
Nächtlicher Besuch
Mitten in der Nacht bekommen wir unverhofft Besuch. Zwei verhüllte Kamelreiter
klopfen ans Auto, wollen, daß wir herauskommen, und nachdem wir ihrem Wunsche
nicht Folge leisten, begnügen sie sich mit zwei Bechern Wasser, die wir ihnen
durch einen Spalt am Fenster herausreichen. Merkwürdig erscheint uns das schon.
Die beiden Typen steigen von ihren Kamelen und scheinen zu beraten, was zu tun sei.
Schließlich verschwinden sie zwischen den Büschen in der Dunkelheit,
zu unserer großen Erleichterung.
Am nächsten Tag rollen wir in Khartum ein. Der erste Eindruck ist nicht
sehr positiv. Beim Wäldchen am Hilton Hotel, einem Treffpunkt der Autotouristen,
schauen wir als erstes vorbei, niemand da, nur Sudanesen beim Picknick. Da wir nicht
genau wissen, wo der Deutsche Club zu finden ist, nehmen wir ein Taxi, das uns
dorthin führen soll. Und wen sehen wir da zu unserer großen Überraschung?
Wolfgang und Karl beim Pool-life! Sie haben es also doch ohne Visum bis hierher
geschafft. Wir trinken ein Bier, duschen und waschen die total verstaubten Haare
und schwimmen noch einige Runden im Pool.
Übernachten können wir im Auto, das im Hof des Deutschen Clubs gut
aufgehoben ist. Von schlafen kann aber keine Rede sein. Dicke Schwärme
blutgieriger Mücken belagern uns die ganze Nacht über. Selbst bei
geschlossenen Fenstern dringen sie über die Belüftungsöffnungen ins
Wageninnere. Am Morgen ist der Fahrzeughimmel übersät mit Blutflecken...
Kampf um Diesel
Total unausgeschlafen müssen wir uns heute der wichtigen Aufgabe widmen, Diesel
zu beschaffen. Für den Normalverbraucher gibt es kein Diesel an den Tankstellen
und schon gar kein Benzin, lediglich Inhaber staatlicher Gutscheine werden bedient.
Inzwischen haben die Schlangen der an den Tankstellen auf Treibstoff wartenden
Fahrzeuge unvorstellbare Dimensionen angenommen. In Dreierreihen winden sie sich
um ganze Häuserblöcke. Da steht uns ja was bevor!
Wir gehen das Beschaffungsproblem systematisch an: Beim Tourismus-Office der
Regierung lassen wir uns ein Empfehlungsschreiben für die General Petrol
Corporation ausstellen. Damit fahren wir in deren Direktion und beantragen den
Kauf von 200 l Diesel. Nach zwei Stunden halten wir tatsächlich ein
entsprechendes Papier in Händen. Jetzt müssen wir nur noch das Tanklager
am Flugplatz finden. Wieder führt uns ein Taxi dorthin. Wir weisen das Papier
vor und werden aufs Gelände gelassen. Das zuständige Büro ist schon
von weitem zu erkennen. Eine riesige Schlange hoffnungsvoll Wartender steht geduldig
da. Wie wir es gewohnt sind, reihen wir uns ein, werden aber bevorzugt bedient.
Wieder zwei Stunden später halten wir eine Lieferanweisung über 200 Liter
Diesel in Händen. Dummerweise ist es jetzt 14.00 Uhr und das Tanklager für
heute schon geschlossen.
Also: am nächsten Morgen aufstehen um halb sechs Uhr, denn um 6.30 Uhr soll
Dienstbeginn im Tanklager sein. Und tatsächlich, um 7.00 Uhr kommt der Kassierer,
wir zahlen 54 Sudanesische Pfund für 200 Liter, das sind 1,15 DM pro Liter.
Ein Faß wird gefüllt (160 Liter) und wir machen voll. Den Rest schenken
wir der netten Mannschaft. Wir haben es tatsächlich geschafft, es kann
weitergehen!
Inzwischen waren Wolfgang und Karl nicht untätig. Bei ihnen geht es um die
Wurst. Die Immigration zeigte sich nicht sehr einsichtig, wenn Touristen ohne
Visum durch ihr Land fahren wollen. Die beiden werden nur weitergelassen, wenn sie
ihr Auto per Bahn und dann per Schiff nach Juba im Süden verladen. Das
gefällt den beiden natürlich gar nicht. Die Alternative wäre nur:
über Wadi Halfa zurück nach Ägypten!
Wie wir später hören, haben sie es doch geschafft, entlang des
Jonglei-Kanals nach Juba zu fahren und waren wie geplant 4 Wochen später in
Kapstadt. Respekt!
Für uns ist hier der Wendepunkt unserer Reise gekommen, es geht wieder nach Norden.
Das staubige Khartum bietet nicht viel Attraktionen, sodaß wir froh sind, als
wir nach wenigen Tagen Aufenthalt wieder on the road sein können.
Über eine sehr gut ausgebaute, neue Teerstraße geht es zunächst
erst weiter in den Süden, der tatsächliche Wendepunkt kommt bei Gedaref.
Hier trifft man schon auf die ersten jener phantastischen Granitspitzen, die bei
Kassala nahe der eriträischen Grenze phantastische Dimensionen erreichen.
Im Land der 'Fuzzi-Wuzzi'
Dies ist das Land der 'Fuzzi-Wuzzi', einem ehedem kriegerischen Volksstamm. Abends
am Rastplatz bekommen wir von einem wenig vertrauenswürdigen Vertreter seines
Volkes Besuch. Wir schenken ihm eine Pampelmuse. Er erweckt den Anschein, als
hätte er so etwas zum ersten Mal gesehen. Mit diesem Präsent ist er
offensichtlich nicht sehr zufrieden. Endlich finden wir heraus, was er wirklich
will: Streichhölzer! Er steckt sie in eine kleine Tasche seines ledernen
Lendenschurzes und macht sich grußlos davon.
Wir nähern uns dem Küstengebirge. Vor Sinkat zweigen wir von der
Hauptstraße nach Osten ab und fahren 30 Kilometer in die Berge. Die kleine
Straße führt hinauf in eine nebelumhüllte Bergwelt mit bemerkenswerter
Vegetation. Nicht verwunderlich, daß die Nebeloase Erkowit für die
hitzegeplagten Großstädter Port Sudans ein ersehntes Sommer-Resort
darstellt. Dennoch ist hier nicht viel los, ein paar Häußchen und
ärmliche Souvenirhändler.
Nebeloase Erkowit: Saftige Vegetation mitten in der Wüste
Über einen steilen Pass, der offensichtlich schon einigen der schwerbeladenen
LKWs zum Verhängnis geworden ist, geht es hinunter nach Suakin. Die einst
prächtigen, mehrstöckigen Häuser dieser alten Hafenstadt sind aus
Korallenkalk erbaut und mittlerweile bis auf einige wenige alle zerfallen. Ein
trostloser Anblick!
Suakin: Traurige Überreste einst mächtiger Kaufmannshäuser
Port Sudan ist nun nicht mehr weit. Die Stadt hat einen faszinierenden Charakter,
ganz anders als das gesichtslose Khartum. Erstaunlicherweise gibt es hier sogar
Diesel an der Tankstelle, ohne lange in Schlangen warten zu müssen!
Dem Roten Meer entlang nach Bir Shalatein
Von hier führt eine gute Piste die schmale Ebene zwischen Küstenkordilliere
und Rotem Meer entlang über Muhammed Qol nach Halaib. Im Prinzip gibt es im
Verlaufe dieser Strecke keine Orientierungsprobleme. Wir nehmen allerdings die
Aussage im Därr-Führer zu wörtlich, der zufolge sich die Piste vor
Muhammed Qol kurzzeitig landeinwärts wenden solle. Wir folgen demgemäß
der breiten Piste solange, bis wir weit westlich in den Bergen stutzig werden.
Denn hier geht es nicht nach Muhammed Qol! Dieser Ort liegt nämlich an der
Küste und nicht im Gebirge. Wir treffen auf einen Bedford LKW, dessen Fahrer
es nicht verstehen kann, daß wir hier nach Muhammed Qol fahren wollen! Also
wieder zurück zur Küstenebene. Jetzt wird klar, wir haben einen
vielbefahrenen Abzweig genommen, der nach Salala ins Landesinnere führt, die
Piste nach Norden ist hingegen wenig befahren und am Abzweig nur schwer zu erkennen!
Muhammed Qol ist ein miserables Fischernest mit einem einzigen, allerdings
weiß-gekalktem Steinhaus, ansonsten gibt es nur einige windschiefe Hütten
aus Treibholz. Von dieser Qualität sind alle 'Orte' an der Küste. Uns hält hier
nichts, wir fahren weiter Richtung Ägypten.
Muhammed Qol am Roten Meer
Der nächste Ort ist Halaib. Es ist aber nicht auszumachen, ob dieser Ort noch
im Sudan liegt oder bereits in Ägypten. Aus gutem Grund machen wir einen
großen Bogen um ein Verwaltungsgebäude, aus dem jemand herausstürzt
und uns zu sich winken will. Wir ignorieren diesen Menschen, nicht Gutes ahnend.
Die Piste ist nun von sehr bescheidener Qualität, es gibt eigentlich nur wenige,
undeutliche Spuren. Trotzdem kommen wir schön voran. Halaib ist schon lange
verschwunden, als wir plötzlich Hubschrauberlärm hören. Im Rückspiegel
sehe ich, wie ein Hubschrauber ziemlich nahe am Boden hinter uns herjagt. Jetzt
haben sie uns also doch erwischt, denke ich mir. Unsere Wiedereinreise nach
Ägypten wäre damit wohl geplatzt, obwohl ich inzwischen wieder die
ägyptischen Nummerntafeln montiert habe. Zu meiner großen Erleichterung
sehe ich, wie der Hubschrauber an uns vorbei weiter nach Norden fliegt und uns nicht
beachtet. Warum auch, es handelt sich offenbar um eine privaten Hubschrauber einer
Bergbaugesellschaft...
Bizarre Berge der Küstenkordilliere der Arabischen Wüste
Dafür gibt es jetzt andere Gefahren: Exakt alle 10 Kilometer, auf der
Anhöhe eines dem Küstenverlauf parallel folgenden Dünenzugs, sind
militärische Mannschaftszelte errichtet. Von dort aus muß man einen
phantastischen Blick nicht nur auf das Rote Meer sondern auch auf die Küstenebene
haben! Neben dem Zelt ist jeweils ein Antennenmast aufgebaut. Glücklicherweise
stehen aber keine Fahrzeuge daneben. Die Zelte sind also unbemannt.
Trotzdem machen wir, daß wir so schnell wie möglich aus dem Blickfeld
verschwinden, indem wir quer durchs Gelände auf die Berge der Küstenkordilliere
zuhoppeln. Das wird uns dadurch erleichtert, daß die schwach erkennbare Piste
nun nach NO schwenkt, auf Bir Shalatein zu. Wir übernachten in guter Deckung,
und können doch bei einsetzender Dunkelheit die Lichter von Bir Shalatein in
der Ferne gut erkennen.
Durch die Arabische Wüste
Die nächste Etappe führt durch die wilden Berge der 'Arabischen Wüste'.
Mit Hilfe unserer guten englischen Militärkarten legen wir den genauen Kurs
fest, den wir fahren müssen, um zu dem Durchschlupf durch das Küstengebirge
zu gelangen. Dort sollten wir auf die Piste von Bir Shalatein nach Assuan stoßen.
Und so ist es auch. Am erwarteten Ort treffen wir auf ein breites Bündel
frischer Spuren, die sich an der Engstelle zu einer tief ausgefahrenen Piste konzentrieren.
Sollten hier vielleicht die Militärs fahren, deren Zelte wir gestern gesehen
hatten?
Durchschlupf auf dem Weg von Bir Shalatein nach Assuan
Durch wunderschöne Landschaften geht es weiter zu den Brunnen Bir Abraq und
Bir Abu Hashim. Am Brunnen Bir Abraq, steht mitten in der
Einsamkeit ein gemauertes Haus, umgeben von (Militär-?) Zelten. Bevor wir
diesen Ort erreichen, haben wir noch ein merkwürdiges Erlebnis: wir machen
gerade zum Kartenstudium Halt, als wir in einiger Entfernung
unvermittelt 3 weiße Toyota Hilux aus Richtung Assuan auf uns zukommen sehen.
Mit einem Mal, vermutlich in dem Moment, als sie uns entdeckt haben, machen sie kehrt
und flüchten in alle Richtungen. In größter Panik verirrt sich einer der Pick-ups
sogar auf einen Schuttkegel an einem Berghang weit abseits der Piste, in der irrigen
Annahme, uns so zu entkommen! Wir sind uns darin einig, es höchstwahrscheinlich
mit Autoschmuggler auf dem Weg in den Sudan zu tun zu haben. Vorsicht ist also geboten!
Hier, in der Gegend um Bir Abu Hashim, wollten wir eigentlich die letzte Nacht vor
Assuan verbringen. Da uns diese Begegnung, wie den Autoschmugglern auch, ein wenig
in die Glieder gefahren ist, beschließen wir, besser gleich bis Assuan durchzufahren.
Der schwerste Schock unserer ganzen Reise sollte uns aber erst bevorstehen. Ungefähr
90 Kilometer vor Assuan erklimmen wir auf der Piste einen steinigen Felshügel,
als knapp vor uns ein Flugabwehrradar russischer Bauart und die dazugehörige
Raketenbatterie auftaucht. Die Piste führt direkt an der Stellung vorbei.
Sofort sehe ich, daß sich die Antennen nicht bewegen, auch scheint hier niemand
zu sein. Kein Wachposten hält uns auf, wir fahren sehr schnell weiter, so,
als sei der Teufel hinter uns her. Was hätte das doch für Unannehmlichkeiten
bringen können! Eine letzte Hürde haben wir noch zu meistern: Kurz vor der
Einmündung dieser Piste auf die geteerte Hauptstraße nach Assuan ist
noch ein Militärposten. Glücklicherweise ist dieser aber mit der
Essensausgabe beschäftigt, sodaß wir ungehindert passieren können.
In diesen Hügeln wartet eine böse Überraschung auf uns...
Einerseits sind wir froh, die Rückreise aus dem Sudan über die 'grüne'
Grenze unbehelligt über die Bühne gebracht zu haben und wieder am Nil zu
sein, andererseits sind wir auf dem Campingplatz in Assuan sehr schlecht untergebracht:
katastrophale Sanitäranlagen, viel Lärm in der Nacht dank permanentem
Bellen eines impertinenten Köters, der erst mit einem geeigneten Stein für
eine Weile zum Schweigen gebracht werden kann.
Fünfundzwanzig Tage sind wir nun unterwegs seit Alexandria. Damit bleibt
uns nur mehr knapp eine Woche bis zur Rückfahrt mit der Espresso Eggito.
Dieser Zeitrahmen ist dadurch gegeben, daß die Reederei Adriatica für
Reisen mit dem Auto in Ägypten bis zu einer Aufenthaltsdauer von 4 Wochen
die Zollgarantie übernimmt und man so um die immensen Kosten eines Carnets
herumkommt.
Kulturelles Pflichtprogramm
Der letzte Abschnitt unserer Reise hat nun einen kulturellen Touch. Wir fliegen von
Assuan nach Abu Simbel, stehend staunend vor den riesigen Memnon-Kolossen,
besuchen in Luxor die gigantischen Tempelanlagen Karnaks und das Tal der Könige
mit seinen weltbekannten Königsgräbern, machen die Rundtour über
die Berge und sind beeindruckt von der Lage des Hatschepsut-Tempels.
Das muß vorerst aber genügen. Und so sind wir froh, uns aus dem chaotischen
LKW-Verkehr auf der Hauptstraße nach Kairo ausklinken zu können und
einsam auf neuem Asphalt durch eine traumhafte Berglandschaft von
Qena nach Safaga und Hurghada zu rollen. Im Sheraton wollen wir uns ein gutes
Mittagsmahl gönnen, doch was da geboten wird, kann nicht einmal nach dem
Geschmack der dort in Massen auftretenden Neckermann-Touristen sein.
Schnell geht es weiter auf der Küstenstraße nach Norden. Es ist nicht
leicht, einen Schlafplatz am Strand des Roten Meeres zu finden. Überall
Militär, Radar, gekennzeichnete Minenfelder. Wir wundern uns schon, daß
wir an unserem versteckten Lagerplatz nicht gleich vertrieben werden. Das
Vergnügen haben wir dann aber am nächsten Morgen, als uns ein Soldat auf
Kamel klarzumachen versucht, daß wir hier am Meer nicht schlafen dürfen.
Zu spät, wir haben schon geschlafen!
Dann kommt der übelste Straßenabschnit unserer ganzen Reise: das
Stück von Hurghada nach Ain Sukhna. Ein brutales Schlagloch nach dem anderen,
der Straßenrand auf gefährlichste Weise ausgefranst, sodaß wir
jedesmal bei Gegenverkehr um unsere Federn und Stoßdämpfer bangen
müssen.
Nächtliches Abenteuer in Gizeh
Da macht es ja geradezu Spaß, sich durch den abendlichen Stoßverkehr
durch Kairo nach Gizeh zu quälen, immer in der Hoffnung, daß niemand unser
Auto schrammen möge. Natürlich bleibt uns dieses Erlebnis doch nicht erspart.
Beim Tanken übersieht ein LKW-Fahrer unseren LandCruiser und rammt ihn
rückwärtsfahrend. Dabei reißt er eines der seitlich angebrachten
Sandbleche weg und drückt die rechte Wagenseite ein. Schuld sind klarerweise wir,
denn hätten wir in dem Moment nicht getankt, wäre sicher nichts passiert.
Eine bestechende Logik, die jeder Ägypter versteht...
Gemeinsam mit einem französischen Toyota-Fahrer richten wir uns am Wüstenplateau in
gebührendem Abstand zur Chefren-Pyramide zur Übernachtung ein. Es
schließt sich noch ein Backpacker an, der sein Zelt zwischen unseren beiden
Fahrzeugen aufbaut. Mitten in der Nacht helle Scheinwerfer, laute Stimmen,
Durcheinander. Soldaten hatten versucht, in das Zelt einzudringen, wohl in der
Hoffnung, dort etwas Brauchbares zu finden. Dann kommen sie zu unserem
Seitenfenster. Mit meinem Starklichtscheinwerfer leuchte ich sie vom Wageninneren
an und erkenne die uns wenig wohlgesonnen Gesichter. Mein tierisches Gebrüll
sorgt für Verwirrung. Die Typen geben auf und verschwinden.
Am nächsten Tag haben wir noch genügend Zeit für einen Besuch der
uralten Stufenpyramide in Sakkara (unzugänglich, da militärisches Sperrgebiet),
des Ägyptischen Museums und des Bazars, aus dem man uns ohne den Kauf zweier
Flaschen Parfüm nicht herausgelassen hätte. Von diesem Erlebnis erholen
wir uns bei türkischem Kaffee und Baklava im altehrwürdigen Cafe Groppi.
Auf der Flucht
Schmutz und Müll überall, das macht uns sehr zu schaffen. Also, weg hier,
auf nach Alexandria! Dorthin flüchten sich auch die Kairoer, wenn sie
ihre Stadt nicht mehr ertragen können.
In Abu Kir an der Küste des Mittelmeeres soll es einen Campingplatz geben,
den wir aber nicht finden können. Vermutlich sind die wild gebauten
Wochenendhäußchen einfach darüber hinweggewuchert. Im Garten des
Montazah Palastes würde uns Unterkunft im Auto gewährt, doch 15 L.E.
ist zu viel für einen Übernachtungsplatz ohne Wasser und WC. So irren
wir also durch alle Winkel Alexandrias auf der Suche nach einem Standplatz. Es
ist schon fast dunkel, als wir uns entscheiden, beim Kait Bey Fort, wo in der
Antike der alte Leuchtturm stand, zu bleiben. Wie immer geht ein starker Wind in
Alex, der sich noch auf Sturmstärke steigert. Wir haben ernste Bedenken, ob
unser Schiff unter diesen Umständen den Hafen verlassen kann. Das gäbe
große Probleme mit unseren Arbeitgebern...
Stürmische Zeiten
Nach einer fürchterlich stürmischen Nacht und heftigem Regen machen wir
uns auf die Suche nach einem anderen Campingplatz an der Küstenstraße
Richtung El Alamein. Der Regen hat inzwischen aufgehört, dafür gibt es
jetzt einen brutalen Sandsturm, sodaß wir in El Alamein mit einer
mattgescheuerten Stoßstange und metallisch-blinkenden Nummerntafeln ankommen.
Den Campingplatz haben wir unterwegs gesehen, es aber nicht gewagt, da abzusteigen,
so schäbig und verdreckt dieser war. Der Sturmwind peitschte uns schon bei
einem kurzen Versuch dort auszusteigen, Müll und Dreck kiloweise
ins Gesicht!
Das gleiche Erlebnis in El Alamein. Kurz ein Blick auf die WWII-Gedenkstätte.
Bei dem Sturm ist nicht an mehr zu denken. Wir fahren zurück nach Alex, immer
auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz. Nichts. Wir fahren auf
die Desert Road nach Kairo, glauben einen annehmbaren Platz gefunden zu haben,
versumpfen auf der Zufahrt dorthin jedoch beinahe und gleiten gegen einen Baum, der
unserem Auto eine schöne Schramme beschert. Nach 250 Kilometern Suche finden
wir spät abends erneut Zuflucht am windigen Fort Kait Bey. Eine Nacht werden
wir es gerade noch aushalten können, dann sind wir am Schiff!
Nach dem obligaten Autowaschen und Volltanken geht es am nächsten Morgen zum
Hafen. Wir werden abgewiesen, die Espresso Egitto sei noch nicht da. So etwas
haben wir schon fast erwartet. Wir erkundigen uns bei der Agentur nach dem Verbleib
des Schiffes und zu unserer Überraschung erfahren wir, daß es soeben
eingelaufen sei. Also zurück zum Hafen. Und tatsächlich, in dem
kleinen Passagierhafen ist sie sofort auszumachen. Außer einer wahren Unzahl
gebrauchter (Schrott-)Autos sind kaum Touristenfahrzeuge an Bord. So geht alles sehr
schnell. Nach einer Stunde Hetzen von einem Schalter zum anderen haben wir alle
Formalitäten erledigt, das Auto aufs Schiff gefahren, unsere Kabine bezogen
und endlos geduscht. Vier Mal müssen meine Haare eingeschäumt werden,
bis sich der ägyptische Staub und Dreck gelöst haben! Zurück bleiben
nur die Erinnerungen an eine gewagte aber erfolgreich abgeschlossene Tour.
Reiseberichte
Reiseliste Sahara
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