| 
	  
	
  	Für unsere dreizehnte Sahara-Tour hatten wir uns etwas ganz Grosses ausgedacht:
	Von Kufra aus sollte es über den Jebel Uwainat nach El Fasher (Darfur) gehen, von dort
	über Abeche und N'Djamena (Tschad) nach N'Guigmi (Niger) und schließlich durch 
	den Erg von Bilma nach Bilma und weiter nach Djanet (Algerien). Die Tour endete aber praktisch schon 
	in Kufra und fand ein unrühmliches Ende in der Rebiana Sandsee: ein Begleitfahrzeug war 
	über eine Walfischrücken-Düne gestürzt und mußte zunächst 
	aufgegeben werden...
	
 
 
 Mr. Abdallah
 
 Voller Hoffnung erreichen wir Kufra. Ein Jahr zuvor hatten wir Mr. Abdallah, einen hohen Polizeioffizier,
	kennengelernt, der uns damals seine Hilfe bei späteren Unternehmungen anbot. Jetzt wollen wir ihn 
	beim Wort nehmen und ihn bitten, die für die Fahrt in den Sudan erforderliche Genehmigung 
	zu erteilen. Doch zuerst müssen wir ein Begleitschreiben aus Tazerbo bei der Kreisverwaltung 
	in Kufra abgeben. Bei dieser Gelegenheit bedeutet uns ein Tubu-Captain sehr nachdrücklich, daß 
	mit einer Fahrgenehmigung nach El Fasher nicht zu rechnen sei.
 
 Durch Zufall treffen wir Mr. Abdallah und tatsächlich erinnert er sich an uns und sein 
	Versprechen. Er will sich für uns einsetzen, morgen sollen wir wiederkommen. Kaum haben 
	wir uns von ihm verabschiedet, schnappt uns auf der Strasse ein Mann in Zivil, 
	kassiert die Pässe und verlangt, morgen bei ihm vorbeizukommen.
 
 Nun haben wir Zeit. An der Tankstelle werden wir sofort von alten Freunden erkannt und 
	begeistert begrüsst. Wie wir erfahren, war einige Tage zuvor Samir Lama mit seinen Gästen hier gewesen und 
	auch ihm wurde die Weiterfahrt in den Süden verwehrt. Wir sind gespannt, ob dies 
	tatsächlich das Ende unserer Reise sein soll.
 
 
 Doch keine Genehmigung für den Sudan!
 
 Am nächsten Morgen stehen wir pünktlich um 9 Uhr vor Mr. Abdullahs Büro.
	Wir warten eine halbe Stunde, bis er schliesslich erscheint. Wir sollen zur Kreisverwaltung 
	(wo man uns gestern abschlägig beschied), um dort die Genehmigung zu erhalten. Alle 
	unsere Daten werden fein säuberlich notiert, wir sind zuversichtlich, daß es heute klappt. 
	Um 12 Uhr sollen wir wieder erscheinen, doch passiert ist bis dahin nichts. Also versuchen wir 
	es um 16 Uhr noch einmal. Wieder nichts, nur die Frage, ob wir Funk hätten. 'Nur Autotelefon', 
	die Antwort. Es gibt also Funkaufklärung in Kufra! Wir warten noch bis 19.30 Uhr, da man 
	uns Hoffnung macht, es würde heute noch die Genehmigung geben. Später heißt es allerdings, 
	wir sollen morgen um 9 Uhr wiederkommen.
 
 Und wieder stehen wir morgens um 9 Uhr vor dem Immigration-Büro. Zwei Stunden später 
	ist noch immer nichts geschehen. Wir werden aber von einem Amt zum anderen geschickt.
	Schließlich haben wir das Einverständnis Mr. Abdallahs und des Militärs, in den 
	Sudan fahren zu dürfen, doch plötzlich sperrt sich Mr. Abdallahs Chef. 
	Die Grenzen sind zu, eine Ausreise kann nicht genehmigt werden! Das war's! Unklar ist immer 
	noch, wie es weitergehen soll. Während die eine Behörde verlangt, daß wir auf der 
	Teerstrasse sofort zurück nach Benghazi fahren sollen, halten wir uns an die Erlaubnis 
	von Mr. Abdallah, durch die Rebianah Sandsee zum Wau en Namus und nach Temessa zu fahren. Die 
	Möglichkeit, die Grenze zum Sudan an passender Stelle ungesehen zu passieren, wird unter 
	den gegebenen Umständen nicht mehr in Betracht gezogen.
 
 
 Richtung 274°
 
 Es geht also zuerst mal nach Rebiana, einem kleinen Tubu-Ort inmitten gewaltiger
	Sanddünen. Die Spuren führen direkt zum kleinen Fort, auf dessem Dach einige 
	schussbereite Kanonen postiert sind. Wir halten natürlich. Ein Soldat kommt und 
	verlangt die Pässe. Das Funkgerät tritt in Aktion, merkbar am heiseren 
	Geschrei des Soldaten. Ergebnis, wie nicht anders zu erwarten war: Wir haben hier nichts verloren und 
	müssen sofort zur Teerstraße nach Benghazi. Damit wir in diesem Dünenmeer wirklich 
	den richtigen Einstieg finden, fährt ein Polizei-LandCruiser die ersten 5 Kilometer vor uns her. 
	Nachdem er sich vergewissert hat, daß wir wissen, wie wir nach Bzema und Bir el Harash an der 
	Teerstrasse kommen, verabschiedet er sich; wir dürfen alleine weiterfahren.
 
 Klar, daß wir nicht nach Benghazi zurück wollen und schon gar nicht auf der schlechten 
	Teerstrasse! So suchen wir uns in angemessener Entfernung von Rebiana eine Stelle, von wo aus wir 
	bequem auf die neue Richtung von 274° einschwenken können, um in direkter Linie nach 450 km 
	durch das Sandmeer der Rebiana Sandsee den Vulkankrater Wau en Namus zu erreichen.
 
 
 
 
	
	 Am Fuße einer Walfischrücken-Düne schlagen wir unser
 Nachtlager auf. Morgen geht es Richtung 274°
 zum Wau en Namus!
 
	Die Fahrt während der ersten fünfzig Kilometer durch die wogende Dünenlandschaft 
	ist ein echtes Vergnügen! Nur hin und wieder stecken wir an unvermutet weichen Stellen fest, 
	kommen aber ohne grosse Grabaktionen frei. Da wir wie stets vorausfahren, passen wir besonders auf, 
	um nicht einzusanden. Unsere Begleiter haben es da einfacher: sie fahren unseren Spuren nach, 
	sind nicht gezwungen, auf Richtung und Geländebeschaffenheit zu achten. Das kann zu 
	Unachtsamkeit und sogar zu Übermut führen.
 
 
 Der Crash
 
 Bei 24° 45,37' N 20° 39,52' E passiert, was niemals hätte passieren dürfen: Sepp, ein ziemlicher 
	Sahara-Neuling, den Walkman-Kopfhörer am Ohr, hört unseren Funkruf nicht. Wir sind 
	gerade mit Glück am Fuße einer steil abbrechenden, ansonsten harmlosen Walfischrücken-Düne 
	gelandet und warnen Sepp und  Willi, die wie immer unseren Spuren genau folgen, vor der
	Gefahr. Und schon macht es einen gewaltigen 'BUMMS!!'. Wir ahnen nichts Gutes, drehen 
	um und fahren zurück. Da sehen wir schon die Bescherung: Sepps Toyota LandCruiser BJ40 steht da wie ein 
	Häufchen Elend. Der Dachgepäckträger ist nach vorne gerutscht, das rechte Rad zeigt 
	stark nach rechts, das linke Rad dafür stark nach links. Die vorderen Federn, ausgeleiert
	und ohnehin viel zu schwach für das gewaltige Gewicht: zusammengestaucht! Willi hörte die Warnung 
	und entkommt dieser Gefahr problemlos.
 
 
 
 
	
	 Diagnose:
 zwei gebrochene Spurstangengelenke,vordere Federn 
	 gestaucht
 
 
 
	
	 am rechten Bildrand zu sehen: die Spuren des Luftsprungs
 
	 Die Begutachtung des Schadens ist schnell geschehen. Eine Instandsetzung ist unmöglich, niemand hat die
	erforderlichen Ersatzteile, auch hat keiner	das notwendige Spezialwerkzeug an Bord. Das heißt, 
	das Auto  bleibt hier, wir fahren 1000 Kilometer bis zur Hauptstadt des Fezzans, Sebha, besorgen 
	dort die Ersatzteile und Werkzeug, fahren wieder zum Wrack zurück und versuchen die Reparatur.
	Bis dahin sind jede Menge Probleme zu lösen. Am meisten werden uns die Polizeiposten unterwegs 
	zu schaffen machen. Ungewiss ist auch, ob wir das Auto in der unermesslichen Weite der
	Sandsee überhaupt wiederfinden, trotz NAVSAT-Satellitennavigation. Wir errichten 
	also auf dem Gipfel eines Dünenberges eine weithin sichtbare Markierung aus Sandblechen.
	Mehr können wir im Moment nicht tun.
 
 Nach einer unruhigen Nacht geht es früh am nächsten Morgen los. Sepp hat die 
	wichtigsten Dinge aus seinem Auto in das von Willi umgepackt. Tagsüber wird er dort mitfahren, 
	schlafen kann er bei uns auf den Sitzen.
 
 Am vierten Tag nach dem Crash erreichen wir Sebha. Bis dahin hatten wir jede Menge 
	Dünen zu queren, den Wau en Namus zu finden und Probleme mit dem Militärposten westlich von
	Wau el Kebir, an dem wir versehentlich vorbeigefahren waren, ohne zu halten. Dafür haben 
	wir großes Glück in Sebha...
 
 Noch ehe wir uns auf die Suche nach neuen Spurstangengelenken begeben können, 
	verabschiedet sich Willi, steigt in seinen roten HJ61 und düst Richtung Ghat davon. 
	Für ihn ist die Reise gelaufen.
 
 
 Paschalis Paschalides
 
 Nachdem unsere Bemühungen bei den vielen kleinen Ersatzteilhändlern nicht zum 
	Erfolg führen, versuchen wir, einen anderen Weg zu gehen. Unser Salzburger Freund 
	Michael Pliberschnig gab uns früher schon mal den Tip, bei Problemen einen 
	Herrn Meier bei der großen Baufirma E.T.E.P. in Sebha zu kontaktieren. 
	
	Bei E.T.E.P. werden wir freundlich empfangen und 
	sehr entgegenkommend zu Paschalis Paschalides gebracht, einem griechischen Manager. Er 
	verspricht uns Hilfe! Zuerst sind wir eingeladen, in der Baukantine ein schmackhaftes 
	griechisches Mittagsessen zu konsumieren. Dann geht es gemeinsam zum Boss. Wir bekommen 
	ein Gästeappartement mit Dusche! Dann steht der Besuch des Workshops auf dem Programm.
	Hier lagern tausende von Teilen für die riesige Fahrzeugflotte der Baugesellschaft, die 
	natürlich auch über Toyota LandCruiser verfügt. Wenige Minuten sind vergangen und schon 
	liegen die Kostbarkeiten auf dem Tresen! Von Bezahlung will man nichts wissen! Wir sind sehr 
	glücklich, morgen kann es zurück gehen!
 
 Schon nach 120 Kilometern werden wir an der Strassensperre bei Traghen gestoppt. 
	Ein Polizist zeigt aufgeregt auf unser Nummernschild und vergleicht es mit einer 
	Kugelschreibernotiz auf seiner Handinnenfläche. Wir sind total überrascht!
	Dort steht tatsächlich unsere Nummer, nur in umgekehrter Reihenfolge! 
	Man hat uns also schon geschnappt, denken wir und folgen der Aufforderung des 
	Polizisten, ihm zu seinem Bürocontainer zu folgen. Das Funkgerät ist inzwischen 
	wieder heissgelaufen und wir hören ständig das Wort 'Kufra'. Man fragt 
	uns, wo die beiden anderen Wagen seien, darunter ein rotes. Wir wissen von nichts und 
	dürfen schließlich unseren Weg fortsetzen.
 
 In den letzten Palmen hinter Temessa, kurz vor der Querung der Ausläufer der
	Edeien von Murzuq kommen uns auf der tiefen, weichsandigen Piste eine nicht 
	endenwollende Kolonne schwerer Faun Sattelschlepper entgegen, die Panzer 
	und Lastwagen transportieren. Der Tschad-Krieg ist offensichtlich vorbei! 
	Die Mannschaften grüßen freundlich. Ihren Gesichtern ist die Erleichterung anzusehen.
	Uns kommt es so vor, als würden wir eine Parade siegreicher Heimkehrer abnehmen.
 
 
 Die Wende
 
 Der nächste Tag bringt die Wende. Der Armee-Posten, an strategisch optimaler Stelle 
	kurz vor Wau el Kebir, ist noch immer besetzt. Wir halten, Paßkontrolle. Es dauert 
	etwas, dann bekommen wir ein Papier mit der Aufforderung, dieses beim Polizeiposten 
	von Wau el Kebir abzugeben. Inzwischen sind noch einige andere Soldaten zum Auto gekommen 
	und wollen wissen, wo die anderen beiden Fahrzeuge sind. Man erinnert sich noch 
	auf den Tag genau, als wir vor 2 Wochen das erste Mal auf dem Weg nach Kufra 
	in Wau el Kebir durchkamen und Sepp dort tankte. Wir zeigen unsere Ersatzteile vor 
	und erklären, daß wir ein Auto hinter dem Wau en Namus reparieren müssten.
	Plötzlich hat es den Anschein, als würde es mit der Weiterfahrt wohl nichts werden.
	Wir müssen aussteigen und zuerst mal die Pässe abgeben. Dann heißt es warten,
	es wird wieder einmal gefunkt.
 
 Unser Gefühl hat nicht getrogen: Wir müssen zurück nach Temessa, die 
	Pässe werden von zwei Soldaten in einem Militärfahrzeug transportiert. 
	In Temessa treffen wir auf einen alten Bekannten: den lokalen Polizeichef, der uns vor einem Jahr 
	am Straßenrand aufgabelte und uns gute Tips für die Weiterfahrt nach Al Katrun gab. 
	Nach kaum einer Stunde geht es weiter, das heißt weiter zurück. Unser 
	Polizeichef fährt gemütlich mit seinem weißen HJ60 voraus nach Traghen, 
	neben ihm auf dem Sitz unsere Pässe.
 
 In Traghen wird ein englischsprechender Polizist geholt und unsere Passage notiert. 
	Ständig werden wir nach den beiden anderen Fahrzeugen befragt und ob wir aus 
	Kufra kämen. Dabei ist doch klar, daß wir aus Sebha kommen und nur ein 
	einziges Fahrzeug sind! Es ist bereits 19 Uhr. Es geht weiter. Die Pässe 
	bleiben in polizeilicher Verwahrung.
 
 Noch einmal 50 Kilometer, eigentlich ist schon Essenszeit und wir haben noch nichts 
	gehabt. Im Polizeihof von Murzuk könnten wir die Nacht über bleiben. Es ist uns dort 
	aber zu schmutzig, wir finden in einem Palmenhain einen akzeptablen Platz. 
	Morgen um 9 Uhr müssen wir bei der Polizei vorsprechen.
 
 Bevor wir am nächsten Morgen zum Polizeigebäude fahren, gibt es schon wieder eine 
	Überraschung: Leute pilgern zu uns und fragen, ob wir die Touristen wären, die man 
	gesucht und jetzt verhaftet habe. Wir verstehen die Welt nicht mehr, was wir verbrochen 
	haben könnten, daß man uns verhaftet. Eindeutig klar ist aber, daß 
	man uns die ganze Zeit über gesucht haben mußte...
 
 Die Polizei ist im grossen Gebäude der Stadtverwaltung untergebracht. Hier 
	treffen wir auf den englischsprachigen Polizisten von gestern und Mr. Massoud,
	den Moujdir von Murzuq. Man spricht nur kurz mit uns. Wir warten. Es passiert nichts.
	Drei Stunden später fahren wir zu Murzuqs Geheimdienstbüro, das in einem 
	Einfamilienhaus in einer Wohnsiedlung untergebracht ist. Man teilt uns mit, daß 
	wir nun nach Sebha zurück fahren. Ein junger Geheimdienstschnösel will zu 
	uns in den Wagen steigen, immerhin mit unseren Pässen. Wir schmeißen ihn raus, denn 
	4 Personen in einem für 2 Personen zugelassenen Fahrzeug, das geht wirklich nicht!
	So bleibt ihm also nichts anderes übrig, seinen alten Fiat zu nehmen, wobei er als 
	Amtsperson Anspruch auf einen Chauffeur hat.
 
 
 Eine erfreuliche Motorpanne
 
 Mit einem irren Zahn geht es auf der super Teerstraße Richtung Sebha. Bald 
	entschwindet der Fiat hinter dem Horizont, denn wir fahren nicht schneller als die 
	üblichen 80 km/h. Natürlich dauert es nicht lange und wir sehen den Fiat 
	geparkt am Straßenrand. Wütend werden wir aufgefordert, schneller zu fahren 
	und nicht zurückzubleiben. Ich kann dem Schnösel nur sagen, daß 
	wir nicht schneller könnten, er solle halt langsamer fahren, wenn er uns nicht 
	verlieren wolle. Und so geht es weiter. Wir langsam, sie schnell, aber nicht lange! 
	Da sehen wir sie auch schon wieder am Straßenrand stehen, diesmal allerdings, mit 
	geöffneter Motorhaube! Wir halten und schauen uns das Malheur an. Motorschaden, an 
	eine Weiterfahrt ist nicht zu denken! Der Chauffeur versucht vergebens, vorbeifahrende 
	Fahrzeuge anzuhalten. Nach einer halben Stunde wird es dem Schnösel zu dumm und er will 
	weiter, in unserem Auto. Zuerst einmal wird er tüchtig ausgelacht wegen der Raserei, 
	bis wir schließlich einwilligen, ihn ausnahmsweise mitzunehmen. Gerti wandert auf die 
	Liegefläche nach hinten, der Geheimdienstmann muß sich zwischen Sepp und mich 
	quetschen und er wird von beiden Seiten tüchtig gequetscht! Der Geheimdienstschnösel 
	weiß, daß er verloren hat in diesem Spiel, er wird sehr klein während wir 
	enormen Auftrieb gewinnen!
 
 
 Weihnachtsabend im Gefängnis
 
 Es geht schon gegen Abend zu, als wir in Sebha einfahren. Wir halten an einem großen 
	Eckhaus in der Av.Mohamed Maigarib, das sich von den anderen 5-stöckigen Wohnhäusern 
	daneben nur dadurch unterscheidet, daß alle Fensterläden geschlossen sind. 
	Das Haustor öffnet sich, wir blicken in ein schwarzes Loch. Als sich unsere Augen 
	an die Finsternis gewohnt haben, erkennen wir vor einem großen Gitterkäfig einige 
	schwerbewaffnete Soldaten Wache schieben. Mit denen ist wohl nicht gut Kirschen essen,
	geht es uns durch den Kopf. Durch einen düsteren Gang, vorbei an einem ebenso 
	düsteren Treppenhaus, das auch in einen finsteren Kellerbereich führt, 
	gelangen wir in den Empfangsraum. Gleich daneben wieder Zellen, aus rohem Beton, 
	mit einem kleinen vergitterten Fenster ganz oben, am Boden ein Abfluß für 
	undefinierte Flüssigkeiten. Wir dürfen auf alten, muffigen Sofas Platz nehmen, 
	in deren roten Polstern wir fast versinken.
 
 Da wir davon ausgehen müssen, daß dieser Raum verwanzt ist, nimmt unsere 
	Konversation einen entsprechenden Verlauf. Wir wissen also nicht, was das soll, warum 
	wir hier sind und was man von uns will. Und das stimmt ja auch. Bei der bevorstehenden 
	Vernehmung werden wir nur die Wahrheit sagen, was sonst?
 
 Endlich ist der Lehrer aufgetrieben, der bei der Vernehmung dolmetschen soll. Als erster 
	bin ich an der Reihe. Die Atmosphäre ist sachlich aber locker, nur einer der Vernehmer will sich 
	etwas hervortun. Nach einer Stunde ist Schluß, nun kommt Gerti an die Reihe. Das gleiche 
	noch einmal. Und ein drittes Mal, nun ist Sepp dran. Als er herauskommt, sieht es so aus, 
	als hätten wir bestanden. Ein Beamter will unsere 
	Autoschlüssel. Mitkommen darf ich aber nicht. Bin mal gespannt, was alles fehlen wird.
	Wir protestieren und verlangen, mit einem guten Bekannten, einen Oberst der Luftabwehr zu 
	telefonieren. Abgelehnt! Dann ein weiterer Protest: wir haben heute weder gegessen noch getrunken,
    Schande über die libysche Gastfreundschaft. Das sitzt! Es dauert nicht lange und schon 
	serviert man uns frisch zubereitete Hamburger mit Fanta aus einer nahegelegenen 
	Imbißbude. Dann wollen wir auf die Straße, um Luft zu schnappen. Die Soldaten 
	am Tor bedeuten uns nachdrücklich zu bleiben, wo wir sind, ein Vernehmer 
	gibt aber grünes Licht. So wandern wir mitten in der Nacht 
	über den menschenleeren Boulevard und begeben uns nach angemessener Zeit freiwillig wieder in die  Hand unserer
	Gastgeber. Inzwischen wurde ein eisernes Tor um die Ecke in der kleinen 
	Seitenstraße geöffnet, wir müssen das Auto in den kleinen Hof fahren und  
	dürfen - auf unseren Wunsch hin - im Auto übernachten! Es ist Weihnachtsabend.
 
 Niemand kann uns am nächsten Morgen sagen, warum wir festgehalten werden, es handele
	sich lediglich um eine 'reine Routineangelegenheit'. Immerhin erfahren wir, daß es heute 
	noch mal eine Vernehmung, durch den obersten Boss geben soll. Der wird entscheiden, was mit uns geschieht. 
	Um 10.30 Uhr ist es soweit. Ich werde zum Verhör geholt. An Hand unserer Karten muß 
	ich die ganze Geschichte noch einmal wiederholen. Ergebnis: wir sind frei und 
	dürfen gehen, wohin wir wollen. Natürlich wollen wir zurück zum kaputten 
	Auto, um es zu reparieren. Die erbetene schriftliche Fahrgenehmigung kann uns der Geheimdienst 
	aber nicht erteilen. Ein Geheimdienstmann wird abkommandiert, uns zur Stadtverwaltung von 
	Sebha zu begleiten. Aber auch dort kann man uns die erbetene Genehmigung nicht geben,
	da man für das Gebiet Wau el Kebir nicht zuständig sei. Wir sollen uns doch an Colonel 
	Abd Salam Kati in Murzuq wenden. Und schon wieder werden wir gefragt, wo wir in den letzten 
	2 Wochen gewesen seien, diesmal geht es um Ubari und die Gabr-on-Seen. Mit gutem Gewissen können 
	wir diesmal sagen, daß wir dort nicht gewesen sind!
 
 
 Zum 3. Mal in Murzuq
 
 Wir verabschieden uns also von dem freundlichen Lehrer, der dolmetschte und sind bereits
	2 Stunden später in Murzuq. Die Baladiya ist leider geschlossen, Colonel Abd Salam Kati 
	auf seinen Feldern. Morgen ist auch noch ein Tag. Um 16 Uhr haben wir einen 
	idyllischen Lagerplatz in den Palmengärten Murzuqs gefunden und genießen unsere
	Freiheit.
 
 Der Besuch der Baladiya am nächsten Morgen öffnet uns die Augen. Von  
	der Amtsleiterin werden wir aufgefordert, umgehend nach Kufra zu fahren und 
	uns dort bei der Polizei zu melden. Vor zwei Tagen seien Beamte aus Kufra in Murzuq 
	gewesen, die nach uns gesucht hätten. Das kann ja heiter werden! Zunächst 
	denken wir nicht daran, dieser Aufforderung zu folgen. Doch dann verstehen wir, was 
	gespielt wird!
 
 Es stellt sich nämlich heraus, daß Sepps kaputtes Auto gefunden, offensichtlich 
	repariert und nach Kufra gebracht wurde! So etwas hatten wir nach den vielen 
	Andeutungen, die man überall machte, eigentlich schon vermutet. Nur wollten wir 
	insgeheim nicht wahrnehmen, daß man uns nachgefahren war und wir im ganzen Land gesucht wurden.
 
 Wir erhalten also ein Schreiben mit der Aufforderung, auf der Teerstraße über 
	Ajdabiya nach Kufra zu fahren. Das sind knapp 2000 km und jede 
	Menge Polizeiposten! Leider läßt man Sepp nicht alleine nach Kufra fliegen, wir 
	müssen alle gemeinsam dort erscheinen, auch die Mannschaft des dritten 
	Fahrzeugs, die sich vermutlich schon in Algerien befinden dürfte.
 
 Wir beschließen, nach Tripoli zu fahren und das deutsche Konsulat aufzusuchen.
	Dort wollen wir uns einvernehmlich trennen. Sepp wird sich auf den langen Weg nach Kufra machen, 
	wir werden schnellstens Libyen verlassen, bevor jemand noch auf die Idee kommt, uns erneut 
	zu verhaften.
 
 
 Flucht aus Libyen
 
 So geschieht es auch. Nach der achten Nacht, die Sepp auf unseren Vordersitzen verbracht hat,
	erreichen wir ohne Zwischenfall Tripoli. Die deutsche Botschaft ist geschlossen. 
	Sepp packt seine wenigen Sachen, der Abschied fällt schwer, wir wünschen 
	ihm alles Gute. Er entschwindet mit einem Taxi 	Richtung Hotel Atlantik. Wir machen uns auf, 
	noch heute Tunesien zu erreichen.
 
 Von Tripoli zur Grenze haben wir keine Polizeiposten mehr zu erwarten. Die einzige 
	Gefahr sind die hier wie irre rasenden libyschen Autofahrer. Um vier Uhr nachmittags sehen wir
	die Schlange wartender Autos am libyschen Grenzposten. Alle Fahrzeuge werden durchgewunken, 
	für uns gibt es eine Sonderbehandlung. Raus aus dem Wagen, Passports!
 
 Ein selten dummer Zollgehilfe stürzt sich auf uns. Mit den Pässen kann er nichts 
	anfangen, Gertis Handtasche mit allen Dokumenten und Geld findet sein Interesse. Dies ist 
	das erste Mal auf unzähligen Reisen, daß die Handtasche untersucht wird. 
	Und natürlich wird der Kerl fündig! Zwei große 'Goldstücke' kramt er 
	aus den Tiefen der Tasche hervor. Jetzt ist ihm klar, daß ihm ein großer Fang 
	geglückt ist. Er hat Goldschmuggler erwischt, und auf Goldschmuggel stehen die 
	härtesten Strafen. Er gibt nicht auf, in der Hoffnung, auf weitere Kontrabande 
	zu stoßen. Und wirklich, jetzt hat er auch noch unsere zweiten Pässe entdeckt!
	Er freut sich wie ein Kind und gibt uns deutlich zu verstehen, was gleich folgen wird: 
	die Verhaftung! Das ist wirklich nicht das, was wir uns vorgestellt haben, 100 Meter von der 
	tunesischen Grenze entfernt!
 
 Durch die Rangelei mit dem Typ (wir versuchen, ihm die Handtasche mit den Pässen 
	und den beiden Maria-Theresien-Talern zu entwinden) wird der Aufseher im Abfertigungsbereich 
	auf uns aufmerksam. Ganz im Gegensatz zu seinem stockdummen, aber doch sehr erfolgreichen 
	Gehilfen, haben wir es bei ihm mit einem gebildeten, freundlichen Menschen zu tun, 
	mit dem wir uns sogar auf Französisch unterhalten können. Die Sache 
	mit den Silbertalern ist bald aufgeklärt und was die Zweitpässe betrifft, 
	so erhalten wir von ihm den ernstgemeinten Ratschlag, beim Grenzübertritt 
	nach Tunesien diese nur ja gut zu verstecken, sonst drohe Knast! Aber das wissen wir schon.
	Wir sind sehr, sehr froh, daß wir nun fahren dürfen. Im Rückspiegel 
	erkennen wir noch unseren Peiniger, der sich, total frustriert über seinen Mißerfolg,
	eine Zigarette anzündet. Eine halbe Stunde später haben wir alles hinter uns: wir sind 
	in Tunesien!
 
 
 
 Epilog
 
 Wie wir von Sepp später erfuhren, hat er sein Auto tatsächlich in Kufra wiederbekommen.
	Nichts war verschwunden, es war repariert und fahrbereit. Bis es soweit war, daß 
	er wieder drin sitzen und nach Tunesien fahren konnte, hatte er noch zwei weitere  Verhaftungen 
	mit anschließendem Gefängnisaufenthalt zu überstehen. Die Polizeiposten 
	auf dem Weg nach Kufra hatten die Fahndungsplakate nach uns und den drei Wagen 
	noch nicht abgenommen. Zur Fahndung war es vermutlich deshalb gekommen, weil wir 
	nicht, wie die eine der Behörden in Kufra forderte, am Posten Bir el Harash an 
	der Teerstraße nach Benghazi auftauchten...
 
 
 
 |