Um ehrlich zu sein: zum ersten Mal wurden wir aufmerksam auf das mysteriöse
Silica Glas, als wir nach unserer Rückkehr von der Gilf Kebir-Reise im Januar
1984 die Reiseprospekte von Samir Lama, dem wohl im Bereich der
Ägyptischen Wüste erfahrensten Reiseveranstalter,
näher anschauten. Da fanden wir ziemlich versteckt den ersten Hinweis auf ein
Vorkommen von 'Silica Glas', über dessen Entstehung noch völlige
Ungewißheit herrscht. Kein Hinweis aber auf den genauen Fundort, nur, daß
er im 'Sandmeer' liegen mußte. Das machte uns neugierig. Es sollten zwölf
Jahre vergehen, bis wir das erste, selbst gefundene Libyan Desert Silica Glass (LDSG) in
Händen halten konnten.
Ein ausführlicher Artikel zum Thema LDSG findet sich
hier.
Freunden der 'Westlichen Wüste' sicher ein Begriff ist
Carlo Bergmann
, dem in gewagten Einmann-Kamelexpeditionen aufsehenerregende Entdeckungen in der
ägyptischen Sahara gelungen sind. Seine WebSeite sei wämstens empfohlen!
Viele lesenswerte Informationen betreffend Felsbildforschung in dem hier bereisten Teil der Sahara präsentiert
Andras Zboray
auf seiner Webseite.
All jenen, die sich nicht nur für Felsbilder sondern vor allem für die Geologie der bereisten Wüstengebiete
interessieren, sei die Webseite von
Norbert Brügge
besonders empfohlen. Schwerpunkt seiner fundierten Darstellungen sind der libysche und ägyptische
Sahararaum u.a. mit dem Gilf Kebir und dem Jebel Uwainat.
Im März 1996 machen wir uns auf den Weg, begleitet von Wolfgang, mit dem wir
auch die erste Gilf-Tour 1983/84 unternahmen. Sein besonderes Interesse gilt der
Ägyptischen Wüste und da speziell der sagenhaften 'Messingstadt', die,
seiner Meinung nach, hier irgendwo zu finden sein muß. Wir sind da weitaus
skeptischer und wären schon froh, eine machbare Passage durch die
südliche Libysche Sandsee im Bereich des Gilf Kebir zu finden. Beide sollten
wir letztlich scheitern...Daß in der uns bevorstehende Reise eine Vielzahl
unglaublicher Merkwürdigkeiten auf uns warten würde, konnten wir
nicht ahnen.
Nächtlicher Besuch
Begonnen hatte es damit, daß wir, der haarsträubend falschen Routenbeschreibung
in Gerhard Göttlers Libyen-'Führer' folgend, bei der Fahrt von Zella nach
Tazerbo etwas zu weit in die Basaltwüste der Harudj hineingerieten
(normalerweise düst man eine schnelle Piste entlang!). Wir merkten unseren
Fehler recht bald, und die Ölförderanlagen von Sabah in Sicht, machten
wir Halt und richteten unser Lager ein. Weit und breit keine Spuren, denn jedermann
ist hier normalerweise auf der Piste unterwegs. Groß war unser Erstaunen, als
Wolfgang uns am nächsten Morgen von einem Auto berichtete, das uns mitten in der
Nacht umkreist und dabei sogar gehupt habe, aber, ohne stehen zu bleiben, weiterfuhr.
Wir hatten tief geschlafen und nichts gehört. Zweifelsfrei waren die Spuren
dieses Fahrzeugs deutlich zu erkennen. Ganz offensichtlich folgte es uns zumindest auf dem
letzten Kilometer. Dieses Ereignis gab uns doch sehr zu denken.
Als wir von Tazerbo kommend kurz vor der Einmündung auf die Teerstraße
nach Kufra Mittagspause machen, gleich das nächste Vorkommnis. Mit einem Mal,
völlig unbemerkt, stehen zwei zivile Toyota Pick-ups neben uns, wilde Gestalten
wollen die Reisepässe sehen. Die Daten werden sofort per Funk weitergegeben.
Es ist alles ok, dennoch bleibt man mißtrauisch. Es hat den Anschein als
verwechselte man uns mit anderen Leuten, die aus Bzema kommen sollen. Wir atmen auf, als diese
unangenehmen Kalaschnikow-Männer endlich davonfahren.
Über eine grauenhafte Schlagloch-Straße geht es nach Kufra, wo wir
volltanken, um gleich wieder nach Norden zu verschwinden. Wir hatten schon zuvor
nach einer geeigneten Stelle Ausschau gehalten, an der wir ungesehen nach Osten
Richtung Silica Glas Feld abbiegen konnten. Die Stelle ist schnell wieder
gefunden. Die Abfahrt von der Teerstraße führt aber durch tiefen,
regenfeuchten Sand. Das ist nicht schön, denn unsere Spuren werden noch lange
sichtbar sein, ein gefundenes Fressen für Pick-up-Streifen.
Aufregung am Garet Saad
Gleich hinter einem Hügel nahe der Teerstraße verbingen wir die Nacht,
um der Dinge zu harren, die da kämen. Es kommt aber nichts. So geht es also
mit aller Kraft nach Osten, in Richtung auf die ägyptische Grenze zu. Bald
treffen wir auf eine stark ausgefahrene Piste, die in unsere Richtung führt.
Das passt uns natürlich überhaupt nicht, müssen wir doch mit
unliebsamen Begegnungen rechnen. Also fahren wir in großem Abstand zur Piste
durch steiniges Gelände. Nach einer Hetzjagd über Stock und Stein
gönnen wir uns zu Mittag einen kurzen Imbiss. Immer auf der Lauer nach
etwaigen Verfolgern, die unserer Spur nachfahren (hatten wir ja vor ein paar Tagen
schon erlebt!) fällt mir plötzlich auf, daß sich auf der Piste aus
der Richtung, aus der wir kamen, ein mächtiger Militär-LKW in einer riesigen
Staubwolke nähert. Verwunderlich nur, daß er trotz der offensichtlich
hohen Geschwindigkeit, die die Staubwolke suggeriert, nicht größer
wird. Der Sache muß auf den Grund gegangen werden. Also hole ich mein Fernglas
und kann schließlich kleinlaut vermelden, daß es sich bei dem vermeintlichen
LKW um einen Felsblock handeln müsse, dessen Konturen durch die von der
Mittagshitze erwärmte Luft bewegt werden. Uns fällt ein Stein vom Herzen.
Vom Garet Saad ist es nicht mehr weit bis zur Grenze. Deren Verlauf ist sehr leicht
zu erkennen: Exakt dem 25. Längengrad entlang gibt es ein autobahnähnliches,
tief ausgefahrenes Spurenbündel, das auf häufige Befahrung mit schweren
LKW schließen läßt. Ganz offensichtlich markieren die Libyer damit
ihre Grenze. Auf ägyptischer Seite hingegen, nur wenige alte Spuren.
Suchscheinwerfer in Aktion
Vor uns das Wadi Gubba. Wir trauen der Piste nicht, die hier nach Osten führt.
Es gibt kaum neue Spuren, möglicherweise ein Zeichen für Minen. Also
fahren wir wieder einmal quer durchs Gelände und nehmen die unzähligen
Steinbrocken auf diesem Plateau gerne in Kauf. 40 Kilometer östlich der
libyschen Grenze finden wir in einem kleinen Wadi einen geschützten Nachtplatz.
Hoffentlich entdeckt uns da niemand!
Diese Nacht schlafe ich unruhig, um 4 Uhr morgens wache ich auf und schaue aus dem
Fenster. Und was da zu sehen ist, beunruhigt mich auf das ärgste!
Starke Suchscheinwerfer leuchten das Plateau ab, über das wir hierher gekommen
sind. Immer wieder blitzt es auf. Es muß eine ganze Kompanie Lastwagen auf
der Suche nach uns sein. Ich alarmiere Gerti, meine Frau und Wolfgang im Isuzu.
Der hat den Lichtschein ebenfalls schon gesehen, ist aber gar nicht beunruhigt:
Wetterleuchten! Und tatsächlich, eine Stunde später beginnt stürmischer
Regen, nicht das einzige Mal auf dieser Tour.
Wüstenglas
Laut Karte müssen wir bald das Silica Glass Feld erreicht haben. Und tatsächlich, als wir am Ende eines Dünenzuges aussteigen und uns die Beine vertreten und die Karte studieren, findet Wolfgang direkt neben seinem Wagen den ersten Brocken grünliches, durchscheinendes Silica Glas. Wir schauen uns den Ort genauer an
und nach einer halben Stunde haben wir eine große Auswahl schönster
Stücke sehr sorgfältig in unseren Autos verstaut. Das erste Ziel unserer
Tour ist erreicht.
Querung der Sandsee: Fehlanzeige!
Nun soll es hinüber auf die andere, östliche Seite der Sandsee gehen, wo
wir Wolfgangs Unimog 404 aufsuchen und nach dem Rechten sehen wollen. Seit 6 Jahren
steht er da schon mit Getriebeschaden. Dazu wollen wir 160 Kilometer nach Süden
fahren, um dann an einer geeigneten Stelle die Sandsee zu queren. Die Fahrt bis dahin
verläuft in dem schmalen Streifen zwischen dem Plateaurand des nord-westlichen
Teils des Gilfs und den Dünenzügen der Libyschen Sandsee, meist auf schnell
zu befahrenden Sandflächen. An manchen Stellen reichen Weichsandfelder bis ans
Plateau heran, sodaß man bis auf halbe Plateauhöhe ausweichen muß,
um nicht einzusanden. Das ist aber nicht ungefährlich, da die Hänge sehr
weich und stark geneigt sind, so daß die Gefahr besteht, daß das
schwerbeladene Auto hinten wegrutscht oder gar umkippt.
Dünen-Barriere auf dem Weg nach Süden
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Jenseits der Sandsee der westliche Rand des östlichen
Gilf-Plateaus
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Wir folgen den vielen Spuren, die von der Sandsee weg nach Süd-Westen ins
Gebirge hinein führen, um einige schwer passierbare Dünen zu umgehen. Bevor wir
richtig wissen, wo wir sind, hat uns die stark ausgefahrene Piste auf die oberste
Ebene des Gilf-Plateaus geführt. 1028 m Seehöhe zeigt der GPS. Die Piste
verliert sich im Nichts. Offensichtlich geht es hier nicht weiter, lediglich eine
halsbrecherische Abfahrt durch eine 300 m lange, steile Sandrinne bietet sich an.
Sie ist aber durch eine ausgelegte Steinmarkierung vorsorglich gesperrt. Es ist auch
zu vermuten, daß eine Traversierung des ca. 7 km breiten Dünengürtels
am Fuße des Plateaus, auf dem wir uns befinden, nicht so leicht zu bewältigen ist.
Wir müssen also umkehren, wieder zu den Dünenzügen zurück.
Auf ein Neues beginnen wir mit der Suche nach einer Passage, die es uns gestatten
würde, die libysche Sandsee im Süden zu umgehen. Eine solche Passage
finden wir aber nicht. Die Dünen der Sandsee reichen stellenweise
bis an den oberen Plateaurand des Gilfs heran und zerfallen dort in chaotische
Strukturen, die wir mit unseren schweren Fahrzeugen nicht ohne akute Kippgefahr
queren könnten. Es bleibt also nur eines: wir müssen nach Norden
zurück, um unser Glück bei jener Dünenpassage zu probieren, die auf der
Karte mit 'difficult crossing' bezeichnet ist.
An dieser Stelle ist der gegenüberliegende Plateaurand des östlichen Gilfs
schon zum Greifen nahe. Doch es will uns nicht gelingen, die dazwischenliegende
Dünenstrecke von vielleicht nur 7 Kilometern zu bezwingen. Obwohl wir alles
vorher abgehen, geraten wir in derart schwere Einsandungen, daß wir total am
Ende unserer Kräfte sind, als wir nach vielen Stunden verzweifelten Schaufelns
endlich den Toyota befreit haben. Wir müssen uns geschlagen geben. Hier gibt
es keine Passage für uns. Es ist nun klar: um den Unimog zu erreichen,
müssen wir den gesamten Gilf südlich umfahren!
Ganz offensichtlich ist dies doch nicht die richtige Stelle für uns
zur Querung der libyschen Sandsee!
Wadi Sura
Wenige Tage später sind wir im Wadi Sura. Wir schwärmen aus. Wolfgang
hat die berühmte Höhle (Abri) mit den 'Schwimmern in der Wüste'
schnell gefunden. Wir erkennen die uns aus der Literatur vertrauten Malereien.
Daneben jede Menge Inschriften von Besuchern, die meisten in arabischer Schrift.
Der Zustand der Felsmalereien ist besorgniserregend. Die obersten Felsschichten
scheinen abzublättern und zu zerbröseln und damit die Malereien. Unweit
der Höhle ein tiefer, langer Graben, durch den wohl in besseren Zeiten Wasser
geflossenen sein muß. Durchaus denkbar, daß sich Kinder hier
schwimmend ausgetobt haben!
Almasys 'Höhle der Schwimmer'
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'Schwimmer in der Wüste'
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Car Pass
Wir fahren weit in die dem Gilf südlich vorgelagert Ebene hinaus. Hunderte Spuren
sind zu queren, viele davon offensichtlich neuesten Datums, der Großteil
jedoch noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammend. LKW-Wracks aus jener Zeit zeugen
von ehedem regem Verkehr. In großem Bogen geht es zum Punkt 'El Aqaba', dem
Beginn des autobahnähnlichen Aufstiegs zu Claytons 'Car Pass'. Über feste,
rotfarbene Sandflächen erklimmen wir mühelos eine Höhe von 960 Metern.
Dort bietet sich ein wunderbarer Blick nach Süden hinüber zu einem
staubigen Horizont hinter dem sich der Jebel Uwainat unsichtbar verbirgt.
Zwölf Jahre zuvor benutzten wir eine schwierige Passage 15 km nordwestlich,
um in die Ebene hinunter zu gelangen.
WWII-Autowrack vor südlichem Rand des Gilf-Plateaus
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Eine von mehreren Auffahrtsmöglichkeiten zum Gilf-Plateau von Süden her
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Da wir nun schon mal in der Gegend sind, wollen wir auf der östlichen Seite der
Sandsee die Querungsmöglichkeiten nach Westen auskundschaften. Es gibt
tatsächlich jede Menge alter Spuren, die dem in der Karte eingezeichneten
Pistenverlauf folgen. Die Querung zahlreicher, sicherlich sehr weicher
Dünenzüge dürfte jedoch alles andere als leicht sein. Von hier aus
ist jene steile Sandrinne, vor der wir eine Woche zuvor standen und wo wir uns zur
Umkehr entschlossen, deutlich zu erkennen und auch die Dünen, die zwischen uns
liegen. Nur 9.5 Kilometer sind es laut GPS bis dahin. Um die andere Seite zu
erreichen, haben wir 966 km Umweg auf uns nehmen müssen!
Schwierige Auffahrt über schmale Sandrinne gleich links neben dem Kegel
(Bildmitte im Hintergrund) Dazwischen das Südende der libyschen Sandsee
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Vom Nordrand des Gilf-Kebir-Plateaus Blick nach Norden in die unendliche Weite der libyschen Sandsee
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Wo ist die SAVIEM-Balise 21?
Es geht nun in nordöstlicher Richtung um das Gilf Plateau herum. Viele alte
Spuren, alle verweht. Die Saviem-Balise 21 können wir nicht mehr finden. Die
Abfahrt vom Plateau hinunter führt wieder durch sehr weichen Boden, der uns
vor 12 Jahren bei der Auffahrt schon einige Probleme bereitete. In ernste
Schwierigkeiten geraten wir völlig unverhofft, als unser Toyota bei einer
unvermeidbaren Schrägfahrt über eine stabil erscheinende Sandfläche
urplötzlich hinten wegrutscht und umzukippen droht.
Spät am Nachmittag erreichen wir Wolfgangs alten Unimog. Seit sechs Jahren
steht er nun schon hier, unberührt. Dumm nur, daß Wolfgang den
Autoschlüssel zu Hause vergessen hat! Mit Gewalt verschafft er sich Zutritt
und siehe da, Wasser, Benzin und Ausrüstung: alles vorhanden! Die Sonne hat
den Reifen zwar zugesetzt, Luft ist aber noch genügend drin. Wäre das
Getriebe nicht defekt, wir könnten starten.
Die Messingstadt
Nun machen wir uns auf die Suche nach der 'Messingstadt'. Ein berühmter 'Mann
im Berg' soll uns den Weg dorthin weisen. Dabei handelt es sich um eine markante
Felsformation, die den Eindruck eines Mannes erweckt, der mit einer
Körperhälfte im Felsen verschwindet. Wir sind schon am Abu Ballas Scarp
und haben noch immer nichts gesichtet. Dafür sind hier die Spuren von Kemal
el Dins Raupenschleppern besonders gut erhalten.
Seit über 75 Jahren sichtbar: die markanten Spuren
von Kemal el Dins Raupenschlepper
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Gilf Kebir Ostrand Nähe Mündung Wadi Wassa
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Über Funk meldet sich Wolfgang. Er hätte scheppernde Geräusche. So
etwas hatten wir von weitem auch schon vernommen. Gottseidank ist es nichts Ernstes:
die Reifenflanke wurde von einem Felsen aufgeschlitzt. Nach dem Abendessen ist
Reifenreparatur angesagt. Diese artet in ein Trauerspiel aus. Es gelingt uns nicht,
den schlauchlosen Reifen wieder zu montieren. Damit gibt es für den Isuzu
keinen Reservereifen mehr! Grund genug, die Reise sofort abzubrechen und auf
schnellstem Wege nach Kufra zurückzukehren.
Um solch existentiellen Problemen (vor allem bei Fahrten ohne Begleitfahrzeug) aus dem Weg zu gehen,
fahre ich seit 25 Jahren nur Schlauchreifen auf Sprengringfelge!
Am Kemal-el-Din-Monument
Also geht es zurück zur Südspitze des Gilfs. Wir kommen am Wadi Bakht
und Wadi Wassa vorbei und machen Halt an den kegelförmigen Bergspitzen der
'Eight Bells'. Die ehedem mit Kanistern ausgelegte Ortsbezeichnung können wir
nicht mehr finden, obwohl wir alles um das ehemalige Flugfeld absuchen. Es ist nicht
mehr weit zum Kemal-el-Din-Monument. Wir haben dessen Position aus der Karte
herausgemessen und nach einer Fahrt durch bergiges Gelände stehen wir
ehrfürchtig davor. Es wurde 1934 vom Ägyptischen Automobilklub im Beisein
von Almasy errichtet. Wolfgang gräbt die im Sand verborgene Blechkassette aus,
in der sich ein Brief Almasys, ein Wimpel des Automobilklubs und ein weiterer Wimpel
der Stadt Wien befindet. Wir legen unsere Visitenkarten dazu und vergraben die
Kassette wieder.
Wie wir 1998 erfuhren, wurde diese Kassette inzwischen von
Mitarbeitern des Heinrich-Barth-Institutes Köln 'in Sicherheit' gebracht).
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Kemal-el-Din-Monument
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Wir halten einen Brief Almasys in Händen!
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US-Manövergelände
Wir befinden uns am südlichsten Punkt des Gilf Kebirs. Es soll nun auf den
uns bekannten Wegen schnellstmöglichst nach Kufra zurückgehen. Den in der
vorgelagerten Ebene existierenden kilometerbreiten, autobahnähnlichen
LKW-Spuren, die auf starke Militärpräsenz hindeuten, folgen wir
natürlich nicht, sondern halten uns soweit wie möglich südlich davon
und schleichen uns am Rande der Dünen nach Nord-Westen. Wie wir später
entdecken, muß in diesem Gebiet im Mai 1995 ein umfangreiches Manöver,
gemeinsam mit US-Truppen, stattgefunden haben! Von Ferne können wir die beiden
'Car-Pässe' sehr schön erkennen. Am Jebel Rukn, in wunderbarer Landschaft
mit phantastischem Blick auf das Gilf-Plateau, wollen wir über Nacht bleiben.
Im Minenfeld
Die Routenplanung für den morgigen Tag, der uns nach Kufra bringen soll, sieht
vor, weiter in nord-westlicher Richtung zu fahren, bis wir auf die alte Piste
Kufra-Bir Abu Minqar (Ägypten) stoßen würden, um dann auf dieser
von Nord-Osten her kommend nach Kufra hineinzufahren. Auf diese Weise würden
wir nicht auf die vermutetenden Militäranlagen Kufras stoßen. Genau dies
passiert dann aber! Völlig unerwartet stehen wir plötzlich vor einem
kleinen Tal, in dem eine große Zahl Militäranlagen versteckt sind. Genau
das wollten wir vermeiden! Sofort geht es einen Kilometer zurück zur alten Piste
nach Abu Minqar, die wir schon passiert hatten. Doch da müssen wir zu unserem
Entsetzen feststellen, daß wir uns mitten in einem Minenfeld befinden!
Die Objekte sind deutlich zu erkennen, daß andere im Sand vergraben sind,
ist nicht anzunehmen. Es gelingt uns, vorsichtig dieser Falle zu entkommen.
Jetzt wird uns auch klar, weshalb während der letzten Stunden so gut wie keine
Spuren mehr zu sehen waren, auch jene der Schmuggel-LKW nicht, die uns die letzten
Tage ständig begleiteten: wir müssen uns wohl in einem militärischen
Sperrgebiet befinden! Also schnellstens weg hier! Erst an der Teerstraße
Kufra-Benghazi ist dieses Abenteuer bestanden und wir können wieder aufatmen.
Diebe und Menschenschmuggler
Über Tazerbo wollen wir den Wau en Namus erreichen. Wie immer melden wir uns
vorher bei der Polizei. Wir werden in ein großes Buch eingetragen und man
fragt uns sehr freundlich, ob wir alles hätten und ob wir die Strecke kennen
würden. Kein Problem! Wir sollen doch bitte, so der Polizeichef, nach Spuren
eines Fahrzeugs Ausschau halten, das seit 50 Tagen vermißt wird. Ein
Tubu-Wüstenfuchs-Polizist meint aber verschmitzt, vielleicht sei dieses
Fahrzeug gar nicht vermisst, sondern in den Sudan (!) gefahren. Dann wäre
allerdings die ganze Suche und der Einsatz des Flugzeuges, vergebens gewesen. Es
gäbe hier viele 'Malfaiteurs' und 'Voleurs', die illegal über die Grenze
in den Tschad fahren würden. Wir sollten Acht geben, nicht auf die nach
Süden führenden Spuren zu geraten....
Durch dichte, später mehr und mehr ausdünnende Kupsten verlassen wir
Tazerbo Richtung 290°. Nach einer sandigen Ebene streifen wir die
nördlichen Ausläufer der Rebiana Sandsee. Am Abend stoßen wir auf
den Rastplatz einer Menschen-Schmuggler-Kolonne, gut verborgen zwischen Dünen.
Verstreuter Müll, Fußspuren, Exkremente und Essensreste verraten die
Anwesenheit einer Unzahl von Menschen. Die Spuren dreier LKW kommen aus dem
Süden, also aus Schwarz-Afrika! Für uns ganz interessant, denn nun wissen
wir, daß es von hier aus eine leichte Passage durch die Rebiana Sandsee
nach Süden, also in den Tschad, geben muß. Auch der Sudan
läßt sich von hier aus erreichen!
Wir folgen einer mit Fässern markierten Piste. Im Verlauf der
Querung zweier mächtiger Längsdünen verschwinden die Spuren und an
wichtigen Richtungsänderungen auf der Düne leider auch die Fässer.
Wir wissen das schon von früher und so haben wir am Abend nach nur einer
Einsandung dieses Hindernis gemeistert.
Tanklastzüge am Wau en Namus
Am Nachmittag des nächsten Tages haben wir zum vierten Mal das beeindruckende
Kraterrund des Wau en Namus erreicht. Unangenehm: es gibt jede Menge Autospuren im
Krater, jede Menge Müll von Touristen und tausende kleine Fliegen, die nach
Sonnenuntergang abgelöst werden durch Myriaden gelblich-grüner Stechmücken.
Sie machen dem 'Fliegen-Krater' alle Ehre. Es bleibt uns nichts anderes übrig,
als 5 km nach Süden zu flüchten, wo wir einigermaßen unbehelligt
bleiben.
Ein merkwürdiges Erlebnis haben wir an diesem Morgen. Ziemlich weit im
Süden des Wau fallen mir zwei weiße kleine Punkte auf, die ich gestern
vom Kraterrand, mit dem Fernglas die Umgebung musternd, noch nicht gesehen hatte.
Und diese Punkte bewegen sich, sie kommen sogar näher. Und da erkenne ich,
daß es sich um zwei riesige Tanklastzüge handelt! Sie bleiben stehen,
fahren Kurven, erklimmen schließlich den Kraterrand bei den alten
Tubu-Hütten, machen Halt. Vermutlich sind sie auf der Heimfahrt von einer
Versorgungstour nach Aozou oder zu dem libyschen Militärflughafen in der
südlichen Serir Tibesti. Und wir Touristen meinen, hier auf Expedition zu sein!
Kampf um einen Sack Datteln
Und noch ein merkwürdiges Erlebnis, das letzte, zum Schluß:
Wau el Kebir liegt schon hinter uns; bevor wir Temessa erreichen, wollen wir noch
ein Nachtlager einschieben. Ein schöner Platz ist schnell gefunden, das
Abendessen zubereitet, der Sonnenuntergang genossen und bald geht es ab ins Bett.
Mitten in der Nacht Geräusche, es macht sich jemand am Auto zu schaffen! Ich
peile vorsichtig die Lage, als ich bemerke, wie ein Tier versucht, durch das offene
Fahrerfenster ins Innere des Autos zu springen, aber immer vom Rückspiegel
gebremst wird. Bei diesem Biest handelt es sich offensichtlich um einen Schakal.
Ich kurbele als erstes gleich mal das Fenster hoch und schaue mir das alles genauer
an. Durch die Bewegungen im Fahrzeuginneren ist der Schakal irritiert und zieht sich
etwas zurück. Da bemerke ich, daß sich dieses Luder unseren großen
Stoffbeutel, in dem sicher noch 2 Kilo feinster tunesischer Datteln waren, von
der Motorhaube geschnappt und in etwa 10 Meter vermeintlich sicherer Entfernung
deponiert hat. Natürlich holen wir uns zurück, was uns gehört.
Das sieht das Tier gar nicht gern, weiß aber nicht, ob es jetzt fliehen
oder angreifen soll. Ich bin schon wieder im sicheren Auto, als der Schakal nun
auf die Motorhaube springt und versucht, von da aus ins Wageninnere zu gelangen.
Gottseidank wird er durch die Windschutzscheibe daran gehindert!
Kräftiges Hupen und einige Steinwürfe vertreiben dann den Räuber,
von dem wir nicht wissen, ob er nicht vielleicht die Tollwut hatte...
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