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Wir haben dazugelernt! Nach den ernüchternden Erfahrungen vor zwei Jahren 
mit völlig inkorrekten Wegbeschreibungen in Göttlers 'Libyen'-Führer, 
können wir uns diesmal auf unsere eigenen Erfahrungen verlassen. Nachdem wir 
in Zella vollgetankt haben, geht es auf einer gut präparierten Prospektorenpiste
zunächst zum Ölfeld 'Sabah' und von dort bequem weiter bis zum Jebel 
Barrut.
 Es ist dies jener Berg, der in der Michelin-Karte 953 als 'interesting black mountain' 
bezeichnet ist. Nikolaus Benjamin Richter erwähnt ihn schon in seinem Buch 
'Unvergessliche Sahara' als 'markanten Basaltpfropfen, der sich unvermittelt aus 
der Sand-und Kiesebene aufreckt'. Für uns ist hier das Tor zur Sahara.
 
 Eine schnelle Piste führt weiter Richtung Süd-Ost. Auf markierter Trasse 
sind mehrere Dünenzüge zu umgehen, bis schließlich Tazerbos
Richtfunkturm in der Ferne aus weißen Sandfeldern auftaucht.
 
 
 
 
  Auf dem Wege von Zella nach Tazerbo werden vier
 Dünenzüge
im Zickzack über weiche Sandfelder
 umgangen
 
 
 Früh am Morgen melden wir uns bei der Polizei. Passdaten und Fahrtroute werden 
in dicken Büchern vermerkt und wir werdem dem Mouydir vorgestellt, einem 
freundlichen älteren Herrn. Er ist gerne bereit, uns bei der Beschaffung von 
Diesel behilflich zum sein. An der Tankstelle im Ortszentrum dürfen wir
vorfahren und werden bevorzugt bedient. Ein Besuch gilt noch dem Tourismusbeauftragten 
der Regierung, Mr. Mussa. Nachdem er uns eine Fahrtgenehmigung mit der gewünschten 
Route ausgestellt hat, lädt er uns zu sich nach Hause ein, wo wir mit einem 
kräftigen Frühstück verwöhnt werden.
 
 
 
 Schinderei in der Rebiana Sandsee
 
 Dann sind wir für die nächsten Tage wieder völlig auf uns allein
gestellt. Wir folgen dem Spurenbündel nach Rebiana. Zunächst geht es 
brettereben durch festen Sand, doch 90 Kilometer später beginnen die Dünen 
der Rebiana Sandsee. Es heißt, höllisch aufzupassen. Manche der sanften, 
festen Walfischdünen brechen urplötzlich ab, das bedeutet höchste 
Gefahr für das Fahrzeug!
 
 Den heutigen Tag werden wir so schnell nicht vergessen. 26 Kilometer haben wir nur 
geschafft. Unzählige Male sind wir fast hoffnungslos in unvermittelt auftretenden 
Weichsandlöchern versunken. Am Abend, in Sichtweite der nördlichen 
Ausläufer des Jebel Nerastro, sind wir total erledigt. Zum Ausgleich für 
das Martyrium gönnen wir uns jeder eine Dose Sprite.
 
 Glücklicherweise haben wir das Schlimmste jetzt überstanden. Von nun an 
geht es recht zügig zwischen Dünen und Sandfeldern im Osten und den 
Vorbergen des Dohone im Westen auf ausgefahrener Piste dem Tschad entgegen. Unvermittelt 
treffen wir auf einen 10-rädrigen Mercedes-LKW, vollbeladen bis zum 
Gehtnichtmehr. Auch sein Ziel ist Gouro. In der Folge kommen uns noch etliche blaue 
vollgepackte LandCruiser Pick-ups entgegen, ohne Gruß düsen sie an uns 
vorbei nach Norden.
 
 So langsam ändert sich die Landschaft. Aus weiten Sandflächen werden 
sandige Wadis und schmale, steile Passagen durch niedrige Bergriegel. An diesen 
Stellen sind hunderte von Fußspuren zu beobachten, von Menschen, die von den 
sie transportierenden Fahrzeugen absteigen mußten, damit diese die Steigung 
erklimmen konnten. Im Laufe des Tages wird klar, daß wir in den nördlichen 
Ausläufern des Tibesti angekommen sind. Viele Berge, sandige Täler und 
hin und wieder die ersten Büsche. Eine stark befahrene Piste mündet aus 
den Bergen im Westen ein, aus Bardai und Yebbi Bou kommend.
 
 
 
   Sandiger Pass mit Blick auf den NO-Rand des Tibesti
 
 
 Gouro
 
 Wieder einmal völlig überraschend treffen wir auf Gegenverkehr. Ein 
Konvoi mit GEOFOR-Prospektoren will weiter nach Norden, um da nach Wasser zu bohren. 
Die Franzosen sehen recht mitgenommen aus, kein Wunder bei der Hitze. Doch den 
wahren Grund für deren Erschöpfung wird uns erst etwas später klar: 
Sie kommen aus Gouro. Und das heißt, sie mußten eine wahrhaft brutale, 
das heißt steile und lange Rampe weichsten Sandes mit ihren schweren LKW 
bewältigen. Diese Passage ist derart schwierig, daß sogar wir, 
bergabfahrend, nur mit Sandblechen und übler Schaufelei weiterkommen. Zur
Belohnung dürfen wir alsbald den unglaublichen Blick auf den saftig-grün 
leuchtenden Palmenhain von Gouro genießen!
 
 
 
   Brutal-weiche Sandpassage abwärts kurz vor den Palmen von Gouro
 
 
 Gouro ist ein idyllisch gelegener, kleiner, verschlafener Ort aus Lehmhäusern 
und Palmstrohhütten. Der Polizeiposten ist rasch gefunden. Im Vorhof des 
Gebäudes lungern etliche weiß-gewandete Tubus herum, die wir, wie es 
der Brauch ist, einzeln per Handschlag begrüßen. Der Polizeichef hat 
nichts gegen unsere Anwesenheit, ja er scheint sich sogar ein wenig darüber 
zu freuen. Warum, wird sehr schnell klar: er sieht in uns eine Mitfahrmöglichkeit 
für einen hohen Zollbeamten, der nach Faya zurück muß. 
Natürlich müssen wir für den 'Führer' bezahlen. 750 FF kostet 
der Spaß, uns bleibt nichts übrig, wir willigen ein. Bis es soweit ist, 
daß wir fahren können, läuft noch das ganze Dorf zusammen, es wird 
heftig diskutiert.
 
 Und dann geht es los. Nein, nicht über die schöne Piste nach Unianga, 
sondern ziemlich nahe am begleitenden Plateaurand entlang, mitten durch steiniges, 
hügeliges Gelände. Unser 'Führer', Tourki Issa, klärt uns auf. 
Die Piste sei vermint, vor 4 Monaten sei der Sous-Prefet von Fada hier auf eine 
Mine gefahren und habe Toyota und ein Bein verloren! Er selbst habe schon 
ähnliche Erfahrungen machen müssen. Als alter 'Combattant' sei er schon 
zwei Mal durch Minen verletzt worden, so sei ein Fuß halb abgerissen worden.
 
 
 
 Ewiger Sandsturm
 
 Ohne Zwischenfälle dieser Art erreichen wir Unianga Kebir. Lästig nur 
der ständig wehende Nord-Ost-Wind. Wir statten den Behörden unsere 
Höflichkeitsbesuche ab. Lediglich der Verwaltungschef ist etwas sauer, 
daß wir nicht über die vorgeschriebene Routengenehmigung durch das 
Innenministerium in N'Djamena verfügen. Dank Tourkis Fürsprache ist dies 
bald kein Thema mehr.
 
 Es ist nicht zu glauben. Wir wissen, daß eine Reisegruppe von Michael 
Pliberschnig aus Salzburg derzeit den Tschad unsicher macht. Irgendwie haben wir 
das Gefühl, ihn hier und heute zu treffen. Doch es tut sich natürlich 
nichts. Wir holen Wasser in einer Quelle gleich neben dem salzigen, veralgten See 
und als wir wieder zu den Häusern zurückkommen, wer steht da? Die
Reisegruppe mit 3 Toyotas! Pliberschnig ist zwar nicht dabei, aber Leischner 
aus Villach. Er ist total geschafft. Seine Gäste hängen total apathisch 
in ihren Sitzen und rühren sich nicht.
 
 
 
   Palmengärten am Lac Yoa bei Unianga Kebir
 
 
 Wie wir hören, gab es bei dieser Tour nur Probleme. Ewiger Sandsturm mit 
Hitze und Sichtproblemen, Streit mit der Polizei in Faya und das Schlimmste: im 
ganzen Land kein Diesel zu bekommen! Da nutzen wir sofort den Hinweis, daß 
sich im Moment in Unianga Kebir einige libysche LKW aufhalten, die Dieselfässer 
geladen haben. Es dauert nicht lange und schon haben wir 200 l aufgefüllt. 
Bezahlt wird mit libyschen Dinar. Alle sind happy!
 
 Kurze Verabschiedung von den Österreichern und schon geht es weiter. Wir 
kommen an Wadi Doum vorbei, dem gigantischen Militärkomplex der Libyer, der 
von tschadischen Kämpfern einer libyschen Übermacht entrissen wurde. 
Hunderte von Toyota LandCruiser Pick-ups wurden für diese Operation den
Tschadern gratis zur Verfügung gestellt, finanziert von der CIA. Dies alles 
erfahren wir von Tourki, der als Hauptmann an den Kämpfen teilgenommen hatte. 
Die Piste führt mitten durch das Militärgelände, rechts und links 
des Pistenrandes, geschützt durch Stacheldrahtverhau, gut sichtbar Minenfelder. 
Überall Militärschrott jeglicher Art.
 
 
 
 Verirrt!
 
 Am nächsten Tag gibt es eine Überraschung. Wir haben uns verirrt. Ganz 
offensichtlich sind wir von unserer Piste nach Faya abgekommen und befinden uns 
auf dem Weg nach Fada im Ennedi. Die Richtung, der wir seit längerem folgen, 
stimmt einfach nicht und auch der aus Kalait kommende Toyota mit den beiden 
verdächtigen Gestalten an Bord läßt nichts Gutes ahnen. Tourki 
hat wohl gepennt. Das tut er gerne, während wir fahren...
 
 Also geht es zurück, eine ziemliche Schande für den großen 
Combattant, der sich hier angeblich bestens auskennt. Tatsächlich ist
unser Führer hilflos. Wir übernehmen jetzt die Führung. Wie sich 
herausstellt, haben wir die Pistenverzweigung 17 Kilometer nach dem kleinen Ort 
nahe Wadi Doum zufällig übersehen, weil wir gerade dort gestern Abend 
unser Nachtlager aufgeschlagen haben! Teuflisch heiß ist es heute. Wir 
könnten es noch bis Faya schaffen, doch wir wollen nicht bei Dunkelheit eine 
Unterkunft suchen. So bleiben wir zum Ärger Turkis 70 km vor Faya stehen und 
machen Schluß für heute.
 
 
 
 Buntes Treiben in Faya
 
 Zur Einfahrt nach Faya hat sich Tourki schön hergerichtet. Statt 
Kampfdress mit baumelndem Revolver trägt er jetzt ein blitzsauberes Tubu-Gewand. 
Unser erster Weg führt in sein Haus. Sofort erkennen wir die herausgehobene 
Position, die Tourki in der Gesellschaft Fayas spielt. Die ganze Familie läuft 
zusammen und begrüßt uns, wir werden freundlich bewirtet. Es gibt Milch 
und da wundern wir uns sehr, denn Kühe haben wir hier keine gesehen. Die Milch 
schmeckt köstlich, ein unglaublicher Luxus in diesem Ort. Des Rätsels 
Lösung: Es handelt sich um Trockenmilch, gelöst in Wasser, das aus einem
abgedeckten Loch im Boden des Hofes geschöpft wird. Bei dem Milchpulver handelt 
es sich um NIDO. Wir merken uns die Marke. Bei Gelegenheit werden wir uns damit 
versorgen. Das Wasser ist so sauber und geschmacklos, daß wir hier unsere 
Kanister auffüllen. Nach vielen Stunden netten Plauderns verabschieden wir uns, 
Tourki bringt uns zum Hotel Emi Koussi. Dort können wir das Auto im Innenhof 
abstellen, bekommen ein Zimmer mit Dusche. Die Betten schauen etwas verdächtig 
aus, auch ist es im Zimmer etwas heiß, sodaß wir bei geöffnten 
Türen wie immer im Auto schlafen. Am Morgen sind wir total zerstochen. Nicht 
durch Mücken sondern durch kleinste Fliegen, die im nahen Gebüsch sitzen.
 
 Den Abend verbringen wir noch in angenehmer Gesellschaft. Ein deutschsprechender Tubu 
berichtet uns über die fürchterliche Skorpionplage, die in Faya herrscht. 
Bei Dunkelheit schlendern wir durch den Ort, besuchen das Studio von Radio Faya (100.1 MHz) 
und das museumsreife Kraftwerk (Dieselgenerator, ca. 40kVA). Dann genehmigen wir 
uns zwei GALA Export und verspeisen mit Genuss Omelettes und frisches Baguette!
 
 Turkis Bruder ist Commissaire. Wie versprochen melden wir uns bei ihm in der Prefecture, 
um die Formalitäten für die Weiterfahrt zu erledigen. Selbstverständlich 
erhalten wir die erbetene Fahrgenehmigung nach Zouar und Wour. Allerdings müssen 
wir einen Führer bis Zouar nehmen. Dieser besteht auf 75.000 CFA. 
Französische Francs akzeptiert er nicht. Mit Erstaunen stellen wir fest, daß 
der Betrag nicht in den Taschen der Beamten verschwindet, sondern der Führer 
selbst kassiert!
 
 Damit ist alles erledigt, wir haben heute frei. Das Leben in Faya ist sehr bunt und 
völlig neu für uns. Diesel gibt es fassweise bei Treibstoffhändlern 
(1000 FF pro 200 Liter-Faß) und auf dem Markt ein bescheidenes Angebot von 
Gemüse, Datteln und Brot. Über dem allen liegt ein nicht endenwollendes, 
tosendes Geschnattere einer unübersehbaren Menge von Marktfrauen, die alle 
auf ein kleines Geschäft hoffen. Fremdenlegionäre berichten von ihren 
Aktivitäten, das Tibesti von Minen zu räumen, eine unendliche Geschichte. 
Und ständig bläst der Wind. Faya kämpft mit Sand und Staub, die 
Dünen beginnen gleich hinter der ersten Häuserzeile am Markt...
 
 
 
 
	     Unzählige bunt gekleidete Tubu-Frauen 
	   bestimmen das
 Marktgeschehen in Faya
 
 
 
   Selten ist der Markt in Faya so leer wie jetzt
 
 
 Auf nach Zouar!
 
 Start zur nächsten Etappe nach Zouar ist heute um halb sieben. Unser neuer 
Führer, ein älterer angenehmer Tubu, spricht zwar kein Wort Französich, 
dennoch verstehen wir uns gut. Es geht auf engen Sträßchen durch die 
Palmengärten und bald sind wir wieder in der vom Sandsturm gepeinigten Wüste. 
Zu unserer Sicherheit nehmen wir nicht die alte Hauptpiste, diese ist auf weiten 
Strecken vermint, sondern wir fahren zunächst nördlich von ihr auf einer 
neu entstandenen Ersatzpiste. Nach 27 Kilometern sind wir wieder auf der alten Piste, 
auf der immer noch die hervorragend plazierten, 3 Meter hohen Eisenrohr-Balisen aus 
der Franzosenzeit stehen.
 
 
 
 
	     Ain Galaka erscheint wie ausgestorben
 
 
 
   Die 'minensichere Piste' schlängelt sich durch ein ausgedehntes
 Gebiet von Diatomeenablagerungen
 
Die dunklen Berge des Tibesti im Osten scheinen nun zum Greifen nahe. Immer wieder 
queren wir kleine Trockentäler (Enneris) mit schönem Baumbestand. 
Dräuend führt ein wildes Enneri tief in die Bergwelt des Tibestis
hinein, das Enneri Maro. Die Piste steuert die Ostspitze eines langen, markanten 
Dünenzuges an. Eine Barriere versperrt die Fahrt. Ohne Paßkontrolle 
durch den Militärposten dürfen wir weiterfahren. In Sherda das dritte 
große Militärlager. Es interessiert sich glücklicherweise kaum 
für uns Touristen. Nach 25 Kilometern steigt die halsbrecherische, 
ausgewaschene Piste steil hinauf auf das Plateau von Daski. Dort oben bietet sich 
uns ein phantastischer Blick auf die Vorberge des Tibesti und das weite Tal, in 
dem Zouar liegt.
 
 Vorsichtig, um die Federn zu schonen (leider vergeblich, ein Federblatt mußte 
dran glauben, wie wir am Abend feststellen), geht es langsam Zouar entgegen. Unser 
erster Besuch gilt natürlich dem 'Poste Administrative', in dem Gaston seit 
5 Jahren den Dienst als Secretaire versieht. Gaston ist uns in allen Belangen sehr 
behilflich. Wir erhalten die obligaten Stempel in den Paß, sogar ein 
Empfehlungsschreiben für den Kommandanten von Wour, tanken Diesel aus 
Fässern (900 FF pro Fass), füllen Wasser auf und besuchen den Autofriedhof 
General Leclercs, oder das was davon übrig geblieben ist. Der 'Chef de Lieu', 
dem unser anschließender Besuch gilt, versteht, daß wir keinen 
Führer bis Wour benötigen. 350 FF werden dennoch fällig. Es gibt 
dann noch eine Einladung in Gastons Familie, die wir reichlich beschenken, hat uns 
Gaston doch in allem sehr geholfen. Etwas außerhalb von Zouar finden wir 
einen pittoresken Lagerplatz am Fuße eines der großen Zeugenberge im 
Enneri Zouarke.
 
 
 
   Pittoreske Berge im Zouarke bieten einen idealen Rastplatz
 
 
 Nach kurzer Militärkontrolle am Ausgang der engen Schlucht, durch die eine 
neue Piste führt (um die Minenfelder an der alten Piste zu vermeiden) geht 
es über die Arkiafera-Ebene weiter nach Norden. Natürlich fahren wir 
nicht nach Wour hinein, das abseits der Hauptpiste versteckt in einem Seitental 
liegt. Wir queren das Flugfeld von Wour, mit der Angst im Nacken, wir könnten 
auf Minen geraten. Doch Glück gehabt! Etwa 15 bis 20 km später biegen 
die Spuren, denen wir folgen, noch Osten ab und zielen geradewegs auf den 
Eingang des Enneri Dazzeun.
 
 
 
 Auf Schleichwegen zur Serir Tibesti
 
 Laut unserer genauen Karte ist dies der einzige Durchschlupf durch das Massiv d'Abo, 
der nach Nord-Ost zur Serir Tibesti führt. Wenn wir hier unbeschadet 
durchkommen, sind wir unserem Etappenziel, dem Wau en Namus, ein entscheidendes 
Stück näher gekommen. Der Hauptpiste nach Norden, vorbei am Korizo-Paß 
und über El Wigh nach Gartrun zu folgen, verbietet sich von selbst. Die auf 
dieser Strecke stationierten Posten und Patrouillen wären wohl nicht damit 
einverstanden, daß wir auf diesem Weg nach Libyen einreisen.
 
 Wir folgen einer ausgefahrenen Piste durch stellenweise sehr enge Täler und 
Schluchten, überqueren zwei niedrige Pässe und haben diese Passage nach 
fast 50 Kilometern Fahrt geschafft. Vor uns liegen nun ziemlich eng gestaffelte 
Berge. Wir verlassen die Piste und müssen uns nun den Weg querfeldein durch 
die Gebirgslandschaft selbst suchen. Das ist nicht so einfach, oft hat es den 
Anschein, es ginge nicht mehr weiter. Wir wissen aber: Je weiter wir nach Nord-Osten 
vordringen, umso leichter werden Orientierung und Wegsuche. Tatsächlich weiten 
sich die Berge, herrliche Sandfelder entschädigen uns für die Fahrt 
über steinige Berghänge. Wir suchen uns einen schönen Rastplatz 
inmitten Felder riesiger Granitknollen.
 
 
 
 
  Weit östlich unseres Weges zum Wau en Namus
 der markante Kegel des Ehi Araye.
 
 
 
 
 
Mörderisches Fech-fech
 Bis zum Wau en Namus sind es es nur mehr 238 Kilometer in Richtung 23°. Diese 
Richtung ist leicht einzuhalten, gibt es doch keinerlei Hindernisse, die zu umgehen 
wären. Eine ernste Gefahr lauert hier dennoch: Wir geraten in eine weite 
Landschaft, in der sich unter einer solide erscheinenden Sandschicht puderweiches 
Fech-fech verbirgt. Der Toyota bricht da unvermittelt mit der Hinterachse durch 
die feste Sandkruste und wird erst einen halben Meter weiter unten mit einem harten 
Schlag auf die Federn aufgehalten. Ein zementartiges, gelb-grünliches Puder 
hüllt den Wagen in eine undurchdringliche Wolke ein. Aus diesen Löchern kann 
sich der Toyota nur mehr im Reduziergetriebe befreien. Und so geht es über 
80 Kilometer: im Schrittempo, 2. Gang Reduziergetriebe, immer hoffend, daß 
die bereits angeknackste Feder nicht ganz ihren Geist aufgibt.
 
 Endlich haben wir es überstanden. Nichts ist passiert, noch einmal Glück 
gehabt! Wir queren eine sehr stark befahrene Militärpiste, treffen auf 
ehemalige Panzer-Stellungen und sind sehr froh, etwa 30 Kilometer südlich
des Wau en Namus auf die ersten schwarzen Aschespuren zu treffen. Von hier aus ist 
bereits die Spitze seines zentralen Kegels zu erkennen, in Richtung 24°!
 
 
 
 Mücken am Wau en Namus
 
 Unseren alten Rastplatz bei den Containern am Ostrand des Kraters verlassen wir 
fluchtartig, als wir sehen, welche Müllmassen dort inzwischen abgelagert wurden 
und Myriaden von Fliegen anziehen. Dazu kommen nach Sonnenuntergang noch Unmengen 
von Mücken. Wir flüchten zum benachbarten Salztonkrater: dort gibt es 
keine Mücken, keine Fliegen, dafür eine schöne Rundsicht!
 
 
 
   Auch diesmal wieder ein überwältigender Anblick:
 das gewaltige Kraterrund des Wau en Namus
 
 
 Den Rasttag haben wir wir uns wahrlich verdient. Das Auto wird durchgecheckt, die 
kaputte Feder neu bandagiert, Haare gewaschen und anschließend relaxt. Die 
Reiseplanung sieht vor, vom Wau zu Jebel Maruf zu fahren, um von dort in ziemlich 
direkter Linie nach Norden zum Jebel Barrut zu gelangen. Nach unserer Traversierung 
vom Tibesti zum Wau sicher ein Kinderspiel.
 
 Doch die Probleme beginnen bereits kurz hinter dem Waun en Namus, als wir der auf 
der Karte festgelegtem Kurs 84° zu stur folgen. Prompt geraten wir in die 
berüchtigten Fech-fech-Felder. Zehn Mal müssen wir das Auto total
entsanden, bis wir, rückwärts fahrend, wieder einigermaßen festen 
Boden erreichen. Das soll uns eine Lehre sein. Wir halten uns jetzt an die Spuren 
zum Jebel Maruf. Von dort geht es aber wieder querfeldein auf die Piste zu, die 
uns zurück zum Jebel Barrut, dem 'interesting black mountain' führt.
 
 
 
 Sandsturm!
 
 Nach der Schaufelei gestern und aus Gründen der Tradition entschließen 
wir uns, hier am Berg schon etwas früher am Tag Rast zu machen. Das Wetter 
sieht auch nicht gut aus, irgend etwas liegt in der Luft. Lange brauchen wir nicht 
zu warten, und es wird klar, was kommt: Sandsturm! In der Ferne verdüstert 
sich der Himmel, eine dunkelbraune Wolkenwand schiebt sich uns entgegen. Eint 
toller Anblick, diese Naturgewalten! Doch dann erkennen wir, daß sich dieses 
Unwetter direkt auf uns zubewegt, schneller als es uns lieb sein kann. Mit Kartons, 
Plastikfolie und Tesaband können wir gerade noch unsere Windschutzscheibe 
abkleben und schon ist die Hölle los! Ein brutaler Hexensabbat bricht aus. 
Das Auto wird Hin und Her geworfen, Steine fallen von Jebel Barrut herab, 
Sandfontainen schießen gegen das Fahrzeug. Wir kauern hinter geschlossenen 
Scheiben, dennoch dringt feiner Staub durch die geschlossene Belüftung 
und sonstige Ritzen ins Innere. Die Sicht reicht gerade noch bis zu dem Felsen, 
an dem wir unser Auto geparkt haben. Wir können nur hoffen, daß dies 
alles bald vorüber ist, denn unter diesen Umständen ist an Schlaf nicht 
zu denken. Das Abendessen muß sowieso ausfallen.
 
 
 
   Am Jebel Barrut:
 Gut vorbereitet sehen wir dem nahenden Sandsturm entgegen
 
 
 Wider Erwarten beruhigt sich die Natur ein wenig, müde begeben wir uns zu Bett 
und schlafen trotz Gerüttele an unserem Wagen einigermaßen. Am 
nächsten Morgen sieht die Welt schon besser aus. Der Schutz der Windschutzscheibe 
hat gehalten, die Scheinwerfer sind aber nahezu blind. Es liegt noch jede Menge 
Staub in der Luft, das Wetter hat sich offensichtlich noch nicht beruhigt. Dennoch, 
wir fahren weiter.
 
 
 
 Auf der Suche nach Sabah
 
 Wir nehmen die Piste. Sie ist schnell und bequem, macht aber einen kleinen Umweg 
nach Nord-Ost. Da wir die Gegend zu kennen glauben, verlassen wir die Piste und 
fahren querfeldein Richtung Nord-West auf das Erdölfeld Sabah zu. Das 
hätten wir besser nicht tun sollen. Das Gelände ist unangenehm, 
nämlich uneben und unübersichtlich, der Sanddunst verdichtet sich wieder 
zum Sandsturm mit Sichtweiten von kaum mehr als 50 Metern, und - wir haben 
dummerweise keine exakten Koordinaten von Sabah, die wir in unseren GPS eingeben 
könnten! Dazu ist uns nur zu gut bekannt, wie problematisch das Gelände 
rund um Sabah ist.
 
 So kämpfen wir im uns Schrittempo bei minimaler Sicht über eine Vielzahl 
weicher Rücken und sandiger Täler  Sabah entgegen. Als es nach Karte schon 
längst da sein müßte, stehen wir an einem aufgelassenen Feldflughafen. 
Wo ist nur Sabah? Es gibt zwar unzählige Spuren, sie verlaufen aber in alle 
Richtungen. Wir beschließen, in der alten Richtung weiterzufahren. Auch nach 
10 Kilometer noch keine Spur von Sabah. So langsam werden wir nervös. Immerhin 
haben wir die exakten Koordinaten von Zella und könnten dorthin sicher 
zurückfinden. Nur, die schnelle Piste von Sabah nach Zellah wollen wir nicht 
missen. Das häßliche Gelände von Sabah bis Zella hat der Teufel 
gesehen! Nun ist wieder eine steile Abfahrt in ein Wadi zu meistern. Gleich darauf 
geht es über einen weichen Rücken wieder bergauf. Und - es ist nicht zu 
glauben, 20 Meter vor uns steht einsam ein Strommast im Sandsturm! Überall 
sind plötzlich Spuren, eine ganze Reihe von Strommasten taucht unvermittelt 
auf, dann silberfarbene Erdöltanks. Nach 4 Kilometern passieren wir das 
Lagertor!
 
 Bald rasen wir mit unglaublichen 60 Stundenkilometern , die Scheinwerfer voll 
aufgeblendet, auf breiter Piste nach Zella.
 
 
 
 
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