Tibesti - Umrundung

Reise ins Ungewisse

© Reinhart Mazur, 2002-2008


Wir haben dazugelernt! Nach den ernüchternden Erfahrungen vor zwei Jahren mit völlig inkorrekten Wegbeschreibungen in Göttlers 'Libyen'-Führer, können wir uns diesmal auf unsere eigenen Erfahrungen verlassen. Nachdem wir in Zella vollgetankt haben, geht es auf einer gut präparierten Prospektorenpiste zunächst zum Ölfeld 'Sabah' und von dort bequem weiter bis zum Jebel Barrut.

Es ist dies jener Berg, der in der Michelin-Karte 953 als 'interesting black mountain' bezeichnet ist. Nikolaus Benjamin Richter erwähnt ihn schon in seinem Buch 'Unvergessliche Sahara' als 'markanten Basaltpfropfen, der sich unvermittelt aus der Sand-und Kiesebene aufreckt'. Für uns ist hier das Tor zur Sahara.

Eine schnelle Piste führt weiter Richtung Süd-Ost. Auf markierter Trasse sind mehrere Dünenzüge zu umgehen, bis schließlich Tazerbos Richtfunkturm in der Ferne aus weißen Sandfeldern auftaucht.


harmlose Dünenpassage auf dem Weg von Zella nach Tazerbo
Auf dem Wege von Zella nach Tazerbo werden vier
Dünenzüge im Zickzack über weiche Sandfelder
umgangen



Früh am Morgen melden wir uns bei der Polizei. Passdaten und Fahrtroute werden in dicken Büchern vermerkt und wir werdem dem Mouydir vorgestellt, einem freundlichen älteren Herrn. Er ist gerne bereit, uns bei der Beschaffung von Diesel behilflich zum sein. An der Tankstelle im Ortszentrum dürfen wir vorfahren und werden bevorzugt bedient. Ein Besuch gilt noch dem Tourismusbeauftragten der Regierung, Mr. Mussa. Nachdem er uns eine Fahrtgenehmigung mit der gewünschten Route ausgestellt hat, lädt er uns zu sich nach Hause ein, wo wir mit einem kräftigen Frühstück verwöhnt werden.



Schinderei in der Rebiana Sandsee

Dann sind wir für die nächsten Tage wieder völlig auf uns allein gestellt. Wir folgen dem Spurenbündel nach Rebiana. Zunächst geht es brettereben durch festen Sand, doch 90 Kilometer später beginnen die Dünen der Rebiana Sandsee. Es heißt, höllisch aufzupassen. Manche der sanften, festen Walfischdünen brechen urplötzlich ab, das bedeutet höchste Gefahr für das Fahrzeug!

Den heutigen Tag werden wir so schnell nicht vergessen. 26 Kilometer haben wir nur geschafft. Unzählige Male sind wir fast hoffnungslos in unvermittelt auftretenden Weichsandlöchern versunken. Am Abend, in Sichtweite der nördlichen Ausläufer des Jebel Nerastro, sind wir total erledigt. Zum Ausgleich für das Martyrium gönnen wir uns jeder eine Dose Sprite.

Glücklicherweise haben wir das Schlimmste jetzt überstanden. Von nun an geht es recht zügig zwischen Dünen und Sandfeldern im Osten und den Vorbergen des Dohone im Westen auf ausgefahrener Piste dem Tschad entgegen. Unvermittelt treffen wir auf einen 10-rädrigen Mercedes-LKW, vollbeladen bis zum Gehtnichtmehr. Auch sein Ziel ist Gouro. In der Folge kommen uns noch etliche blaue vollgepackte LandCruiser Pick-ups entgegen, ohne Gruß düsen sie an uns vorbei nach Norden.

So langsam ändert sich die Landschaft. Aus weiten Sandflächen werden sandige Wadis und schmale, steile Passagen durch niedrige Bergriegel. An diesen Stellen sind hunderte von Fußspuren zu beobachten, von Menschen, die von den sie transportierenden Fahrzeugen absteigen mußten, damit diese die Steigung erklimmen konnten. Im Laufe des Tages wird klar, daß wir in den nördlichen Ausläufern des Tibesti angekommen sind. Viele Berge, sandige Täler und hin und wieder die ersten Büsche. Eine stark befahrene Piste mündet aus den Bergen im Westen ein, aus Bardai und Yebbi Bou kommend.


Tibesti NO-Rand
Sandiger Pass mit Blick auf den NO-Rand des Tibesti


Gouro

Wieder einmal völlig überraschend treffen wir auf Gegenverkehr. Ein Konvoi mit GEOFOR-Prospektoren will weiter nach Norden, um da nach Wasser zu bohren. Die Franzosen sehen recht mitgenommen aus, kein Wunder bei der Hitze. Doch den wahren Grund für deren Erschöpfung wird uns erst etwas später klar: Sie kommen aus Gouro. Und das heißt, sie mußten eine wahrhaft brutale, das heißt steile und lange Rampe weichsten Sandes mit ihren schweren LKW bewältigen. Diese Passage ist derart schwierig, daß sogar wir, bergabfahrend, nur mit Sandblechen und übler Schaufelei weiterkommen. Zur Belohnung dürfen wir alsbald den unglaublichen Blick auf den saftig-grün leuchtenden Palmenhain von Gouro genießen!


Abfahrt nach Gouro
Brutal-weiche Sandpassage abwärts kurz vor den Palmen von Gouro


Gouro ist ein idyllisch gelegener, kleiner, verschlafener Ort aus Lehmhäusern und Palmstrohhütten. Der Polizeiposten ist rasch gefunden. Im Vorhof des Gebäudes lungern etliche weiß-gewandete Tubus herum, die wir, wie es der Brauch ist, einzeln per Handschlag begrüßen. Der Polizeichef hat nichts gegen unsere Anwesenheit, ja er scheint sich sogar ein wenig darüber zu freuen. Warum, wird sehr schnell klar: er sieht in uns eine Mitfahrmöglichkeit für einen hohen Zollbeamten, der nach Faya zurück muß. Natürlich müssen wir für den 'Führer' bezahlen. 750 FF kostet der Spaß, uns bleibt nichts übrig, wir willigen ein. Bis es soweit ist, daß wir fahren können, läuft noch das ganze Dorf zusammen, es wird heftig diskutiert.

Und dann geht es los. Nein, nicht über die schöne Piste nach Unianga, sondern ziemlich nahe am begleitenden Plateaurand entlang, mitten durch steiniges, hügeliges Gelände. Unser 'Führer', Tourki Issa, klärt uns auf. Die Piste sei vermint, vor 4 Monaten sei der Sous-Prefet von Fada hier auf eine Mine gefahren und habe Toyota und ein Bein verloren! Er selbst habe schon ähnliche Erfahrungen machen müssen. Als alter 'Combattant' sei er schon zwei Mal durch Minen verletzt worden, so sei ein Fuß halb abgerissen worden.



Ewiger Sandsturm

Ohne Zwischenfälle dieser Art erreichen wir Unianga Kebir. Lästig nur der ständig wehende Nord-Ost-Wind. Wir statten den Behörden unsere Höflichkeitsbesuche ab. Lediglich der Verwaltungschef ist etwas sauer, daß wir nicht über die vorgeschriebene Routengenehmigung durch das Innenministerium in N'Djamena verfügen. Dank Tourkis Fürsprache ist dies bald kein Thema mehr.

Es ist nicht zu glauben. Wir wissen, daß eine Reisegruppe von Michael Pliberschnig aus Salzburg derzeit den Tschad unsicher macht. Irgendwie haben wir das Gefühl, ihn hier und heute zu treffen. Doch es tut sich natürlich nichts. Wir holen Wasser in einer Quelle gleich neben dem salzigen, veralgten See und als wir wieder zu den Häusern zurückkommen, wer steht da? Die Reisegruppe mit 3 Toyotas! Pliberschnig ist zwar nicht dabei, aber Leischner aus Villach. Er ist total geschafft. Seine Gäste hängen total apathisch in ihren Sitzen und rühren sich nicht.


am Lac Yoa
Palmengärten am Lac Yoa bei Unianga Kebir


Wie wir hören, gab es bei dieser Tour nur Probleme. Ewiger Sandsturm mit Hitze und Sichtproblemen, Streit mit der Polizei in Faya und das Schlimmste: im ganzen Land kein Diesel zu bekommen! Da nutzen wir sofort den Hinweis, daß sich im Moment in Unianga Kebir einige libysche LKW aufhalten, die Dieselfässer geladen haben. Es dauert nicht lange und schon haben wir 200 l aufgefüllt. Bezahlt wird mit libyschen Dinar. Alle sind happy!

Kurze Verabschiedung von den Österreichern und schon geht es weiter. Wir kommen an Wadi Doum vorbei, dem gigantischen Militärkomplex der Libyer, der von tschadischen Kämpfern einer libyschen Übermacht entrissen wurde. Hunderte von Toyota LandCruiser Pick-ups wurden für diese Operation den Tschadern gratis zur Verfügung gestellt, finanziert von der CIA. Dies alles erfahren wir von Tourki, der als Hauptmann an den Kämpfen teilgenommen hatte. Die Piste führt mitten durch das Militärgelände, rechts und links des Pistenrandes, geschützt durch Stacheldrahtverhau, gut sichtbar Minenfelder. Überall Militärschrott jeglicher Art.



Verirrt!

Am nächsten Tag gibt es eine Überraschung. Wir haben uns verirrt. Ganz offensichtlich sind wir von unserer Piste nach Faya abgekommen und befinden uns auf dem Weg nach Fada im Ennedi. Die Richtung, der wir seit längerem folgen, stimmt einfach nicht und auch der aus Kalait kommende Toyota mit den beiden verdächtigen Gestalten an Bord läßt nichts Gutes ahnen. Tourki hat wohl gepennt. Das tut er gerne, während wir fahren...

Also geht es zurück, eine ziemliche Schande für den großen Combattant, der sich hier angeblich bestens auskennt. Tatsächlich ist unser Führer hilflos. Wir übernehmen jetzt die Führung. Wie sich herausstellt, haben wir die Pistenverzweigung 17 Kilometer nach dem kleinen Ort nahe Wadi Doum zufällig übersehen, weil wir gerade dort gestern Abend unser Nachtlager aufgeschlagen haben! Teuflisch heiß ist es heute. Wir könnten es noch bis Faya schaffen, doch wir wollen nicht bei Dunkelheit eine Unterkunft suchen. So bleiben wir zum Ärger Turkis 70 km vor Faya stehen und machen Schluß für heute.



Buntes Treiben in Faya

Zur Einfahrt nach Faya hat sich Tourki schön hergerichtet. Statt Kampfdress mit baumelndem Revolver trägt er jetzt ein blitzsauberes Tubu-Gewand. Unser erster Weg führt in sein Haus. Sofort erkennen wir die herausgehobene Position, die Tourki in der Gesellschaft Fayas spielt. Die ganze Familie läuft zusammen und begrüßt uns, wir werden freundlich bewirtet. Es gibt Milch und da wundern wir uns sehr, denn Kühe haben wir hier keine gesehen. Die Milch schmeckt köstlich, ein unglaublicher Luxus in diesem Ort. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um Trockenmilch, gelöst in Wasser, das aus einem abgedeckten Loch im Boden des Hofes geschöpft wird. Bei dem Milchpulver handelt es sich um NIDO. Wir merken uns die Marke. Bei Gelegenheit werden wir uns damit versorgen. Das Wasser ist so sauber und geschmacklos, daß wir hier unsere Kanister auffüllen. Nach vielen Stunden netten Plauderns verabschieden wir uns, Tourki bringt uns zum Hotel Emi Koussi. Dort können wir das Auto im Innenhof abstellen, bekommen ein Zimmer mit Dusche. Die Betten schauen etwas verdächtig aus, auch ist es im Zimmer etwas heiß, sodaß wir bei geöffnten Türen wie immer im Auto schlafen. Am Morgen sind wir total zerstochen. Nicht durch Mücken sondern durch kleinste Fliegen, die im nahen Gebüsch sitzen.

Den Abend verbringen wir noch in angenehmer Gesellschaft. Ein deutschsprechender Tubu berichtet uns über die fürchterliche Skorpionplage, die in Faya herrscht. Bei Dunkelheit schlendern wir durch den Ort, besuchen das Studio von Radio Faya (100.1 MHz) und das museumsreife Kraftwerk (Dieselgenerator, ca. 40kVA). Dann genehmigen wir uns zwei GALA Export und verspeisen mit Genuss Omelettes und frisches Baguette!

Turkis Bruder ist Commissaire. Wie versprochen melden wir uns bei ihm in der Prefecture, um die Formalitäten für die Weiterfahrt zu erledigen. Selbstverständlich erhalten wir die erbetene Fahrgenehmigung nach Zouar und Wour. Allerdings müssen wir einen Führer bis Zouar nehmen. Dieser besteht auf 75.000 CFA. Französische Francs akzeptiert er nicht. Mit Erstaunen stellen wir fest, daß der Betrag nicht in den Taschen der Beamten verschwindet, sondern der Führer selbst kassiert!

Damit ist alles erledigt, wir haben heute frei. Das Leben in Faya ist sehr bunt und völlig neu für uns. Diesel gibt es fassweise bei Treibstoffhändlern (1000 FF pro 200 Liter-Faß) und auf dem Markt ein bescheidenes Angebot von Gemüse, Datteln und Brot. Über dem allen liegt ein nicht endenwollendes, tosendes Geschnattere einer unübersehbaren Menge von Marktfrauen, die alle auf ein kleines Geschäft hoffen. Fremdenlegionäre berichten von ihren Aktivitäten, das Tibesti von Minen zu räumen, eine unendliche Geschichte. Und ständig bläst der Wind. Faya kämpft mit Sand und Staub, die Dünen beginnen gleich hinter der ersten Häuserzeile am Markt...


Markttreiben in Faya
Unzählige bunt gekleidete Tubu-Frauen bestimmen das
Marktgeschehen in Faya



Faya, Marktplatz
Selten ist der Markt in Faya so leer wie jetzt




Auf nach Zouar!

Start zur nächsten Etappe nach Zouar ist heute um halb sieben. Unser neuer Führer, ein älterer angenehmer Tubu, spricht zwar kein Wort Französich, dennoch verstehen wir uns gut. Es geht auf engen Sträßchen durch die Palmengärten und bald sind wir wieder in der vom Sandsturm gepeinigten Wüste. Zu unserer Sicherheit nehmen wir nicht die alte Hauptpiste, diese ist auf weiten Strecken vermint, sondern wir fahren zunächst nördlich von ihr auf einer neu entstandenen Ersatzpiste. Nach 27 Kilometern sind wir wieder auf der alten Piste, auf der immer noch die hervorragend plazierten, 3 Meter hohen Eisenrohr-Balisen aus der Franzosenzeit stehen.


Ain Galaka
Ain Galaka erscheint wie ausgestorben


'minensichere Piste' am Westrand des Tibesti
Die 'minensichere Piste' schlängelt sich durch ein ausgedehntes
Gebiet von Diatomeenablagerungen


Die dunklen Berge des Tibesti im Osten scheinen nun zum Greifen nahe. Immer wieder queren wir kleine Trockentäler (Enneris) mit schönem Baumbestand. Dräuend führt ein wildes Enneri tief in die Bergwelt des Tibestis hinein, das Enneri Maro. Die Piste steuert die Ostspitze eines langen, markanten Dünenzuges an. Eine Barriere versperrt die Fahrt. Ohne Paßkontrolle durch den Militärposten dürfen wir weiterfahren. In Sherda das dritte große Militärlager. Es interessiert sich glücklicherweise kaum für uns Touristen. Nach 25 Kilometern steigt die halsbrecherische, ausgewaschene Piste steil hinauf auf das Plateau von Daski. Dort oben bietet sich uns ein phantastischer Blick auf die Vorberge des Tibesti und das weite Tal, in dem Zouar liegt.

Vorsichtig, um die Federn zu schonen (leider vergeblich, ein Federblatt mußte dran glauben, wie wir am Abend feststellen), geht es langsam Zouar entgegen. Unser erster Besuch gilt natürlich dem 'Poste Administrative', in dem Gaston seit 5 Jahren den Dienst als Secretaire versieht. Gaston ist uns in allen Belangen sehr behilflich. Wir erhalten die obligaten Stempel in den Paß, sogar ein Empfehlungsschreiben für den Kommandanten von Wour, tanken Diesel aus Fässern (900 FF pro Fass), füllen Wasser auf und besuchen den Autofriedhof General Leclercs, oder das was davon übrig geblieben ist. Der 'Chef de Lieu', dem unser anschließender Besuch gilt, versteht, daß wir keinen Führer bis Wour benötigen. 350 FF werden dennoch fällig. Es gibt dann noch eine Einladung in Gastons Familie, die wir reichlich beschenken, hat uns Gaston doch in allem sehr geholfen. Etwas außerhalb von Zouar finden wir einen pittoresken Lagerplatz am Fuße eines der großen Zeugenberge im Enneri Zouarke.


Zouarke, Tibesti
Pittoreske Berge im Zouarke bieten einen idealen Rastplatz


Nach kurzer Militärkontrolle am Ausgang der engen Schlucht, durch die eine neue Piste führt (um die Minenfelder an der alten Piste zu vermeiden) geht es über die Arkiafera-Ebene weiter nach Norden. Natürlich fahren wir nicht nach Wour hinein, das abseits der Hauptpiste versteckt in einem Seitental liegt. Wir queren das Flugfeld von Wour, mit der Angst im Nacken, wir könnten auf Minen geraten. Doch Glück gehabt! Etwa 15 bis 20 km später biegen die Spuren, denen wir folgen, noch Osten ab und zielen geradewegs auf den Eingang des Enneri Dazzeun.



Auf Schleichwegen zur Serir Tibesti

Laut unserer genauen Karte ist dies der einzige Durchschlupf durch das Massiv d'Abo, der nach Nord-Ost zur Serir Tibesti führt. Wenn wir hier unbeschadet durchkommen, sind wir unserem Etappenziel, dem Wau en Namus, ein entscheidendes Stück näher gekommen. Der Hauptpiste nach Norden, vorbei am Korizo-Paß und über El Wigh nach Gartrun zu folgen, verbietet sich von selbst. Die auf dieser Strecke stationierten Posten und Patrouillen wären wohl nicht damit einverstanden, daß wir auf diesem Weg nach Libyen einreisen.

Wir folgen einer ausgefahrenen Piste durch stellenweise sehr enge Täler und Schluchten, überqueren zwei niedrige Pässe und haben diese Passage nach fast 50 Kilometern Fahrt geschafft. Vor uns liegen nun ziemlich eng gestaffelte Berge. Wir verlassen die Piste und müssen uns nun den Weg querfeldein durch die Gebirgslandschaft selbst suchen. Das ist nicht so einfach, oft hat es den Anschein, es ginge nicht mehr weiter. Wir wissen aber: Je weiter wir nach Nord-Osten vordringen, umso leichter werden Orientierung und Wegsuche. Tatsächlich weiten sich die Berge, herrliche Sandfelder entschädigen uns für die Fahrt über steinige Berghänge. Wir suchen uns einen schönen Rastplatz inmitten Felder riesiger Granitknollen.


am Rande der Serir Tibesti, mit Ehi Araye
Weit östlich unseres Weges zum Wau en Namus
der markante Kegel des Ehi Araye.




Mörderisches Fech-fech

Bis zum Wau en Namus sind es es nur mehr 238 Kilometer in Richtung 23°. Diese Richtung ist leicht einzuhalten, gibt es doch keinerlei Hindernisse, die zu umgehen wären. Eine ernste Gefahr lauert hier dennoch: Wir geraten in eine weite Landschaft, in der sich unter einer solide erscheinenden Sandschicht puderweiches Fech-fech verbirgt. Der Toyota bricht da unvermittelt mit der Hinterachse durch die feste Sandkruste und wird erst einen halben Meter weiter unten mit einem harten Schlag auf die Federn aufgehalten. Ein zementartiges, gelb-grünliches Puder hüllt den Wagen in eine undurchdringliche Wolke ein. Aus diesen Löchern kann sich der Toyota nur mehr im Reduziergetriebe befreien. Und so geht es über 80 Kilometer: im Schrittempo, 2. Gang Reduziergetriebe, immer hoffend, daß die bereits angeknackste Feder nicht ganz ihren Geist aufgibt.

Endlich haben wir es überstanden. Nichts ist passiert, noch einmal Glück gehabt! Wir queren eine sehr stark befahrene Militärpiste, treffen auf ehemalige Panzer-Stellungen und sind sehr froh, etwa 30 Kilometer südlich des Wau en Namus auf die ersten schwarzen Aschespuren zu treffen. Von hier aus ist bereits die Spitze seines zentralen Kegels zu erkennen, in Richtung 24°!



Mücken am Wau en Namus

Unseren alten Rastplatz bei den Containern am Ostrand des Kraters verlassen wir fluchtartig, als wir sehen, welche Müllmassen dort inzwischen abgelagert wurden und Myriaden von Fliegen anziehen. Dazu kommen nach Sonnenuntergang noch Unmengen von Mücken. Wir flüchten zum benachbarten Salztonkrater: dort gibt es keine Mücken, keine Fliegen, dafür eine schöne Rundsicht!


Wau en Namus
Auch diesmal wieder ein überwältigender Anblick:
das gewaltige Kraterrund des Wau en Namus




Den Rasttag haben wir wir uns wahrlich verdient. Das Auto wird durchgecheckt, die kaputte Feder neu bandagiert, Haare gewaschen und anschließend relaxt. Die Reiseplanung sieht vor, vom Wau zu Jebel Maruf zu fahren, um von dort in ziemlich direkter Linie nach Norden zum Jebel Barrut zu gelangen. Nach unserer Traversierung vom Tibesti zum Wau sicher ein Kinderspiel.

Doch die Probleme beginnen bereits kurz hinter dem Waun en Namus, als wir der auf der Karte festgelegtem Kurs 84° zu stur folgen. Prompt geraten wir in die berüchtigten Fech-fech-Felder. Zehn Mal müssen wir das Auto total entsanden, bis wir, rückwärts fahrend, wieder einigermaßen festen Boden erreichen. Das soll uns eine Lehre sein. Wir halten uns jetzt an die Spuren zum Jebel Maruf. Von dort geht es aber wieder querfeldein auf die Piste zu, die uns zurück zum Jebel Barrut, dem 'interesting black mountain' führt.



Sandsturm!

Nach der Schaufelei gestern und aus Gründen der Tradition entschließen wir uns, hier am Berg schon etwas früher am Tag Rast zu machen. Das Wetter sieht auch nicht gut aus, irgend etwas liegt in der Luft. Lange brauchen wir nicht zu warten, und es wird klar, was kommt: Sandsturm! In der Ferne verdüstert sich der Himmel, eine dunkelbraune Wolkenwand schiebt sich uns entgegen. Eint toller Anblick, diese Naturgewalten! Doch dann erkennen wir, daß sich dieses Unwetter direkt auf uns zubewegt, schneller als es uns lieb sein kann. Mit Kartons, Plastikfolie und Tesaband können wir gerade noch unsere Windschutzscheibe abkleben und schon ist die Hölle los! Ein brutaler Hexensabbat bricht aus. Das Auto wird Hin und Her geworfen, Steine fallen von Jebel Barrut herab, Sandfontainen schießen gegen das Fahrzeug. Wir kauern hinter geschlossenen Scheiben, dennoch dringt feiner Staub durch die geschlossene Belüftung und sonstige Ritzen ins Innere. Die Sicht reicht gerade noch bis zu dem Felsen, an dem wir unser Auto geparkt haben. Wir können nur hoffen, daß dies alles bald vorüber ist, denn unter diesen Umständen ist an Schlaf nicht zu denken. Das Abendessen muß sowieso ausfallen.


Jebel Barrut: Sandsturm im Anmarsch
Am Jebel Barrut:
Gut vorbereitet sehen wir dem nahenden Sandsturm entgegen



Wider Erwarten beruhigt sich die Natur ein wenig, müde begeben wir uns zu Bett und schlafen trotz Gerüttele an unserem Wagen einigermaßen. Am nächsten Morgen sieht die Welt schon besser aus. Der Schutz der Windschutzscheibe hat gehalten, die Scheinwerfer sind aber nahezu blind. Es liegt noch jede Menge Staub in der Luft, das Wetter hat sich offensichtlich noch nicht beruhigt. Dennoch, wir fahren weiter.



Auf der Suche nach Sabah

Wir nehmen die Piste. Sie ist schnell und bequem, macht aber einen kleinen Umweg nach Nord-Ost. Da wir die Gegend zu kennen glauben, verlassen wir die Piste und fahren querfeldein Richtung Nord-West auf das Erdölfeld Sabah zu. Das hätten wir besser nicht tun sollen. Das Gelände ist unangenehm, nämlich uneben und unübersichtlich, der Sanddunst verdichtet sich wieder zum Sandsturm mit Sichtweiten von kaum mehr als 50 Metern, und - wir haben dummerweise keine exakten Koordinaten von Sabah, die wir in unseren GPS eingeben könnten! Dazu ist uns nur zu gut bekannt, wie problematisch das Gelände rund um Sabah ist.

So kämpfen wir im uns Schrittempo bei minimaler Sicht über eine Vielzahl weicher Rücken und sandiger Täler Sabah entgegen. Als es nach Karte schon längst da sein müßte, stehen wir an einem aufgelassenen Feldflughafen. Wo ist nur Sabah? Es gibt zwar unzählige Spuren, sie verlaufen aber in alle Richtungen. Wir beschließen, in der alten Richtung weiterzufahren. Auch nach 10 Kilometer noch keine Spur von Sabah. So langsam werden wir nervös. Immerhin haben wir die exakten Koordinaten von Zella und könnten dorthin sicher zurückfinden. Nur, die schnelle Piste von Sabah nach Zellah wollen wir nicht missen. Das häßliche Gelände von Sabah bis Zella hat der Teufel gesehen! Nun ist wieder eine steile Abfahrt in ein Wadi zu meistern. Gleich darauf geht es über einen weichen Rücken wieder bergauf. Und - es ist nicht zu glauben, 20 Meter vor uns steht einsam ein Strommast im Sandsturm! Überall sind plötzlich Spuren, eine ganze Reihe von Strommasten taucht unvermittelt auf, dann silberfarbene Erdöltanks. Nach 4 Kilometern passieren wir das Lagertor!

Bald rasen wir mit unglaublichen 60 Stundenkilometern , die Scheinwerfer voll aufgeblendet, auf breiter Piste nach Zella.



Reiseberichte Reiseliste Sahara