Der nachfolgende Bericht erschien erstmals 2000 auf Englisch in Chris Scotts
'SAHARA Overland' Reiseführer. Inzwischen hat sich die Lage
an der mauretanisch-marokkanischen Grenze normalisiert. Touristen
dürfen nunmehr die Grenze offiziell in beiden Richtungen passieren. Die
Minengefahr entlang der Piste besteht jedoch nach wie vor.
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Als wir im März 1999, am Ende einer 5-monatigen Reise durch Afrika, von
Nouamghar aus die Minenfelder querten und Fort Guerguarat ansteuerten, war dies
ein sehr seltsames Erlebnis. Wir wissen auch heute noch nicht so recht, wie die
Situation an der Grenze wirklich einzuschätzen war.
Obwohl wir zuverlässige GPS-Koordinaten hatten, entschieden wir uns
sicherheitshalber, einen Führer anzuheuern. Wir hatten den fliegenverseuchten
Zeltplatz von Terjit Vacances am Strand von Nouakchott aufgesucht, um dort unsere
ersten Kontakte zu knüpfen. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis
wir von einem symphatischen Mauren angesprochen wurden, der uns ein paar
Empfehlungsschreiben zeigte. Da wir einen der Schreiber kannten, vertrauten wir ihm.
Sonntägliches Treiben am Strand von Terjit Vacances.
Die tiefen Spuren führen nordwärts nach Nouamghar
Bevor er für uns tätig werde könne, müsse er sich noch über
die aktuelle Lage im Grenzgebiet erkundigen. Es stellte sich aber rasch heraus,
dass er nicht wirklich ausreichend Erfahrung hatte, um uns durch die Minenfelder
nach Marokko zu führen. Er gab dies auch unumwunden zu und empfahl uns einen
gewissen Ahmed. Im gleichen Atemzug erklärte er, dass er einige Telefon- und
Faxkosten zu begleichen hatte, um in Bou Lanouar (einem kleinen Dorf mit
Militärposten ca. 95km nördlich von Nouadhibou, wo sich die Pisten von
Nouadhibou, Choum und Nouakchott treffen) seinen Vertrauensmann zu kontaktieren,
der ihn über die aktuelle Situation an der Grenze informieren sollte.
Von dort hätte er dann erfahren, dass sich die Situation seit der letzten
Überquerung, die er zusammen mit Ahmed vor einigen Wochen unternahm, stark
geändert hätte. Wir übernahmen diese 'Kosten' ohne zu zögern,
weil der von ihm empfohlene Ahmed einen ausgezeichneten Eindruck machte und wir
froh waren, jemanden gefunden zu haben, der uns sicher über die Grenze
schleusen könnte.
Die Taktiken, die Ahmed anwendete, um uns unbemerkt vom allgegenwärtigen
mauretanischen Militär durch die Minenfelder nach Marokko zu schleusen,
erwiesen sich als profilike. Wir starteten um 15.00 Uhr bei der
'Auberge Centrale' nahe der chinesischen Botschaft in Nouakchott, warteten dann
am Atlantikstand ca. 20km weiter nördlich auf die Ebbe und fuhren dann los.
Dabei lernten wir, so knapp wie nur möglich an der Wasserkante zu fahren,
ohne in Pfützen zu geraten. Wir lernten auch, armdicke, in Hüfthöhe
gespannte Ankertaue zu umgehen, mit denen landeinwärts gelegene Fischerboote
festgemacht waren.
Vorsicht! Ankertau blockiert Spülsaum
Als wir in Nouamghar ankamen war es bereits dunkel und am nächsten Morgen
ging es weiter Richtung Norden, bis wir zu jenem berühmten Einsiedler kamen,
der seit langem in einer bescheidenen Hütte im Schatten eines Baumes hinter
einer Düne lebt. Nach einer langen Siesta, es war bereits später Nachmittag,
ging es weitere 30km nordwärts, bis wir ein Versteck erreicht hatten, von dem
aus wir unentdeckt die Eisenbahnstrecke in der Ferne beobachten konnten. Wir warteten
bis es dunkel wurde und fuhren die letzten 5 km an diesem Tag bis zu einem einsamen
Zelt, das sich 50 Meter südlich der Gleise bei PK79 befand. Hier verbrachten wir
die Nacht bei Ahmeds Freunden.
Rast bei Einsiedelei
Am nächsten Morgen waren wir schon um 6.30 Uhr auf den Beinen. Eine Stunde
später - es war noch dunkel - machten wir uns auf den Weg. Wir fuhren etwa
4 km auf der südlichen Seite der Gleise und kreuzten diese bei PK75. Dann
änderte sich die Richtung und es ging 10km nach Norden, später bogen
wir Richtung West ab.
Wegen des dichten Nebels war die Sicht sehr schlecht, was aber auch bedeutete,
dass man uns genausowenig sehen konnte. Wir folgten einigen sehr alten Pisten,
auch einer stark befahrenen Piste und trafen zweimal auf die alte, verfallene
spanische Teerstraße. Ab und zu kreuzten wir Sandfelder, auf denen gar keine
Spuren zu erkennen waren. Das war der kritischste Abschnitt auf der 40km langen
Fahrt von PK79 nach Fort Guerguarat.
Alte spanische Teerstraße durch Minenfelder
Hier griff mir Ahmed sogar einmal ins Steuer, um den Toyota über ein total
gleichförmig erscheinendes Sandfeld in Kurven zu führen! Ich weiß
nicht, warum er das getan hat und wie riskant diese Fahrt wirklich war. Ich denke
aber schon, dass es gefährlich war, dennoch fühlten wir uns sicher und
rechneten nie damit, auf eine Landmine zu fahren, wie es anderen ja schon des
öfteren passiert war.
Obwohl ich unsere Route sehr exakt mit GPS-Koordinaten dokumentiert hatte, würde
ich mich beim nächsten Mal nicht unbedingt darauf verlassen. Sicherlich
würde ich die Dienste Ahmeds sofort wieder in Anspruch nehmen. Er verlangte
1.000FF - 200 im voraus und 800 bei der Ankunft in Fort Guerguarat, was uns
angemessen und fair erschien.
9.00 morgens erreichten wir wohlbehalten das marokkanischen Fort und verabschiedeten
uns von Ahmed. Er hatte Glück
und wurde gleich von einem mauretanischen Freund mitgenommen, der im Richtung
Süden fahrenden Konvoi unterwegs war. Am Parkplatz neben dem Fort
warteten ungefähr ein halbes Dutzend Touristenautos auf die Erlaubnis, nach
Marokko einzureisen. Am nächsten Tag um 15.00 Uhr machte sich unser kleiner
Konvoi, der von einem marokkanischen Beamten mit unseren Pässen begleitet
wurde, auf den Weg nach Dakhla.
Am Morgen darauf hatten wir unsere liebe Not, die Pässe zurückzuerhalten
und die Zollformalitäten zu
erledigen. Was die marokkanischen Grenzbeamten betrifft, so waren wir über
ihre Freundlichkeit, Korrektheit und Hifsbereitschaft sehr beeindruckt. Aus
Afrika kommend war es für uns eine ganz neue Erfahrung, nicht nach Geld oder
'Cadeaux' angehauen zu werden und sogar Englisch mit ihnen sprechen zu
können!
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