| Hart am Rande des Untergangs 
 Mit der Dhau von Djibouti nach Mokha
 
 © Reinhart Mazur, 2003-2008
 
 
 
 
 
	   
	   
        Khartoum, Saudi-Arabische Botschaft
	   
 Zu Hunderten drängen sich dichte Trauben weißgewandeter 
		Sudanesen um die beiden Schalter, in denen Visaanträge entgegengenommen 
		werden. Tapfer schieben wir uns durchs Menschengewühl der Pforte des 
		Botschaftsgebäudes entgegen und bitten den englischsprechenden Bediensteten 
		um Visaantragsformulare. Kein Poblem, heute nachmittag können wir die 
		Visas abholen! Schnell ist alles ausgefüllt, die erforderlichen 
		Unterlagen werden beigefügt und schon stehen wir wieder an der Pforte. 
		Groß ist die Enttäuschung, uns hinten in die Schlange der Wartenden
        einreihen zu müssen, nachdem klar wird, daß wir trotz unserer 
		roten Pässe keinen Diplomatenstatus haben, was wir aber auch nie 
		behauptet hatten. Das Visum gibt es dann auch nicht am Nachmittag sondern 
		erst in zwei Wochen, inschaallah. Das ist uns zu lang und zu unsicher. 	Wir verzichten 
		daher auf die sichere Alternative, das Rote Meer auf dem Weg nach Jordanien 
		von Port Sudan nach Djeddah zu queren und verlassen uns auf unser Glück, 
		eine Überfahrt von Djibouti in den Yemen zu finden. Angeblich gibt 
		es dort eine RoRo-Fähre.
 
 Vier Wochen später haben wir Äthiopien hinter uns gelassen und 
		fiebern dem exotischen Djibouti entgegen. Die Grenze bei Ali Sabieh
        ist stark befestigt, das Gefängnis gut gefüllt. Durch die massiven 
		Gitterstäbe recken sich uns dutzende Hände verzweifelter illegaler 
		äthiopischer Grenzgänger entgegen, die Essen, Getränke 
		oder Geld fordern. Auch wir lernen bald die Eigenheiten der Grenzbeamten 
		Djiboutis kennen. Sie sind nicht unfreundlich, sie wollen lediglich Geld 
		als Buße für das Fehlen angeblich erforderlicher Fahrzeugpapiere. 
		10 Dollar wechseln den Besitzer und wir dürfen weiter.
 
 
 
 In Djibouti
 
 Die Stadt Djibouti ist auf einer guten Teerstraße nach 80 Kilometer zu
        erreichen. Wir ziehen es aber vor, schon vorher im Urlaubsresort der Fremdenlegion, 
		hoch oben in den Bergen bei Arta, einen Stop einzulegen. Die Unterkunft 
		ist nicht billig, wir genießen aber den spektakulären Blick 
		hinunter auf den Golf von Arta, die heiße Dusche und das französische 
		Essen im Restaurant. Wir fallen hier sehr auf mit unserem Reise-Toyota, 
		unter all den kahlgeschorenen Legionären und Soldatenbräuten.
 
 Natürlich sind wir schon sehr gespannt auf das alte Djibouti. Am 
		nächsten Vormittag ist es soweit: durch ein unüberschaubares Meer 
		elendster Bretterbuden geht es der Stadt entgegen. Und am Ortseingang 
		lauern auch schon die Bullen: Pässe, Visa, Autopapiere und - Versicherung! 
		Haben wir leider noch nicht, an der Grenze und sonstwo auf dem Weg hierher 
		keine Chance, eine Versicherung abzuschließen. Das übliche Spiel. 
		Irgendwie gelingt es uns dann doch, die Forderung nach Bezahlung einer 'amende' 
		zurückzuweisen.
 
 
 
 Gamdan, Motor-Dhau No. 10317
 
 Nun konzentrieren wir uns auf den Hafen. Wir wollen zuerst 
		mal die Lage peilen und Informationen einholen. Dabei steht natürlich 
		das Auffinden des Ticket-Büros der Fähre nach Aden auf unser Liste 
		der 'action items' an oberster Stelle. Im überschaubaren Hafen 
		fahren wir soweit vor, bis wir am Tor sind und nicht weitergelassen
        werden. Die Frage nach der Fähre wird mit verständnislosem 
		Kopfschütteln beantwortet. Also zurück, wir suchen uns einen 
		schattigen Parkplatz. Von dort machen wir uns auf die Suche einer Schiffsagentur. 
		Wir landen beim Zoll. Schnell bietet sich Hilfe an. Einer der Beamten 
		kennt jemanden, der uns helfen könnte. Es kommt Mohamed Ali Hasan, 
		ein junger Bursche, der angeblich schon mehreren Touristen bei der 
		Überfahrt in den Yemen behilflich war. Mit ihm fahren wir ins abgesperrte 
		Hafengelände zu einer Mole, an der ein buntbemaltes Holzschiff liegt, 
		vielleicht fünfzehn Meter lang und knapp sechs Meter breit. Eine 
		yemenitsche Motor-Dhau, namens Gamdan (Register-Nummer 10317), 
		die schon am nächsten Morgen nach Mokha fahren wird. Das wäre 
		doch eine schöne Gelegenheit, denken wir.
 
 Der Kapitän erklärt sich einverstanden, das Auto und uns mitzunehmen. 
		Kostet 500 USD! Einverstanden. Wir sollen morgen um 9.00 Uhr das Fahrzeug 
		zur Kranverladung am Kai bereitstellen. Unglaublich, wie schnell das geklappt 
		hat! Was wir aber noch an Mühen und Ängsten auszustehen
        haben werden, ahnen wir in dem Moment nicht. Mohamed verspricht, morgen 
		pünktlich dazusein und alles Notwendige zu arrangieren. Klar, 
		daß ihm als 'Helper' für seine Dienste Lohn gebührt.
 
 
 
 Als Gast beim Bruder des Präsidenten der Republik
 
 Es ist inzwischen Nachmittag geworden, wir müssen uns nach einer Unterkunft 
		umsehen. Die Polizei am Hafentor läßt uns passieren. Im einzigen
        5-Sterne-Hotel wollen wir nicht absteigen, in einem der zahlreichen zweifelhaften 
		Etablissements genauso wenig. So akzeptieren wir Mohameds Angebot, bei 
		seinem Freund im Hof zu stehen. Wie sich herausstellt, ist das eine günstige 
		Übernachtungsmöglichkeit: in unmittelbarer Nähe von Zoll 
		und Hafen, im abgeschlossenen, asphaltierten Hof einer Transportgesellschaft 
		(OKAR-Transit) unter einem schattigen Baum, mit sauberer Dusche und WC. 
		Statt der geforderten 50 USD gibt man sich mit 20 Dollar zufrieden. Der 
		Eigentümer der Transport-Firma, Salah Omar Guelleh, Bruder des Präsidenten 
		von Djibouti lädt zum Tee. Er verdient ganz gut im Geschäft
		mit Tee aus Ostafrika.
 
 Da es morgen völlig unerwartet bereits losgehen soll, nutzen wir die 
		letzte Gelegenheit, uns in Djibouti ein wenig umzusehen. Mit dem Sammeltaxi 
		geht es ins Zentrum. Der Charakter der französisch-inspirierten Kolonialstadt 
		mit ihren alten, morbid-romantischen Häusern ist beeindruckend. Auf 
		dem Markt buntes Treiben von Afar und Issas, die ihr reichhaltiges Angebot 
		an Obst und Gemüse anbieten. Unter den Kunden sind auffällig viele 
		Französinnen jüngeren Alters, wohl die Frauen der hier stationierten
        Soldaten. Wir decken uns für die nächsten Tage reichlich ein und 
		genießen die exotische Atmosphäre dieser Stadt.
 
 
 
 Kraneigentümer gesucht
 
 Nach angenehmer Nacht geht es am frühen Morgen zum Hafentor, um nur ja 
		rechtzeitig für die Verladung bereit zu stehen. Es ist 9 Uhr, von 
		Mohamed, unserem Helfer, nichts zu sehen. Es wird 10 Uhr, nichts. Ich 
		gehe zum Zollgebäude, wo uns Mohamed empfohlen wurde. Niemand weiß, 
		wo er stecken könnte. Um 11 Uhr platzt mir der Kragen. Ich engagiere 
		einen anderen Helfer. Mit ihm mache ich mich auf die Suche nach einem
        Kranwagen, der genügend Tragkraft hätte, um unser schweres Auto 
		sicher an Bord der Dhau zu heben. Es beginnt eine Odyssee durch die 
		verschiedensten Transportfirmen im Bereich des Hafengeländes. Es sieht 
		schlecht aus. Niemand hat einen entsprechenden Kran und ein passendes Ladegeschirr.
 
 Ziemlich ratlos stehen wir am Kai, als Mohamed gegen Mittag endlich daherkommt. 
		Angeblich hätte er alles schon vorbereitet, wie versprochen. Der Kran 
		sei organisiert, der Fahrer wäre auch bereit, unseren Toyota zu verladen, 
		dieser hätte aber keinen Schlüssel zu seinem Kran. Das heißt, 
		wir müssen zur Eigentümerin des Krans in der Stadt fahren, um 
		von ihr den Schlüssel zu holen. Also wieder zum Hafentor. Und diesmal 
		gibt es richtig Ärger! Wer uns erlaubt hätte, das Zollgelände 
		zu verlassen. Ein Riesenauflauf, Polizei erscheint. Wir müssen mit 
		zum Revier. Nach einigen Diskussionen dürfen wir das Hafengelände 
		verlassen.
 
 Die Suche nach der Kranbesitzerin gestaltet sich schwierig. Sie ist nirgendwo 
		aufzutreiben. Immerhin versichert man uns, daß sie, sobald sie auftauchen
        würde, von unserem Anliegen informiert würde. Ob das klappt? Inzwischen 
		ist es schon 2 Uhr. Wir haben nun einen Kran, allerdings  ist dieser noch 
		nicht betriebsbereit. Wir brauchen noch ein ausreichend schweres Ladegeschirr. 
		Wiederum durchstöbere ich alle Transportfirmen, diesmal mit Mohamed. 
		Und tatsächlich, es gelingt uns, eines aufzutreiben. Dieses war
        offensichtlich schon Jahre nicht mehr benutzt worden, vielleicht deswegen, 
		weil es so vergammelt aussieht. Wir nehmen es, wir haben keine andere Wahl.
 
 Bei der Rückkehr zum Auto gibt es wieder Ärger. Ein Haufen 
		Männer balgt sich darum, als 'Lademannschaft' engagiert zu werden, 
		und zudem hetzt unser zweiter Helfer alle Umstehenden gegen Mohamed auf, 
		der ja so unzuverlässig sei und nur Geld kassieren wolle. Der für 
		diesen Kai zuständige Lademeister hat sich inzwischen für eine 
		handvoll Männer entschieden, die beim Verladen des Autos mithelfen 
		sollen. Die ausgesonderten stehen grollend abseits.
 
 Es ist nicht zu fassen, 
		um 3 Uhr kommt der Schlüssel für den Kran. Es kann losgehen. 
		Bis es soweit ist, wird noch eine LKW-Ladung Säcke mit Bohnen im Rumpf 
		der Dhau versenkt. Inzwischen haben wir Zeit, uns bei der Hafenpolizei 
		als Abreisende zu registrieren. Dann geht es zum Hafenzoll wegen des Fahrzeugs. 
		Der Beamte will das Carnet sehen. Mit scharfem Blick erkennt er sofort, 
		daß wir keinen Einreisestempel haben. Das gibt wieder Ärger.
        Schließlich akzeptiert er unsere Erklärung, daß bei 
		der Einreise in Ali Sabieh die Abfertigung des Carnets mangels Zollbüro 
		nicht möglich war. Ein Ausweg bietet sich an (sogar ohne cadeau): 
		es gibt sowohl Einreise- als gleichzeitig auch den Ausreisestempel 
		ins Carnet. Wir haben nichts dagegegen.
 
 Nach einigem Suchen finden wir auch den Polizeiposten im Hafengelände, 
		der den Ausreisestempel in den Paß drücken wird. Die ausgefüllten 
		Zettel mit den Pässen verbleiben bei den Beamten. Ihrer Bemerkung, sie 
		würden zu uns kommen und uns die Pässe an der Dhau zurückgeben 
		stehen wir sehr skeptisch gegenüber. Wir können es aber nicht 
		ändern. Wir haben keine Pässe mehr!
 
 Die Bohnensäcke sind inzwischen verstaut und der hagere yementische 
		Kapitän erwartet schon unwirsch unsere Rückkehr. Bevor er das 
		Auto an Bord hieven läßt, will er Geld sehen. Das liegt auch 
		in unserem Interesse. Sogleich tritt die Lademannschaft in Aktion, 
		kommandiert vom Lademeister. Der Kapitän kümmert sich nicht 
		um den Ladevorgang, er ist wieder in seiner Kabine verschwunden, 
		um weiter an seinem Stapel Khat-Blätter zu kauen.
 
 
 
 Die Verladung: reine Nervensache
 
 
 
		|   |  | Es ist geschafft! Das Auto hängt endlich am Haken.
 Der Lademeister (Mitte) dirigiert seine Mannschaft
 |  
		
		Die Lademannschaft erweist sich als erfahren. Um 4 Uhr steht unser Toyota 
		auf den löchrigen Holzplanken der Dhau und zwar quer zur Fahrtrichtung, 
		so, daß bis zu den Bordwänden rechts und links gerade mal 
		zwanzig Zentimeter frei bleiben. Das wäre also geschafft! Nun
        geht es ans Bezahlen. Der Lademeister wird als erster entlohnt. Mit der 
		an der Verladung beteiligten Männern prügeln sich auch jene um 
		das zu erwartete Geld, die nicht engagiert wurden. Die Polizei wird gerufen 
		und schreitet brutal ein. Jetzt ist vorerst mal Ruhe und eine weitere Summe 
		von Dollars wechselt den Besitzer. Den größten Batzen streicht der
        Kranfahrer ein. Zum Schluß gibt es noch eine heftige Rangelei zwischen 
		Mohamed und dem anderen Helper. Mohamed gelingt es, diesen aus dem Feld zu 
		schlagen und kassiert seinen Lohn für geleistete Dienste. Der Zahlmeister 
		der Dhau kommt natürlich auch noch und kassiert für die Passage 
		von uns zwei Passagieren noch einmal extra.
 
 
 
   Noch halten die Taue des Ladegeschirrs.
 
 
 
   Ein letzter Ruck und das Auto kracht auf die Planken der Dhau
 
 
 
   Kaum zwanzig Zentimeter trennen das Fahrzeug von den Bordwänden.
 Die losen Bretter auf dem Gestell werden zur tödlichen Gefahr für die Passagiere
 
 
 An die 20 weitere Passagiere, in der Mehrzehl Yemeniten, haben sich unterdessen 
		eingefunden, sie alle wollen nach Mokha mitfahren. Tatsächlich erscheint nun auch die
		 Grenzpolizei, sogar mit unseren Pässen! Alle müssen sich in Reihe aufstellen,
        die Namen der Passagiere werden vorgelesen, die dazugehörigen Pässe 
		übergeben. Jeder hat danach sofort an Bord zu gehen. Um halb sechs legt 
		die Dhau ab. Wir haben es geschafft, denken wir. Das Schlimmste soll uns 
		erst noch bevorstehen!
 
 Als wir sehen, wie die Matrosen gleich damit beginnen, lange Planen entlang 
		der Reeling zu vertäuen, denken wir uns noch nichts. Die Überfahrt 
		soll angeblich ruhig werden und nach 12 Stunden sollen wir Mokha erreicht haben. 
		Reine Routine.
 
 In langsamer, ruhiger Fahrt erreichen wir das Ende des Hafenbeckens. Da 
		ändert sich die Situation spürbar: die kristallklare, türkis-farbene 
		See wird rauher, die Dhau fängt an zu schlingern. Mit dem GPS-Handy 
		verfolge ich Kurs und Geschwindigkeit. Die Richtung stimmt, wir fahren mit 9
        Knoten. Doch nicht lange. Dann stoppen wir vor einem schwimmenden Kontrollposten 
		der Polizei. Die untersucht noch einmal Ladung und Passagiere. Alles ok, 
		jetzt geht es mit Volldampf, das heißt mit 10 Knoten, los.
 
 
 
 Hart am Rande des Untergangs
 
 Je weiter wir uns von Land entfernen, umso unruhiger wird die See. Uns 
		schwant nichts Gutes. Kein Grund zur Aufregung, bedeutet man uns. Die 
		Mannschaft kocht auch in aller Ruhe ihr Abendessen und lädt uns sogar 
		ein, daran teilhaben. Wir verzichten dankend, wohl wissend, daß 
		wir das Essen nicht lange bei uns behalten würden...
 
 Die Dunkelheit ist hereingebrochen, der Sternenhimmel glitzert. Uns ist 
		es ziemlich mulmig geworden. Hohe Wellen rollen von rechts aus dem Indischen 
		Ozean heran. Die Dhau schwankt beängstigend von rechts nach links 
		um ihre Längsachse. Der LandCruiser ist zwar mit Seilen an der Reeling 
		gut befestigt, zudem sind die Räder mit Bohnensäcken blockiert.
        Trotzdem ich die Untersetzung im 4WD eingeschaltet und die Handbremse 
		bis zum Gehtnichtmehr festgezogen habe, bewegt sich das Auto bedenklich 
		nach vorne und hinten. Mal zeigt die Motorhaube in den Zenit, mal in die 
		unergründlichen Tiefen der schwarzen Wassermassen. Der Horizont 
		schwankt wie verrückt, jegliche Orientierung haben wir inzwischen 
		verloren.
 
 Ans Schlafen auf der bequemen Liegefläche im LandCruiser ist nicht zu denken. Ich 
		sitze im Auto, die Tür geöffnet, um eine Chance zu haben abzuspringen, 
		falls es über Bord geht und drücke ständig die Fußbremse, 
		während Gerti auf den Planken kauert, zugedeckt mit einer riesigen
        blauen Verpackungsfolie. Sie wagt es nicht, den Kopf herauszustrecken, 
		zu gräßlich ist das Schwanken der Dhau. Auch ich tue mich schwer, 
		die Augen zu öffnen, denn dann habe ich den Untergang direkt vor mir. 
		Nur ab und zu wage ich einen Blick auf den GPS, um zu sehen, wie wir 
		vorankommen. Dabei erkenne ich, daß wir keinen geraden Kurs fahren 
		und auch die Geschwindigkeit stark variiert. Das liegt daran, daß 
		der Steuermann sehr geschickt versucht, den größten Wellen, 
		die nun auch von vorne kommen, seitlich auszuweichen. So geht es halt 
		des öfteren rechtwinklig zu unserem eigentlichen Kurs. Dennoch bleiben 
		wir von gewaltigen Brechern nicht verschont. Dann ächzt die Dhau 
		schreckenerregend, so als bräche sie jeden Moment auseinander und ein 
		Schwall Meerwasser ergiest sich über Auto und Passigiere, 
		die nun eng gedrängt aneinander kauern.
 
 
 
 Piraten?
 
 Die Positionslichter wurden gelöscht. Wir wissen nicht warum. Wir 
		ahnen aber, daß dies mit der akuten Bedrohung durch Piraten zu tun 
		haben könnte, die hier am Bab el Mandeb ihr Unwesen treiben. Unsere
        Hoffnung ist, endlich das Rote Meer zu erreichen, wo wir uns weniger Wellen 
		erwarten. Doch weit gefehlt! Jetzt geht es erst richtig los. Enorme Brecher 
		lassen die Dhau erzittern. Auch wir zittern: um unser Leben. Die schlimmste 
		Nacht, die wir je mitgemacht haben. Wir glauben nicht, mit dem Leben davon 
		zu kommen, zumindest scheint der Verlust des Toyota durch Untergang
        unausweichlich.
 
 Als es plötzlich doch wieder ruhiger wird, zeige ich dem Steuermann 
		die auf dem GPS ausgewiesen Daten (Kurs, Entfernung, Fahrzeit) nach Mokha. Er ist 
		heilfroh, richtig zu sein! Bald  sind wir dem Meer in der altgewohnten Weise 
		wieder ausgeliefert. Kurzen Augenblicken relativer Ruhe folgen fürchterliche 
		Donnerschläge. Ich kann es kaum glauben, daß das Auto
        noch nicht über Bord gegangen ist. Hin und wieder schleicht ein Matrose 
		um das Auto herum, um sich zu vergewissern, daß dieses noch gut 
		vertäut ist. Wir sind dafür dankbar!
 
 Als ich sehe, daß die über den am Boden kauernden Passagieren 
		an einem Gestell angebrachten schweren Bretter herunterzurutschen und sie 
		dabei zu erschlagen drohen, betägige ich mehrfach meine laute Hupe. 
		Große Aufregung, alle meinen, jetzt ist es soweit, die Dhau geht unter. 
		Die Matrosen kommen verschlafen angestürzt und wollen wissen, was 
		los sei. Ich zeige auf die Gefahr, die über den Köpfen der 
		Passagiere schwebt und sie atmen erleichtert auf, denn das ist für 
		sie keine Gefahr...
 
 
 
 Dem Tanker entkommen
 
 Irgendwie muß ich doch ein wenig Schlaf gefunden haben, denn als 
		ich mich traue, kurz die Augen zu öffnen, meine ich, nicht richtig 
		zu sehen. Ein gewaltiger Öltanker hält genau auf uns zu und es 
		würde nicht mehr lange dauern, bis er uns in den Wogen untergepflügt 
		hätte. Mit äußerster Kraftanstrengung (11 Knoten) gelingt 
		es der Mannschaft, dem Tanker gerade noch seitlich zu entkommen.
 
 Wir warten schon sehnlichst auf den Sonnenaufgang. Dann - so hoffen wir - 
		werden die Wogen und das Schwanken der Dhau nicht mehr so schlimm zu ertragen sein. 
		Doch irgendwie haben wir uns an die mißliche 
		Lage schon ein wenig gewöhnt. Zwölf Stunden sind wir nun schon 
		unterwegs, wir sollten also schon längst da sein. Doch drei lange Stunden 
		stehen noch bevor.
 
 Am frühen Morgen erkennen wir, daß wir zur Küste hin fahren, 
		aber in eine Richtung, die niemals nach Mokha führt. Sollten wir etwa 
		Hodeida ansteuern? Es zeigt sich später, daß eine direkte Fahrt nach Mokha 
		gar nicht möglich ist, da der Küste Korallenriffe vorgelagert 
		sind, die ein Durchkommen nicht erlauben. Wie wir in einer ruhigen Minute an Land von einem 
		Yemeniten erfahren, der oft auf dieser Strecke unterwegs ist, hatte er 
		das Vergnügen, das schon viele Menschen vor ihm da erlebten, nämlich 
		schiffbrüchig zu werden. Stundenlang mußte er durch die 
		haifischverseuchten Küstengewässer schwimmen, um letztlich 
		doch noch mit viel Glück lebend das Land zu erreichen.
 
 Wir fahren also an Mokha vorbei und wissen nicht genau warum. Irgendwann einmal 
		ändert der Steuermann den Kurs, es geht der Küste zu, die See 
		wird wieder ruhig und türkisklar und wir fahren in den winzigen, aber 
		modernen Hafen von Al Mokha ein! Das hätten wir uns nicht mehr träumen 
		lassen! Welch ein lächerliches Problem, auch hier wieder einen Kran und eine
        Lademannschaft organisieren zu müssen, verglichen mit der Lebensgefahr, die wir nun 
		glücklich überstanden haben.
 
 
 
 Glücklich im Yemen!
 
 Erstaunlicherweise ist hier alles sehr gut organisiert. Nach einer Stunde steht
        unser Toyota wieder auf festem Grund, etwas lädiert zwar, da das einzig 
		vorhandene Ladegeschirr für unser voluminöses Auto zu klein war. 
		Die Polizeikontrolle ist angenehm und schnell, der Zoll etwas umständlich 
		aber nicht schikanös. Wir sind frei und können wieder fahren. 
		Es ist herrlich, im Yemen zu sein!
 
 
 
 
 
 
 
				
		
        Aufstellung der Transportkosten Djibouti - Al Mokha (Yemen)
		
 
 
		
	 	 
		
		| Djibouti | Al Mokha |  
		| 500 USD Fahrzeugtransport 60   USD Überfahrt für 2 Passagiere
 140 USD Kran
 30   USD Ladegeschirr
 10   USD Lademeister
 50   USD Lademannschaft
 70   USD Helfer
 
 in Summe: 860 USD
 | 140 USD Kran 20  USD Lademeister
 10  USD Ladearbeiter
 20  USD Hafengebühr
 10  USD Zoll
 10  USD Helfer
 
 
 in Summe: 210 USD
 
 
 |  
		 		 
		 GESAMT: 1.070 USD
		 
 
 
 
 |