Mit dem Toyota LandCruiser unterwegs
Vom Pamir zum Karakorum
© Reinhart Mazur, 2002-2008
Von März bis Juli 2002 unternahmen wir mit dem Toyota LandCruiser HZJ75 eine 30.000 km
Tour entlang der Seidenstraße, über den Pamir-Highway (Tadjikistan) und weiter über den
Karakorum-Highway nach Pakistan und den Iran. Die Reiseroute im einzelnen:
Nussdorf/Attersee - Szeged - Timisoara - Sofija -
Istanbul - Ankara - Kayseri - Elazig - Diyarbakir - Van - Dogubayazit - Orumiye
- Takab - Hamadan - Esfahan - Yazd - Shiraz - Darab - Bandar Abbas - Hormuz -
Bam - Kerman - Deyhuk - Gonabad - Mashad - Ashgabad - Mary - Margush - Darvaza
- Kone Urgenc - Nukus - Urgenc - Chiva - Buchara - Guzar - Samarkand - Tashkent
- Serabad - Denau - Oybek - Dushanbe - Kuljab - Dushanbe - Sagirdasht - Kalaikum
- Chorog - Murgab - Sary Tash - Osh - Tash-Kömür - Toktogul - Bishkek - Balykchy
- Karakol - Kochgor - Naryn - Torugart-Pass - Kashgar - Taxkorgan - Kunjerab-Pass
- Gilgit - Abbot Abad - Islamabad - Mianwali - D I Khan - D G Khan - Loralai -
Quetta - Dalbandin - Taftan - Zahedan - Birjand - Tabas - Yazd - Kashan - Qom -
Teheran - Qazvin - Rasht - Astara - Ardabil - Tabriz - Orumiye - Serou - Van -
Elazig - Nemrud Dag - Adiyaman - Gaziantep - Silifke - Antalya - Bodrum - Izmir -
Canakkale - Kesan - Alexandroupolis - Thessaloniki - Skopje - Nis - Beograd -
Zagreb - Maribor - Graz - Nussdorf
Ausführliche Reiseinformationen finden Sie
hier
Aufbruch
10.000 km liegen bereits hinter uns, als wir Anfang Mai 2002 von Tashkent aus zu
einer Etappe mit unsicherem Ausgang aufbrechen. Informationen über unser nächstes
Ziel Tadjikistan waren zu Hause kaum verfügbar, dafür aber gab es jede Menge wenig
ermutigender Gerüchte. Wir haben schon die Visas in der Tasche, als unseren
Hoffnungen ein arger Dämpfer versetzt wird. Angeblich würden nur Fahrzeuge von
Diplomaten und Hilfsorganisationen ins Land gelassen, jedoch keine
Touristenfahrzeuge. Dennoch, wir lassen es darauf ankommen!
Wo ist nur die Grenze?
Und tatsächlich gibt es Probleme! Die ersten der drei angefahrenen Grenzübergänge
sind nur, obwohl sie an der Hauptstraße M34 liegen, nur für den lokalen
Grenzverkehr geöffnet. Nach langem Herumirren bringt uns endlich ein uzbekischer
Autofahrer gegen Bezahlung zum internationalen Grenzposten bei Oybek. Von dort
können auch wir Ausländer über Bustan nach Tadjikistan einreisen. Die
Ausreiseformalitäten verlaufen sehr freundlich, obwohl niemand versteht, was
uns nach Tadjikistan ziehen könnte. Daß wir als Touristen dorthin wollen,
trifft auf völliges Unverständnis. Genauso angenehm ist der Empfang durch die
tadjikischen Grenzbeamten. Zwar gestaltet sich die Konversation mangels
Russisch-Kenntnissen ziemlich schwierig, doch schließlich begreifen wir, was
man uns sagen möchte: die einzige Straßenverbindung nach Dushanbe über den 3400
m hohen Anzob-Paß ist wegen ungewöhnlich ergiebiger Schneefälle immer noch
gesperrt. Mit einer Räumung der Schneemassen wird in etwa 2 Wochen gerechnet. So
lange können wir nicht warten, wir müssen daher zurück nach Uzbekistan und
einen anderen Grenzübergang im Süden nehmen. Doch unser uzbekisches Visum ist
bereits ausgestempelt! Uns bleibt also nichts anderes übrig, als kleinlaut
wieder zu den Uzbeken zurückzufahren. Dort empfängt uns ein freundliches Hallo!
Man hatte schon damit gerechnet, uns wiederzusehen. Eine höfliche Bitte und der
Grenzbeamte annulliert den Ausreisestempel. Wir sind wieder im Land!
Um den anderen internationalen Grenzübergang bei Sariosiyo zu erreichen, müssen wir einen
weiten Umweg bis fast an die afghanischen Grenze bei Termiz machen. Jetzt,
beim fünften Versuch nach Tadjikistan einzureisen, haben wir Glück. Niemand
erhebt Einwände gegen die Einreise eines Touristenfahrzeugs, man möchte jedoch
das Carnet abstempeln. So gestaltet sich die Einreise schnell und
unproblematisch. Seit dem Ende des Bürgerkrieges vor sieben Jahren hat so gut
wie kein Einzeltourist, geschweige denn jemand mit dem eigenen Fahrzeug, dieses
abgelegene Land besucht!
In Dushanbe
Der erste Besuch in dieser uns völlig fremden Welt, in der wir uns ohne
Russisch-Kenntnisse nur schwer zurechtfinden können, gilt dem Chef des
staatlichen Tourismusorganisation SAYOH, der uns auch bei der Visaerteilung
unterstützte. Heute ist Sonntag, niemand ist da. Wir haben noch eine andere
Anlaufstelle. Mit Michael, einem jungen Engländer, der in Dushanbe ein
Touristikunternehmen betreibt, hatten wir uns schon zuvor per eMail verabredet.
Er wollte uns eine private Unterkunft besorgen, da das einzige Hotel in
Dushanbe stets mit Militär und Personal von Hilfsoganisationen belegt ist.
Es stellt sich aber heraus, daß diese Luxus-Unterkunft teuer aber miserabel ist
und das Auto auf der Straße stehen müsste. So ziehen wir es vor, im schäbigen
Hinterhof von SAYOH zu übernachten.
In dieser Nacht setzt wieder Dauerregen ein. Das ganze Land ist bereits verwüstet,
wie wir bald schmerzlich erfahren müssen. Der nächste Tag sieht uns im feudalen
Büro des Chefs von SAYOH. Wir nehmen die für die Befahrung des Pamir-Highways
erforderliche schriftliche Spezialgenehmigung in Empfang. Bei der deutschen
Botschaft schauen wir auch vorbei, um uns über die aktuelle Sicherheitslage zu
informieren. Viel Neues oder Bedenkliches erfahren wir nicht, die Lage sei
stabil, wie lange noch, wisse man aber nicht.
Mit viel Glück und freundlicher Unterstützung netter Tadjiken finden wir die einzige
Tankstelle in Dushanbe, die angeblich sauberes Diesel verkauft. Im Bazar
versorgen wir uns mit Fladenbrot und Trinkwasser in Flaschen. Etliche Flaschen
tadschikischer Wodka stehen auch auf der Einkaufsliste. Diese sind nicht für
uns gedacht, sondern als Geschenk für die russischen Posten entlang des
Highways.
Stausee bei Nurek nahe Dushanbe
Wir folgen der Empfehlung der deutschen Botschaft und fahren über Kulyab nach
Shuroabad, von wo aus wir dem Pyandzh (auch Amu Darja genannt) nach Nordosten
folgen wollen. Es gibt, so sagte man uns, eine gewagte Bergpiste, die entlang des
Flusses in die steilen Felswände gesprengt sei und nach Kalaikhum führe. Kaum sind
wir die ersten 10 km den Pyandzh entlang gefahren, werden wir an einer plötzlich im
Nichts endenden Straße gestoppt. Die schweren Regenfälle der letzten Wochen
haben Straße und Brücken weggeschwemmt. Wir müssen umkehren.
Von Kulyab zum Pyandzh
Zwei Stradivaris im Hinterhof
Es ist schon spät und so sind wir gezwungen, uns in Kulyab nach einer Unterkunft
umzuschauen. Das riesige Hotel im sowjetischen Stil sieht eigenartig ungepflegt
aus. Die Leute sagen uns, es sei voll belegt und es wäre kein Zimmer frei. Ich
schaue mir das Haus näher an und erkenne, daß es innen total verwüstet ist.
Ergebnis des Bürgerkriegs! Was bleibt uns also anderes übrig, als den
vorbeifahrenden LandCruiser einer Hilfsorganisation anzuhalten und den Fahrer
nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu fragen. Wir sollen ihm folgen, und so
landen als seine Gäste im Hof eines kleinen Anwesens. Die ganze Familie läuft
zusammen und will uns fürstlich bewirten, obwohl sie ganz offensichtlich kaum
etwas zum Leben hat. Doch dieser Eindruck der Armut täuscht. Wie wir im Laufe
unseres Besuches erfahren, sind zwei original Stradivaris im Besitze dieser
Familie! Ende des zweiten Welkrieges hatten sie die beiden Violinen betrunkenen
russischen Soldaten billigst abgekauft. Und nun stehen sie vor dem Problem,
ihrerseits die Kostbarkeiten zu Geld zu machen...
Nach einem überschwänglichen Abschied geht es zurück nach Dushanbe, wo wir von
einem der unzähligen Polizisten angehalten werden. Er bemängelt die Sauberkeit
unseres Toyotas. Wir sollten gefälligst gleich zum Autowaschen fahren. Tatsächlich
ist es in vielen der ehemalig sowjetischen Republiken ein Sakrileg, mit schmutzigen
Autos unterwegs zu sein.
Muren und Felsstürze
Auf der in den Karten dick rot eingezeichneten Haupstraße M41, dem vor 65 Jahren von den
Sowjets erbauten Pamir Highway, geht es am nächsten Morgen weiter. Wir erwarten
eine gut ausgebaute Überlandstraße, die Warnungen von SAYOH ('nicht ganz
einfach') nahmen wir nicht so ernst. Sobald wir die Ebene, in der Dushanbe
liegt, verlassen haben und in die Berge kommen, verschlechtert sich die
Straßenbeschaffenheit.
Schluchten und Sturzbäche
Aus einer passablen Teerstraße wird eine steinige, enge Bergstraße, die Bäche und Muren quert und
unter steinschlaggefährdeten Felshängen entlangführt. Von Fernverkehrsstraße
kann da keine Rede sein. Unterwegs kommt uns ein russischer Jeep mit einiger
Geschwindigkeit entgegen. Er hält und einer der Passagiere nutzt die
Gelegenheit, mit uns zu plaudern, auf Englisch! Er macht einen total
verschreckten Eindruck und warnt uns eindringlich vor der vor uns liegenden
Strecke. Wir würden es mit unserem Toyota schon schaffen, nur, wir müßten langsam
fahren. Sein Fahrer und der Beifahrer lächeln da nur müde, mit glasigen
Blicken, die von Drogenkonsum zeugen.
Pamir Highway nahe Dushanbe
Bis zum kleinen Ort Sagirdasht kommen wir heute noch. Um der Einladung eines
freundlichen Herren zur Übernachtung zu folgen, müssen wir zuerst noch einen
tiefen Fluß queren. Was der russische UAZ kann, sollte einem LandCruiser leicht
fallen. Seine Familie erweist sich als äußerst gastfreundlich. Da fällt es uns
sehr schwer, sie davon zu überzeugen, daß wir besser in unserem eigenen Auto
übernachten wollen. Schließlich erklärt uns der Hausherr noch an Hand einer Skizze
den morgigen Weg nach Kalaikhum, der wegen Umleitungen nicht ganz leicht zu finden
sei. Dann dürfen wir uns zurückziehen und genießen die ungestörte Nacht in unserem
Auto.
Und er sollte Recht behalten. Im nächsten Dörfchen geht es nicht mehr weiter.
Eine Reihe LKW steht am düsteren Teehaus und versperrt den Weg. Das sieht verdächtig
nach Mure oder Felssturz weiter oben aus. Doch man beruhigt uns. Der Weg sei zwar
seit Tagen unpassierbar, mit unserem Toyota würden wir aber kein Problem haben. Das
will was heißen, fragen wir uns doch, wie man es mit solchen LKWs überhaupt bis
hierher schaffen kann! Durch noch winzigere Orte mit engen Passagen zwischen
den kleinen Lehmhütten geht es steil die Berge hinauf. Und da stehen schon
wieder Fahrzeuge. Ein kleiner LKW und etliche russische Jeeps, zwei davon in
einer schrecklich tiefen Schlammpassage.
Hilfe naht
Der vordere hat Glück, er wird von einem Bulldozer herausgezogen. Das zweite
Fahrzeug wartet vergeblich auf Hilfe, der Bulldozer fährt weiter in Richtung Paß. Das bedeutet
für uns: wir müssen da ebenfalls durch, sonst kommen wir nicht nach China! Mit
vereinten Kräften, unser alter Abschleppgurt kommt erstmals zum Einsatz,
gelingt es dem zweiten Fahrzeug schließlich, sich aus der mißlichen Situation
rückwärts zu befreien und in einem verzweifelten Kraftakt die Passage gerade
noch zu meistern. Jetzt wären wir an der Reihe. Ich schaue mir die 100 Meter
lange Schlammstrecke genau an und entscheide mich, es zu versuchen. Mit
eingelegtem Allrad und Differentialsperren geht es los und zunächst sieht es
ganz gut aus, bis ich einer tiefen Schlammfurche nicht mehr ausweichen kann und
durch einen darin verborgenen Steinbrocken gebremst werde. Ich stecke fest.
Zurück geht es noch, aber nicht lange. Dann blockiert ein anderer Brocken das
Hinterrad. Nichts geht mehr. Das schwere Auto hängt schief im Schlamm fest.
Schaufeln erweist sich als wenig effektiv, die Steine lassen sich wegen des
Soges nicht aus dem Schlamm heraushebeln. Die einzige Lösung aus dieser Misere:
Gerti muß 10 km ins nächste Dorf hinunter und versuchen einen Bulldozer zu
organisieren, der uns rausziehen könnte. Bei strömendem Regen macht sie sich
auf den Weg, während ich mit einem jungen Helfer versuche, das Auto so weit wie
möglich im Schlamm freizulegen. Immer mehr kleinere Fahrzeuge kommen an und
halten. Keiner hilft, alle geben nur gute Tips! Doch Stunden später naht die
Rettung! Gerti ist es gelungen, Hilfe in Form eines schrottreifen Traktors zu
organisieren. Ein kurzer Ruck und schon ist der LandCruiser wieder frei. Ich
bin über und über verschlammt, das Auto innen und außen völlig verdreckt, aber
es fährt wieder! Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten denn die Fahrer der
entgegenkommenden Wagen versichern uns, daß es ab hier kein Problem mehr gäbe.
Traktor in voller Aktion
Belohnung der Helfer
Russisches Roulett
Auf guter Bergstraße geht es im einsetzenden Schneesturm bis zum Khaburabod-Paß
in 3300m Seehöhe. Durch eine gewaltige Schneedecke hat eine Schneefräse eine
schmale Passage für die LKWs freigemacht.
4m hohe Schneewände am Khaburabod-Pass
Ab hier soll die Straße sehr gut sein und im Verlauf nach Kalaikhum sogar geteert. Wir sind
happy. Lange hält diese Freude jedoch nicht an, denn plötzlich stehen wir vor
einem Hindernis, das der Anlaß zum Halt all jener LKW waren, die wir heute
morgen beim kleinen Teehaus sahen. Ein hausgroßer Felsblock ist abgestürzt und
auf die Bergstraße gefallen, gerade eine schmale Passage freilassend, durch die
eben nur kleinere Fahrzeuge wie LandCruiser passen. Vor uns eine Unzahl
geparkter LKWs. Wie die es bis hierher schafften, ist uns wieder einmal ein
Rätsel.
Russische Kamikaze-LKW im Pamir
Eines wird uns jedoch klar: den unbeschreiblichen Zustand an der Schlammpassage
haben wir diesen LKWs zu verdanken. Wir inspizieren die Engstelle. Steinschlag und
Felsstürze bilden auf 200 Metern davor und danach eine permanente Todesgefahr.
Die LKWs vor uns gehören zu einem 30 Fahrzeuge umfassenden russischen
Militärkonvoi. Einige von ihnen haben die Engstelle schon passiert, die
breiteren LKW warten auf einen Versuch, durchzukommen. Der russische Offizier,
der sogar Englisch spricht, will uns erst durchlassen, wenn sein Konvoi
passiert hat. Das kann Tage dauern, denn ohne Dynamit ist dem gigantischen
Felsblock nichts anzuhaben.
Links im Bild der Felssturz
Von anderen Wartenden werden wir ermutigt, bei der erstbesten Gelegenheit die
Durchfahrt zu probieren, ohne auf den Offizier zu hören. Schließlich gelingt es
uns auch, in Millimeterarbeit, unbeschädigt durch den einsetzenden Steinschlag,
der Gefahrenstelle zu entkommen. Was wir da noch nicht zu hoffen wagen, es sollte
sich bewahrheiten: der Pamir-Highway war an seiner schwierigsten Stelle bezwungen,
von nun an glich die Tour einer Spazierfahrt.
In Kalaikhum, am Pyandzh Fluß, Afghanistan in Rufweite gleich gegenüber, die erste
Kontrolle unserer Papiere mit der Aufforderung, uns beim KGB zu melden, was wir
auch tun. Immer noch sind wir total verdreckt und durchnäßt. Wir erinnern uns an
den freundlichen Arzt mit seinen verdrogten Fahrern, die wir unterwegs trafen. Er
empfahl uns, im Resthouse der Agha-Khan-Foundation nach einer
Übernachtungsmöglichkeit zu fragen. Diese ist in dem kleinen Örtchen schnell
gefunden. Im strömenden Regen heißt man uns aufs herzlichste willkommen.
Diesmal hat man nichts dagegen, daß wir im eigenen Wagen schlafen wollen. Wir
dürfen sogar die Dusche benutzen und sind total perplex, als plötzlich heißes
Wasser über uns rieselt! Man kümmert sich rührend um uns und will uns den
kurzen Aufenthalt so angenehm wie nur möglich gestalten.
In Rufweite: Afghanistan!
Immer noch Regen am nächsten Morgen, aber die Straße ist nun wieder geteert und in
leidlich gutem Zustand. Dem tief eingeschnittenen Tal des Pyandzh folgend,
fahren wir immer an der afghanischen Grenze entlang. Hohe verschneite Felsberge
bilden die Kulisse. Am südlichen Flußufer verbindet ein stellenweise
halsbrecherischer Saumpfad die wenigen kleinen Dörfer. Ab und zu sind Wanderer
zu sehen. Pfiffe vom drüberen Flußufer begleiten unsere Fahrt. An einigen
Stellen fallen uns auf afghanischer Seite große, geschlichtete Stapel mit
Mehlsäcken auf, die mit Gummibooten über den Fluß geschafft wurden und von
riesigen Menschenmengen umlagert werden. Im Rahmen des World Food Programs
werden diese Hilfsgüter über Osh in Kirgisien und den Pamir Highway nach
Nord-Afghanistan gebracht. Man munkelt, daß die gleichen LKW bei der Rückfahrt
nicht leer unterwegs seien, sondern Drogen schmuggelten...
Auf der rechten Seite des Pyandzh: Afghanistan
Die Straße von Kalaikhum nach Chorog, bzw. die Straßenränder, sind angeblich immer noch
vermint, genügend Relikte in Form ausgebrannter Fahrzeuge und Panzer finden
sich auf dieser Strecke zu Hauf. Der Bürgerkrieg hat hier fürchterlich gewütet,
jede Familie zählt zu den Opfern, der Schrecken ist seit 7 Jahren vorbei, die
Menschen leiden aber immer noch an diesem Alptraum.
Erfolglos verläuft zunächst unsere Suche nach einer Unterkunft in Chorog. Das Resthouse
der Agha-Khan-Foundation will uns nicht aufnehmen. Fairuz, der Chauffeur eines
NGO-LandCruisers lädt uns aber in sein neuerbautes Haus ein. Wir treffen ihn,
als wir von milchgesichtigen Helfererinnen einer amerikanischen
Pseudo-Hilfsorganisation angesprochen werden. Es bleibt uns schleierhaft, wie
diese ahnungslosen Leute hier erfolgreich tätig sein wollen.
Fairuz ist stolzer Berg-Tadjike, seine Heimat ist Gorno-Badakhshan. Während des
Bürgerkrieges mußte er als Angehöriger dieser Volksgruppe aus Dushanbe fliehen.
Er spricht perfektes Englisch, das ihm die Chance gibt, sein Geld bei einer
Hilfsorganisation zu verdienen. Diese Möglichkeit ist nicht vielen geboten. Die
meisten Menschen hungern und sind auf internationale Hilfe angewiesen.
Chorog: Universitätsstadt am Ende der Welt
Das kleine Städtchen Chorog ist Hauptstadt der Provinz Gorno-Badakhshan, es
verfügt sogar über eine Universität. Der Flughafen, zu Sowjet-Zeiten 12 Mal am Tag
angeflogen, liegt still. Im Winter ist der Ort isoliert, da die beiden
Straßenverbindungen nach Dushanbe bzw. nach Osh eingeschneit sind. Eine
Versorgung des Ortes auch mit dem Lebensnotwendigsten ist dann nicht möglich.
Wenn im strengen Winter der Stausee des Wasserkraftwerks eingefroren ist gibt
es auch keinen Strom.
Pamir-Highway in Gorno-Badakhshan
Von Chorog aus führt der Pamir Highway sanft hinauf zum Pamir Plateau, wo man sich ständig auf
Höhen von 3800 bis 4200 m bewegt. Rings umher im weitläufigen Hochland
eindrucksvolle 5000er. Da die Straße hier weder Steinschlag noch Muren
ausgesetzt ist, blieb die Teerdecke aus den 30er-Jahren bis auf wenige
Schlaglöcher in annehmbarem Zustand. Schnee gibt es hier oben zu dieser Jahreszeit
kaum noch, dazu ist das Pamir-Hochland zu trocken.
Yaks vor Pamir-Kulisse
Bezirk Murgab (Pamir-Hochebene)
So erreichen wir, mehrere, weit über 4000 m hohe Pässe über-schreitend, den kleinen Ort Murgab.
Von Ferne fallen dessen weißgetünchte Häuser auf, kirgisische Häuser. Zu
unserer Überraschung treffen wir schon hier auf Kirgisen, die bei weitem die
Bevölkerungsmehrheit bilden. Auch die Mitarbeiter der Agha-Khan-Foundation,
die uns im Hof ihres kleinen Stützpunktes übernachten lassen, gehören diesem
Volk an. Die Höhenlage (3800 m) macht uns sehr zu schaffen. In der Nacht
überfällt uns das panische Gefühl, ersticken zu müssen.
Im Pamir
Seit Chorog haben wir strahlenden Sonnenschein, die trockene Luft löst alle Wolken
auf. So überqueren wir den 4655 m hohen Uzbek-Bel-Paß bei schönster Sicht auf das
weite Panorama der Pamir-Berge. Unsere anfänglichen Bedenken hinsichtlich
ausreichender Motorleistung bei großen Höhen erweisen sich glücklicherweise als
unberechtigt. Mit schwarzer Rußfahne zieht der schwerbeladene Toyota
unerschütterlich nach oben! Es geht nun entlang der chinesischen Grenze.
Mitunter direkt am rechten Straßenrand verläuft der doppelte Stacheldrahtzaun
samt Sicherheitsstreifen. Chinesische Soldaten sind keine zu sehen, wohl aber
russische, die hier Wacht halten und unser Pamir-Permit kontrollieren.
Pamir: Ak-Baytal-Paß, 4655 m
Pamir-Hochebene (4000m)
Hinter dem Karakul-See in fast 4000 m Seehöhe nähern wir uns der Grenze Kirgistans.
Unglaublich primitiv die Unterbringung der tadjikischen Grenzsoldaten. Sie
hausen in fünf Meter langen stählernen Röhren, in denen sie in der Mitte gerade
aufrecht stehen können. Die Abfertigung ist wie immer zügig und freundlich. Auf
der anderen Seite des Kyzyl-Art-Passes warten die Kirgisen. Hier weht ein
anderer Wind. Die Grenzsoldaten sind rauh und wenig einladend, die
Grenzabfertigung etwas ungelenk. Wann kommen hier aber schon Autotouristen
durch?
Osh, Ferganatal
Jetzt geht es wieder los mit verschneiten und vermurten Bergstraßen. Das Wetter
ist düster, es droht zu schneien. Wir schauen, daß wir aus dieser ungastlichen
Höhe von immerhin fast 4300 m schnell ins Tal gelangen.
Steil bergab nach Kirgistan
In Sary-Tash treffen wir auf eine Teerstraße, die direkt aus Dushanbe kommt.
Sie führt weiter nach China, wir werden sie kurz vor Kashgar wieder treffen, das
nicht allzu weit von hier gelegen ist. Über grüne Wiesenrücken - Jurten und weidende
Pferde soweit das Auge blickt - nähern wir uns Osh, der kirgisischen Kapitale
im Ferganatal. Auf den ersten Blick eine wahre Idylle, politisch eher ein
unruhiges Gebiet. Wir finden recht schnell ein kleines Hotel im Stadtzentrum
mit Unterstellmöglichkeit für unser Auto. Bemerkenswert, wieviele ethnische
Russen man hier überall trifft. Uzbeken scheinen den weitaus größten Anteil der
Bevölkerung auszumachen. Das manifestiert sich besonders in den vielen
uzbekischen Restaurants, die neben dem üblichen Schaschlik auch schmackhafte
Gulaschsuppe (Chorba) zu niedrigen Preisen servieren. Hier gibt es ohne größere
Probleme Diesel (aus Kasachstan) zu tanken, aber - zum ersten Mal auf unserer
Reise - auch korrupte Polizisten, die brutal abkassieren.
Freud und Leid
Eine türkische Baufirma stellt gerade die wichtige Verbindungsstraße von Osh nach
Bishkek fertig. Im Zuge der neuen Straße wird auch ein Tunnel durch das Ala-Too-Gebirge
gebaut und eine direkte Verbindung von Osh nach Kashgar. Der Tunnel liegt
immerhin auf 3200 m Seehöhe und ist über 2 km lang. Da hier noch eifrig
gearbeitet wird, ist er nur wenige Stunden am Tag geöffnet. In der restlichen
Zeit bilden sich lange Schlangen wartender Fahrzeuge, meist LKW, an den
Absperrungen. Die Zeit vertreiben sich die LKW-Fahrer in einem kleinen,
schäbigen Wohnwagendorf, wo neben Essen und Schlafen auch andere Bedürfnisse
befriedigt werden. Hat man den stickigen Tunnel überlebt, ist es nicht mehr
weit bis zur unendlichen Ebene, die bis nach Sibirien reicht und an deren
südlichen Rande Bishkek, die Hauptstadt Kirgistans, liegt.
Raststation vor dem Töö-Ashuu-Paß (Kirgistan)
In Bishkek geniessen wir die Annehmlichkeiten eines guten, aber preisgünstigen
Hotels, schmackhaftes Essen in türkischen Restaurants und die ausgiebigen
Einkaufsmöglichkeiten in verschiedenen Supermarkets. Vorsicht ist geboten vor den
unzähligen, tiefen Schlaglöchern in allen Straßen der Stadt. Eine besonders
gefährliche, überall anzutreffende Spezialität sind offene Kanalschächte mitten
auf der Fahrbahn.
Ehe es nun zum Torugart-Pass und weiter nach China geht, wollen wir uns noch von der vielbeschriebenen
Schönheit des Ysyk-Köl-Sees überzeugen. Die Fahrt dorthin, wie so manch anderes
in Kirgisien, ist nicht kostenlos. 10 USD sind für eine Umweltabgabe fällig!
Der 75 km lange und bis zu 20 km breite See ist im Norden und Süden von
mächtigen Bergketten, deren Gipfel 5000 m erreichen, umrahmt. Karakol im Osten
des Sees ist eine typisch russische Stadt. Kein Wunder, sind deren Bewohner
doch vor langer Zeit hierher gezogen.
Jurtensiedlung nahe Naryn
Die nächste Station auf dem Weg zum Torugart-Paß, durch sanfte, grüne Wiesenhügel
vor dem Panorama schneebedeckter 4000er, ist Naryn, der trostloseste Ort auf unserer
Reise, mit typisch sowjetischem Charakter. Immerhin gibt es eine Dieseltankstelle,
die wir nach einer halben Stunde tatsächlich finden und ein recht angenehmes Hotel
in Art einer Berghütte. Wir schlafen denoch in unserem Auto, bei stürmischem
Gewitterregen. Lange nach Mitternacht werden zwei französische Wohnmobile auf
Basis von LandCruiser Pick-up auf den Hof geleitet, die einzigen
Auto-Touristen, die wir auf unserer 30.000 km-Tour getroffen haben. Uns sind
die beiden schon früher aufgefallen, als sie sich weit außerhalb Naryns in den
Hügeln neben der Straße zu verstecken suchten. Die Polizei hatte vermutlich ein
Auge auf sie geworfen und sie zum Hotel gebracht, aus 'Sicherheitsgründen',
natürlich.
Auf unserer Reise hatten wir schon unzählige Karawansereien gesehen, die im Zuge der
Seidenstraße errichtet wurden. Dennoch wollen wir uns jene von Tash Rabat im
At-Bashy-Gebirge ansehen und machen einen lohnenswerten Abstecher dorthin.
Mitten in den hohen Bergen, am Fuße eines Passes, in fast 4000 m Seehöhe, steht
malerisch ein befestigter Steinbau aus dem 15. Jahrhundert. Gegen ein kleines
Entgelt kann man das geheimnisvolle Innere besichtigen.
Tash-Rabat-Karawanserai (3600 m)
Torugart-Paß
Nun ist der berühmt-berüchtigte Torugart-Paß nicht mehr allzu weit. Die schauerlichsten
Geschichten sind von ihm berichtet worden, meist geht es um plötzliche
Schließungen ohne ersichtlichen Grund und dem dadurch erzwungenen Scheitern
einer langen Reise. Wir richten es so ein, daß wir am späten Nachmittag am
kirgisischen Grenzposten ankommen, alles im Zusammenhang mit der Ausreise
stehende erkunden und am nächsten Morgen ausreisen. Das wird dann exakt der Tag
sein, den wir vor drei Monaten unseren chinesischen Betreuern von NAVO-Tour
mitteilen mußten, die uns sämtliche Genehmigungen für die Einreise an diesem
Tag und die Fahrt durch China besorgten. Genauso geschieht es auch. Am nächsten
Morgen um 9 Uhr stehen wir bereit. Die kirgisischen Grenzer warten schon auf
uns. Ausgenommen einige schrott-beladene LKW ist an der Grenze nichts los.
Keine Spur von den Franzosen aus Naryn. Die Abfertigung ist zügig und
problemlos. Ein Versuch, das Auto genauer in Augenschein zu nehmen, wird nach dem
Öffnen der ersten Transportbox nachsichtig aufgegeben. Wir können fahren, man
wünscht eine gute Fahrt.
Vor uns der Torugart-Paß
In sanften Serpentinen geht es die letzten 200m bergauf, bis wir dann des gewaltigen
Triumpfbogens ansichtig werden, der die chinesische Grenze markiert. Der Bogen
ist mit einem eisernen Tor verschlossen. In den Dienstgebäuden rührt sich
nichts. Sollte die Grenze heute doch wieder zu sein? Das wäre nicht erfreulich.
Zur Not würden wir hier in 3800 m Höhe warten, bis geöffnet wird. Das ist zum
Glück nicht nötig. Verschlafen nähern sich alsbald zwei chinesische Soldaten.
Einer muß das Tor öffnen, der andere durchsucht neugierig unser Auto und die
Handtaschen, ganz offensichtlich in der Hoffnung, etwas Brauchbares zu finden.
Aber Fehlanzeige, wir fahren. Erst weiter unten kommt die moderne Grenzstation.
Unsere Pässe, die Visa und die Einladung nach China werden kontrolliert und für
gut befunden. Weiterfahren dürfen wir aber nicht. Wir müssen warten, bis unser
Begleiter von NAVO-Tour gekommen ist. Per eMail sind wir seit unserer Abfahrt
in ständigem Kontakt mit ihm gestanden und haben über den Fortgang unserer
Reise berichtet. Es sollte also klar sein, daß wir tatsächlich am Morgen des
31. Mai 2002 an der chinesischen Grenze stehen.
Die Zeit vergeht. Ein australischer Radler kommt aus Kirgistan und darf noch vor uns
weiterfahren, im öffentlichen Bus allerdings. Eine deutsche Reisegruppe macht
eine Stipvisite zum Sonntagsmarkt in Kashgar, um dann nach Bishkek zurückzukehren.
Wir kochen inzwischen, in der Hoffnung, daß sich bald etwas tun wird. Und
tatsächlich, 3 Stunden nach unserer Ankunft am Grenzposten erscheint Kong,
unser Begleiter auf dieser Tour. Er war gestern in Urumqi mit dem Zug abgereist
und hat die 1500 km in Rekordzeit bewältigt. Wir gehen sofort daran, die
chinesischen Nummernschilder zu montieren, für mich gibt es einen chinesischen
Führerschein und chinesische Fahrzeugpapiere. Alle anderen Genehmigungen, und
es sind deren eine ganze Menge, behält Kong.
Die chinesischen Nummerntafeln werden montiert!
Reisebegleiter Kong (Mitte) hat alles im Griff.
Kashgar, die Stadt Sven Hedins
Die eigentliche Grenzabfertigung erfolgt nach 60 km an einer neuen Station
internationalen Stils. Hier findet man sogar vereinzelt Beamte mit
Englisch-Kenntnissen. Alle Daten werden in den Computer eingegeben. Mit Kongs
Hilfe sind wir nach eineinhalb Stunden durch. Der Andrang war allerdings
beachtlich, es warteten einige gut besetzte Reisebusse.
Durch malerische Dörfer in Lehmarchitektur, die wir hin und wieder aus den dichten
Staubwolken der im Bau befindlichen neuen Straße auftauchen sehen, erreichen
wir in kaum einer Stunde das legendäre Kashgar, einen wichtigen Stützpunkt der
Karawanen auf der Seidenstraße und historischen Ausgangspunkt für Expeditionen
in die Takla Makan. Der erste Eindruck ist ernüchternd: Auf breiten Boulevards,
voll von ständig hupenden Autos, geht es durch Kashgars weitläufige, moderne
Viertel zu unserem Luxushotel, das Kong für uns gebucht hatte.
Unser erster Eindruck von China
Erst am nächsten Tag entdecken wir das alte Kashgar, von dem aus Sven Hedin zu seinen
abenteuerlichen Reisen in die lebensfeindliche Takla Makan aufgebrochen war.
Auf einem kleinen Hügel, mitten in der modernen Großstadt stehen dichtgedrängt
kleine Lehmhäuser, durch schmale, stinkende Gassen getrennt. Kong hat das
übliche Touristenprogramm arrangiert, das wir tapfer über uns ergehen lassen.
Nachmittags haben wir frei. Wir schauen uns dann im modernen, großzügig
gestalteten Teil Kashgars um. Hier gibt es alles zu kaufen, es gibt
Internet-Cafes und gute Restaurants. Die öffentlichen Parks quellen über von
Menschen, dicht gedrängt lagern hier die Uyguren und grillen ihr Schaschlik auf
qualmenden Holzkohlefeuern.
Modernes Kashgar: unser 'Golden Silk Road' Hotel
Altes Kashgar: An jeder Ecke uygurische Garküchen
KKH - Road of Friendship
Da sich die Lage in Kashmir immer weiter zuspitzt und wir nicht vor den geschlossenen
Schranken zum Karakorum-Highway stehen wollen, machen wir uns nach 3 Tagen
wieder auf den Weg. Aus dem Tarimbecken kommend, östlich von uns in weiter
Ferne die Takla Makan, folgen wir einer guten Teerstraße hinauf in den Pamir,
diese streift die östlichen Ausläufer des Hindukusch, verläuft dem Karakorum
entlang und endet nach Überschreiten des Kundjerab-Passes in den Ebenen des
Punjabs. Chinesen und Pakistani sind gleichermaßen stolz auf den
völkerverbindenden 'Karakorum-Highway', der seit langem schon für Touristen
frei befahrbar ist, obgleich er bedenklich nahe an den umstrittenen Gebieten in
Kashmir entlangführt.
An einer der supermodernen Tankstellen Kashgars bunkern wir Diesel, aber nicht zuviel, damit
es unser Toyota nicht allzu schwer hat, die enormen Höhen zu erklimmen, die nun
auf uns warten. Bei strahlendem Wetter, welches beste Sicht in den Bergen
verspricht, fahren wir südwärts, dem Pamir entgegen. Wir sind schon gespannt
auf die berüchtigten Eisriesen des Kongur (7720 m) und des benachbarten
Muztag-Ata (7546 m), von denen wir schon viel gelesen hatten. Recht nahe führt
die Teerstraße an ihnen vorbei. Atemberaubende Anblicke bieten sich uns, als
wir am Nachmittag am Karakul-See in 3700 m Höhe Rast machen. Die Landschaft ist
weit und karg, gekrönt nur von den beiden Eisriesen, über die nun schnell dicke
Wolken aus dem Süden ziehen, Anzeichen des bevorstehenden Monsuns. Dieses
Landschaftbild ist uns sehr vertraut, wir kennen es von der tadjikischen Seite,
Murgab liegt doch nur 70 km weiter westlich!
Hinter dem langgezogenen Eisrücken die Gipfel des Kongur (7719 m)
Die Idylle wird jäh gestört, als zwei Kirgisen auf uns zustürzen und aggressiv eine
'Umweltabgabe' fordern. Wir verweisen sie an unseren Führer, der in einer Jurte
unweit unseres Lagerplatzes übernachten will. Doch der weigert sich zu zahlen.
Die Kirgisen sind auf Chinesen nicht gut zu sprechen, und um die Situation zu
entspannen, zahlen wir schließlich die geforderte Summe.
Der Muztag Ata (7546 m) im strahlenden Morgenlicht (chinesischer Pamir)
Die Nacht wird kalt und stürmisch, immerhin bleiben wir von Schnee verschont. Wir
trauen unseren Augen kaum, als es kurz nach Sonnenaufgang aufklart und die Berge in
überwältigender Schönheit aus den Wolken auftauchen. Über das Pamir-Hochland
geht es weiter nach Taxkorgan, wo in einem modernen Gebäude die
Grenzabfertigung um Punkt 10 Uhr beginnt.
Es gibt da einige Probleme am
Zollcomputer, unser Auto wird wieder nach verbotener Literatur durchsucht, die
chinesischen Nummerntafeln müssen abgegeben werden und schließlich kommt die
große Abschiedsszene mit Kong. Bis zum Kundjerab-Pass sind es keine 100 km
mehr. Allmählich führt die Straße immer weiter hinauf in die Bergregion. Erst
kurz vor dem Paß wird es mühsamer: steile Serpentinen wollen bezwungen sein, im
ersten Gang fahrend stößt unser Toyota dicke schwarze Wolken aus. Die letzte
chinesische Kontrolle, natürlich werden wir wieder nach verbotener Literatur
gefilzt, dann pflanzen sich die Soldaten zum militärischen Salut auf und wir
sind entlassen.
Es geht noch einmal ein Stück bergauf, dann wird die Straße
eben. Auf dem flachen Bergrücken tauchen plötzlich zwei Männer auf. Was tun die
hier bloß? Bei näherem Hinschauen erkennen wir, daß es sich um pakistanische
Soldaten handelt, die hier Wache schieben, einfach so im Freien, ohne
Unterstand! Wir sind sehr froh, endlich wieder vertraute Gesichter zu sehen und
uns auf Englisch unterhalten zu können. Das ist also der Kunjerab-Paß! Über
4700 m hoch, beachtliche Schneereste am Straßenrand, einige Gedenktafeln und
Monumente, die an die gigantische Leistung erinnern, die beim Bau des
Karakorum-Highways zu erbringen war. Wir japsen inzwischen nach Luft, die Beine
werden wackelig: wir müssen ins Tal hinunter und überlassen die beiden Soldaten
ihrer Einsamkeit.
Khunjerab-Pass (4730m), Blick zurück nach China
Pakistan: Khunjerab National Park
Im Prinzip ist der Karakorum-Highway geteert und zweispurig ausgebaut und sehr stark von LKWs
und Kleinbussen frequentiert. Manchmal ist er, gelegentlich sogar über mehrere
Tage hinweg, wegen Felsstürzen und Murenabgängen gesperrt. Es empfiehlt sich,
an den mit 'Landslide Area' bezeichneten Passagen nur kurz einen Blick auf die
gewaltigen vom Abrutschen bedrohten Hänge zu werfen und sich schleunigst in
Sicherheit zu bringen. Gefährlicher noch ist unvermittelt einsetzender
Steinschlag an vielen Stellen. Wir haben Glück und kommen unbehelligt davon.
Die Straße führt zunächst in spitzen Serpentinen ins Hunza-Tal hinunter und
folgt diesem dann auf über 350 km.
Geschafft: In Pakistan!
Die pakistanische Grenzstation befindet sich in Sost, etwa 70 km von der Grenze
entfernt. Vorher hatten wir schon 8 USD zahlen müssen, da die Straße durch den
Karakorum-Nationalpark führt. Die Grenzabfertigung gestaltet sich dank
vorhandem Carnet problemlos, aber sehr zeitraubend. Es wird zum (schwarzen!)
Tee geladen, wir sollen beim Zollchef sogar übernachten und alle wollen ihre
Probleme bei uns abladen. Wir aber haben nur eins im Sinn, noch rechtzeitig
einen schönen Übernachtungsplatz zu finden!
Weiter geht es durch das Hunza-Tal, am bedrohlich wirkenden Rakaposhi und einem
noch nicht bezwungenen 7000er vorbei nach Gilgit. Hier gibt es jede Menge Hotels
und Rasthäuser, die alle mangels Touristen leerstehen. Der ausbleibende
Expeditions-Tourismus macht der darniederliegenden Tourismusbranche schwer zu
schaffen. Einzig Chinesen stellen das kleine Kontingent an Gästen.
KKH: Abgründe im Hunza-Valley
Durch das wilde Industal
Der nächste Tag bringt zwei Höhepunkte: die Mündung des Hunza-Rivers in den Indus.
An dieser Stelle weist ein großer Gedenkstein darauf hin, daß hier Hindukusch,
Karakorum und Himalaya zusammentreffen. Und später sehen wir ihn, wolkenfrei, den
'Killerberg'! Vor uns türmt er sich auf, der mächtige Gebirgsstock des Nanga
Parbat! Die Geschichte seiner Erstbesteigung und so manch anderer tragisch
endender Expeditionen kommt uns in den Sinn.
Im Hintergrund der breite Gipfelstock des Nanga Parbat (8125 m)
Islamabad ist nun nicht mehr weit...
Ausführliche Reiseinformationen finden Sie
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