Zur Südspitze Afrikas

Sicherheit auf Reisen in Afrika


© Reinhart Mazur, 2008-2009



Mord, Raub, Diebstähle und Entführungen: das sind die üblichen Klischees die Sicherheit von Reisen in Afrika betreffend. Es gibt praktisch kein Land in Afrika, das in den Reisehinweisen nicht schlecht wegkommt oder vor dem gar in den Reisewarnungen eindringlich gewarnt wird. Wie haben wir nun die aktuelle Sicherheitssituation auf unserer Tour durch Afrika erlebt?

Zum ersten Mal auf unserer Reise hatten wir in Äthiopien ein mulmiges Gefühl. Wir waren gerade dabei, abseits der Hauptstrasse eine kurze Mittagspause einzulegen, als wir sahen, wie ein Rudel Kinder von weitem herkommend auf uns zusteuerte, uns alsbald erreichte und dumpf gaffend umkreiste. Zwei Jugendliche, die ein wenig Englisch konnten, machten klar, dass wir bei der Abfahrt mit einem Steinhagel zu rechnen hätten. Mit einem kleinen Geschenk (etwas Geld und Brot) konnten wir die beiden für uns gewinnen und verliessen den Ort ohne tätlichen Angriff. Dass unsere Befürchtungen zu recht bestanden bestätigten nicht nur die beiden älteren. In vielen Reiseberichten war die Rede von gezielten Steinwürfen auf fahrende Fahrzeuge, meist in den amharischen Landesteilen. Betroffen sind in erster Linie Motorradfahrer und radelnde Touristen. Wir selbst trafen auf dieser Tour zwei Reisende (mit LKW der eine, mit Toyota der andere), die schwer getroffen wurden. Der Toyotafahrer klagte sogar über Treffer mit Zündkerzen!

Steinewerfende Kinder in Äthiopien
Äthiopien: Eine gaffende Kinderschar, bereit zum Angriff mit Steinen!


Die Gefahr, in Äthiopien kostspielig zu reparierende Schäden am Fahrzeug zu erleiden, ist bekannt aber nicht kalkulierbar. Viel gravierender sind jedoch Schäden, die durch urplötzlich ausbrechende politische Unruhen verursacht werden. Dabei geht es nicht nur um das Fahrzeug, solche Vorkommnisse können u.U. auch eine Bedrohung für Leib und Leben der Touristen selbst darstellen, wie geschehen in Kenia. Schwere Unruhen sind aber keineswegs auf Afrika beschränkt. Tote und Verletzte gibt es auch bei Unruhen in Europa immer wieder, so z.B. auch in der BRD.

In den ostafrikanische Ländern Tansania, Malawi und Sambia mit ihrer etablierten politischen Kultur sind solche Unruhen eher unwahrscheinlich. Erstaunlicherweise ist auch die Gefahr krimineller Übergriffe (Raub, Diebstahl) eher gering. Man fühlt sich in diesen Ländern sehr sicher. Eine gesunde Vorsicht sollte im großstädtischen Trubel von Menschenmassen oder in den Abend- und Nachtstunden dennoch walten!

Von zuhausegebliebenen Freunden wird einem dann empfohlen, diese 'unguten' schwarzafrikanischen Länder schnellstens zu verlassen, um besser die 'demokratischen' und top-sicheren Länder im Süden Afrikas, namentlich Namibia und Botswana zu besuchen! Da muss man sich schon fragen, woher diese Nichtsahnenden ihre Informationen beziehen. Denn die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. So haben wir Namibia z.B. erlebt:

An unserem ersten Abend in Namibia im Camp des renommierten OTEA Zambezi River Lodge Hotels in Katima Mulilo wurden uns, während wir wegen eines kurzen Regenschauers im Auto sassen und Nachrichten hörten, Campingstühle und der Tisch sozusagen vor unseren Augen gestohlen. Es war klar, dass es sich dabei um einen Diebstahl des Hotelpersonals handeln musste oder von Bauarbeitern, die im Bereich des Hotels tätig waren. Der Hotelmanager übernahm auch bereitwillig die Kosten für die Wiederbeschaffung der Campingmöbel. Wenige Tage zuvor war an gleicher Stelle am hellichten Tag das geschlossene Zelt eines Gastes ausgeraubt worden. Und das, obwohl das gesamte Gelände durch Stacheldrahtzaun nach aussen abgeschlossen war und durch 'Security'-Leute bewacht wurde!

Der zweite Vorfall, allerdings wesentlich gravierender, ereignete sich nur zwei Tage später auf dem idyllischen CARAVANPARK, den die Gemeinde Tsumeb am Ortseingang eingerichtet hat. Er ist mit einem hohen Stacheldrahtzaun gesichert und wird bewacht durch einen mit Schlagstock(!) bewaffneten 'Security'-Mann. Um halb vier Uhr am Morgen wurde in unmittelbarer Nähe unseres Fahrzeugs ein Schuss abgegeben. Zu sehen war zunächst nichts. Dann wurden wir Zeuge eines regen Treibens in etwa 20 m Entfernung. Drei unter Tiefstrahlern und Laternen aufgebaute Zelte mit etwa 6 Personen (weissen Namibiern) wurden von 2 schwarzen Gangstern beraubt, während die Opfer mit über den Kopf gekreuzten Armen am Boden lagen. Einer von ihnen bekam mit einer Machete noch einen heftigen Schlag auf den Rücken und blutete stark. Gestohlen wurden u.a. sämtliche Kleidungsstücke, ein teures Handy und 1500 N$. Bei der Flucht näherten sich die beiden Räuber wieder unserem in der Dunkelheit geparktem Wagen und wollten durch die offene Hecktüre ins Innere greifen. Wir konnten sie erstaunlicherweise abwehren, vermutlich weil sie ohnehin schon alle Hände voll mit Raubgut hatten. Die mit Mühe alarmierte Polizei kam 20 Minuten nach dem Raub, nahm die Verfolgung nur halbherzig auf und konnte folglich niemanden stellen.

Im Laufe der Untersuchungen stellte sich heraus, dass unser spanischer Campingnachbar ebenfalls beraubt wurde. Es wurde dabei eine Seitenscheibe eingeschlagen und aus dem dunklen Auto (nur) der Waschbeutel gestohlen, während der Spanier oben in seinem Dachzelt schlief. Wir kamen mit ihm ins Gespräch und er erzählte uns, dass er bereits seit 8 Monaten in Namibia im Lande herumreise, um Fakten für den Reiseführer zusammenzutragen, an dem er gerade arbeite. In dieser Zeit sei er bereits fünf Mal beraubt und bestohlen worden, so z.B. auf dem schwer gesicherten Camping-Platz der Arebbusch Travel Lodge in Windhoek. Schlimmer war, dass ihm sein vollausgerüstetes Reisefahrzeug, ein exotischer Toyota Fourrunner, bei einer kurzen Rast an der Hauptstrasse in Oshakati von drei Räubern wortlos abgenommen wurde. Glücklicherweise fand er das Auto unbeschädigt wieder! Vermutlich wurde es von den Gangstern am Strassenrand stehen gelassen, weil es Linkslenker war, mit spanischer Autonummer, und daher ungeeignet zum Verkauf in Namibia oder Südafrika. Sein Problem war nun die Entscheidung, ob er trotz der vielfach selbst erlittenen Kriminalität Namibia als Reiseland empfehlen konnte.

Im Laufe unserer Reise kamen wir immer wieder ins Gespräch mit anderen Touristen, mit solchen, die seit Jahren immer wieder in Namibia Urlaub machen und solchen, die mit einem Mietwagen unterwegs waren. Und alle gaben an, schon Opfer von Diebstählen (Campingmöbel sind offensichtlich heiss begehrt!) geworden zu sein. Vorsicht ist auch auf den grossen Parkplätzen der Einkaufszentren geboten. Gibt man den 'Aufpassern' kein Trinkgeld, passiert es immer wieder, dass das Fahrzeug währen des Einkaufs ausgeraubt wird oder eine zertrümmerte Flasche vor ein Rad gelegt wird, was jedesmal einen zerfetzten Reifen zur Folge hat.

Dringender Warnhinweis!

Verschiedentliche Warnhinweise die Sicherheitssituation in Namibia betreffend müssen sehr ernst genommen werden und sollten dazu anhalten, besondere Massnahmen zur eigenen Sicherheit und der des eigenen Fahrzeugs, der darin befindlichen Wertgegenstände, aber auch des allgemeinen Hab und Guts zu treffen. Namibia ist nicht mehr das 'sicherste Reiseland' Afrikas, für das es viele Reisende in Folge der unverantwortlichen Propaganda der Tourismusämter immer noch halten. Raub und Diebstahl, sogar vereinzelt Mord an Touristen, haben inzwischen überall im Lande überhand genommen, nicht nur in den grösseren Ortschaften, von Windhoek ganz zu schweigen. Die Zentren der Kriminalität sind bekannt, man erkundige sich bei weissen Namibiern vor Ort!

Wer meint, hier werden bedauerliche Einzelvorfälle unzulässigerweise verallgemeinert und Panik geschürt, dem sei dringend empfohlen, eine Artikelsammlung zum Thema zu studieren, die aus einschlägigen Berichten namibischer Tageszeitungen zusammengestellt wurde. Zu finden ist sie hier.

Also:

Immer grosse öffentliche Campingplätze meiden, auf denen ein unkontrollierbares Kommen und Gehen herrscht. Immer private Guest Lodges aufsuchen, die meist abseits der Durchgangsstrassen liegen. Diese sind relativ sicher. Uns ist allerdings ein Fall bekannt, wo einer deutschen Reisegruppe in einer solchen Lodge ebenfalls Campingstühle und der Tisch gestohlen wurden.

Immer auf verdächtige Beobachter und Besucher achten. Es könnten Kundschafter für einen beabsichtigten Raub oder einen Diebstahl sein.

Immer abends alles wieder im Auto verstauen, z.B. auch Schuhe und zwar so, dass von aussen nichts leicht erkennbar ist und keinen Anreiz darstellt.

Niemals Rastplätze an den Landstraßen benutzen! Und wenn doch, stets so parken, dass eine ungehinderte Flucht im Falle vermuteter Gefahr leicht möglich ist!

Immer wachsam sein und mit dem Schlimmsten rechnen!

Das gilt auch für die völlig zu unrecht als 'sicher' angesehenen freien Campingmöglichkeiten im NW Namibias (Kaokoveld). Auch da ist es schon zu Raub und Diebstahl gekommen. Ein dokumentierter Vorfall betrifft den Ortsvorsteher von Epupa, der zwei Reservekanister von einem Touristenfahrzeug stahl und das Diesel dann verkaufen wollte als Rest einer Lieferung, die er am Abend zuvor erhalten hätte. Gegen den Mann konnte der Leiter des örtlichen Campingplatzes nichts ausrichten, da es sich bei dem Täter um seinen eigenen Chef handelte. Immerhin wurden alle Gäste gewarnt, am Abend nichts ausserhalb des Wagens stehen zu lassen...

Die Sicherheitslage in den Touristenzentren Botswanas ist ebenfalls dramatisch schlecht. So warnen zum Beispiel in Maun, Ausgangspunkt für Touren ins Okavangodelta, in die Kalahari und diverse Nationalparks, unübersehbar an allen Ecken errichtete Schilder vor der Kriminalität im Stadtbereich. Die Campingplätze sind schwer gesichert und werden durch bewaffnete Doppelstreifen bewacht! Diese wohl nicht übertriebenen Sicherheitsmassnahmen sind in den Ländern Ostafrikas unbekannt. Ausnahme ist z.B. der Jungle Junction Platz in Nairobi, der vermutlich ebenfalls gefährdet ist. Darauf deuten auch die hohen Stacheldrahtverhaue im ganzen umgebenden (Villen-)Viertel hin.

Bringt man in Namibia die Rede auf die Sicherheitssituation in Südafrika, so bekommt man sehr schnell die übelsten Dinge zu hören. Das hat uns auch davon abgehalten, Städte wie Johannesburg zu besuchen. In Kapstadt sind wir auf der Suche nach einer empfohlenen Budget-Unterkunft (Lighthouse Farm) in einem heruntergekommenen Vorstadt-Viertel gelandet, wo wir die Gefahr der Beraubung sofort zu spüren glaubten und gleich kehrt machten. Erstaunlicherweise hatten wir, ganz im Gegensatz zu Namibia, in Südafrika auf keinem der besuchten Campingplätze ein Gefühl der Unsicherheit oder der Bedrohung. Sicherheitsmassnahmen wie in Namibia gab es dort nicht. Frei in der Natur zu übernachten, an den wenigen Plätzen, wo dies eventuell möglich gewesen wäre, schien uns allerdings undenkbar.


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