vor der prachtvollen Bibi Hanem Moschee (Samarkand)
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Wieder in Zentralasien
Nun war es endlich so weit! Mitte Juni 2009 startete unser zweiter Anlauf zu einer
Fahrt mit dem LandCruiser nach Tibet. Schon viele Monate zuvor mußte mit den Vorbereitungen begonnen werden: Festlegung der günstigsten Reiseroute und Jahreszeit,
Auswahl und Beauftragung eines geeigneten chinesischen Tour Operators, der die unzähligen Genehmigungen für den Reiseabschnitt durch China kostengünstig und
zuverlässig besorgen mußte, Vorbereitung des Fahrzeugs für die große Fahrt, Einkaufen der Verpflegung, Komplettierung der Ausrüstung und natürlich
die zeitkritische Beschaffung der vielen Visa.
Am Ende der fünf Monate währenden Reise stellte sich zu unserer großen Erleichterung heraus, daß die Vorbereitung perfekt war, wir dank sorgfältiger
Höhenakklimatisation gesund nach Hause kamen, und dazu noch mit einem Auto in bestem Zustand!
Die erste böse Überraschung auf unserem Weg nach Tibet gab es bei der Ausreise aus der Ukraine nach Russland. Die Grenzer verlangten ausdrücklich, Geldscheine im
Pass zu sehen, um erst dann mit der Abfertigung zu beginnen! Mit uns war da nichts zu machen. Andere jedoch wurden zurückgeschickt und warteten 8 Stunden, bis sie ausreisen
konnten. Ganz offensichtlich begünstigen die katastrophale Mißwirtschaft und die verbreitete Korruption im Lande solch kriminelle Auswüchse. Wie eigentlich zu
erwarten war, kam es bei Vinnica auf einer Überlandstrecke auch zu einem vergeblichen Versuch, uns zum Halten zu zwingen und dann vermutlich auszurauben. Wenn man richtig
reagiert und Glück hat, kann es gelingen, den Wegelagerern zu entkommen. Wir hatten entsprechende Erfahrungen schon bei früheren Reisen in Russland sammeln
können...
Die Fahrt durch Russland war unbeschwert und angenehm, trotz der sehr hohen Temperaturen tagsüber, denen wir ab Volgograd ausgesetzt waren. In Volgograd hatten wir unseren
ersten Hotelaufenthalt, um gleich dort die obligate OVIR Pass-Registation erledigen zu lassen. Wiederum beindruckte die Vitalität dieser Grossstadt mit ihren
überdimensionalen Einkaufszentren und dem enormen Verkehr. Was uns besonders erstaunte war aber, daß jeder Autofahrer an Zebrastreifen stoppte, um
Fußgänger passieren zu lassen. Das war vor einigen Jahren noch ganz anders!
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Wie Pilze aus dem Boden sind in jeder größeren Stadt Russlands wie hier in
Volgograd riesige 'Shopping Malls' emporgeschossen, in denen alle erdenklichen Luxusgüter angeboten werden. Besonders beliebt sind Schmuck und Parfümeriewaren, Kleidung
und Schuhe. Dennoch: Kunden sind so gut wie keine zu sehen.
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Die 'normale' Bevölkerung kauft nicht in den Shopping Malls ein. Sie bevorzugt
traditionell die großen Märkte mit ihrem reichem Angebot an Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch.
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Mit Verlassen Volgograds kamen wir in eine andere Welt. Heiße, staubige Steppe, zerlumpte Gestalten mit mongolischen Gesichtszügen, die ihre Ziegen- und Schafsherden
hüteten, ab und zu bescheidene Dörfer am Rande des mächtigen Wolgastroms. Wir fuhren durch die autonome Republik Kalmükien. Nächste Ziel war Astrachan an
der Mündung der Wolga in das Kaspische Meer.
Die alte russische Stadt erstrahlte in neuem Glanz. Überall wurde renoviert, restauriert und verschönert. Das gesellschaftliche Leben fand vor allem in den Abendstunden
am Wolga-Ufer-Boulevard statt. Ein Open-Air-Restaurant reiht sich dortan das andere, überall drängten sich die Gäste, jung und alt. Der Renner war meisterlich
gegrilltes Schaschlik mit Baltica Bier vom Fass. Auch tagsüber bietet Astrachan viel Schönes: die gepflegte Altstadt mit ihrem altrussischen Flair, der Kreml,
umschlossen von hohen, weißgetünchten Ziegelmauern, mit der Himmelfahrts-Kathedrale, als dem Wahrzeichen der Stadt.
Die renovierte Himmelfahrtskathedrale von 1710 im Kreml Astrachans. Hinter der
hohen Mauer der Wehrgang
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Wehrgang an der Kremlmauer, rechts die Himmelfahrtskathedrale
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Schattige Altstadtgassen in Astrachan
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Von Astrachan war es nicht mehr weit bis Kasachstan. Ein Hindernis mußte allerdings vorher noch überwunden werden, der Buzan-Fluss, ein Mündungsarm der
Wolga, über den es keine normale Brücke gibt, lediglich eine provisorische Ponton-Brücke. Hat man keine 90 Rubel parat, kann man nicht passieren. Der
Wärter im Tickethäußchen zeigte sich da unnachgiebig. Ohne Geld keine Überfahrt! So machten wir uns auf den Rückweg nach Astrachan, um noch
einmal Geld zu wechseln. Glücklicherweise war dies aber nicht nötig. Wir trafen schnell den freundlichen Polizisten an der Kreuzung, mit dem wir zuvor ein paar
nette Worte gewechselt hatten. Sofort erklärte er sich bereit, uns für einen 5-Euro-Schein das benötigte Geld zu geben. Der Weiterfahrt nach Atyrau stand
damit nichts mehr im Wege.
Zu unserer großen Erleichterung erwies sich der Grenzübergang an der A340 auf beiden Seiten als völlig unproblematisch. Bei der Einreise nach Kasachstan
hatten wir an anderer Stelle schon Schlimmes erlebt.
In Atyrau quartierten wir uns im kleinen Hotel Khair ein, das überraschenderweise sehr nahe der Behörde lag, die die Pass-Registration (ehedem OVIR) vornimmt.
Diese sehr lästige Prozedur sollte man unbedingt auf sich nehmen, um bei der Ausreise nicht in Teufels Küche zu kommen. Glücklicherweise half man uns wieder
einmal bem Ausfüllen der Formblätter.
Atyrau ist im Wesentlichen ein großes Dorf, das dank des Ölbooms einen großstadt-ähnlichen Kern bekommen hat.
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Das alte Atyrau ist noch weitgehend erhalten, eine Ansammlung eher
ärmlicher, ebenerdiger Hütten. Die Gasversorgung wird durch in der Luft verlegte Rohre sichergestellt, wie in
weiten Teilen der alten Sowjetunion üblich.
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Der Ölboom im Westen Kasachstans hat auch in Atyrau seine Spuren
hinterlassen. Ultra-luxuriöse Hotels und moderne Bürogebäude prägen das Bild des modernen Geschäftszentrums Atyraus.
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Sowjetische Wohnbaukultur mit kasachischem Flair. Links vorne zu sehen die
perfekt isolierten Fernheizungsrohre.
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Zu unserer grossen Überraschung fanden wir zur Weiterfahrt nach Beynew, nahe der usbekischen Grenze, eine fast durchgehend neue Teerstraße vor, deren letzte
Lücken jetzt wohl geschlossen sein dürften. Da sich uns seit Astrachan keine akzeptablen Einkaufsmöglichkeiten mehr boten, waren wir froh, uns auf dem
ungewöhnlich großen Markt ('Basar') in Beynew mit Obst und Gemüse bester Qualität eindecken zu können. Wie wir erfuhren, wurde alles aus der
fruchtbaren Ebene des Amu-Darja im Nord-Westen Usbekistans importiert. Auch an Brot aller Art mangelte es nicht, sogar 5-Liter Wasserflaschen waren im Angebot. In
Erwartung von Engpässen in der Dieselversorgung Usbekistans füllten wir hier beide Tanks und die Reservekanister auf, womit wir einen ausreichend großen
Aktionsradius gewonnen hatten.
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Rastplatz in der kasachischen Steppe. Auf den 5.000 km die wir durch Kasachstan
auf dieser Reise zurückgelegt hatten, führte der allergrößte Teil durch Steppen. Dabei gewinnt man einen unvergesslichen Eindruck von der grenzenlosen
Weite dieser ganz und gar nicht eintönigen Landschaft. Besonders Mutige haben es geschafft, die Steppe Kasachstans von Ost nach West auf Pisten und Wegen, wie sie
hier zu sehen sind, zu queren! Eine echte Meisterleistung, sind Orientierung und die Versorgung mit Wasser und Treibstoff in diesen Einsamkeiten doch ein ernstes
Problem.
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Nirgendwo in Zentralasien sind die Dörfer so trostlos und lebensfeindlich
wie jene in Kasachstans Steppe. Während jedes russische Dorf ohne wilde Gärten und Bäume unvorstellbar wäre, sind die kasachischen Dörfer fast
immer kahl und ohne Leben. Verrostete Überbleibsel aus Sowjetzeiten liegen überall herum. Niemand stört sich daran. Im Bild das größere Dorf
Opornyy, zwischen Atyrau und Beynew gelegen. Hier verzichteten wir sogar darauf, Diesel zu tanken, so verkommen erschien die Tankstelle!
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Nach 400 km Steppenfahrt erschien uns der kleine Ort Beynew wie eine Oase! Hier
gab es alles, was das Herz begehrte. Nicht nur gutes, sehr billiges Diesel, auch herrliches Obst (aus Usbekistan), Brot und Trinkwasser in 5-Liter Flaschen.
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Der Autoteilebasar in Beynew ist recht bescheiden. Ersatzteile für
LandCruiser sind eher nicht zu bekommen, dafür aber Motor- und Getriebeöle, wenn auch nur in einfachster Qualität.
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Ein kläglich brüllendes Kamel in einem Wohnviertel Beynews auf der
Suche nach seiner Herde draussen in der Steppe.
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Nach problemloser Grenzabfertigung ging die Fahrt auf breiter Wellblechpiste weiter über das
karge Ust-Yurt-Plateau hinunter in die fruchtbare Amu-Darja Ebene. Natürlich stand ein Besuch Khivas wieder auf dem Programm. Der Katalog-Tourismus schien dort recht
zu florieren. Die museale Altstadt war überfüllt mit Leuten, die mal kurz aus Taschkent herbeigeflogen wurden, um die historischen Sehenswürdigkeiten
abhaken zu können.
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Schwer zu finden und deshalb unberührt vom Touristenstrom: der idyllische
Innenhof des ältesten Mausoleums in Khiva. Das Pahlavon Mahmud Mausoleum von 1326 überstand die Mongolenstürme und wurde wie die ganze Altstadt zu Zeiten
der Sowjetunion sorgfältig renoviert.
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In Buchara dann nette Erlebnisse. Die freundliche Tischtuchverkäuferin im Basar erinnerte
sich noch lebhaft an unseren letzten Einkauf bei ihr vor 4 Jahren und die hübsche tadjikische Schaschlik-Wirtin, deren Mann mir vor 5 Jahren erlaubte, sie zu
küssen (sie wollte aber nicht!), zuckte merklich zusammen, als sie uns erkannte.
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Freundliche, usbekische Wirtsleute in Qonqirat. Die servierten Somsa
Fleischklößchen hatten es aber in sich: mitten in der Nacht gab es eine heftige Gallenkolik!
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Auf dem Weg nach Sharisabz machten wir noch einen kleinen Abstecher durch die hitzeglühenden
Hissar-Berge. Je weiter wir in sie vordrangen, umso schmäler wurde das Bergsträßchen, bis wir schließlich unser Ziel Langar nur über steile
Feldwege erreichen konnten. Die geteerte Nebenstraße, die zur Hauptstrasse nach Sharisabz führte, verlief dummerweise auf der anderen Seite eines breiten
Bergbaches. Dorthin zu gelangen schien zunächst unmöglich, da die Brücke eingestürzt war. Mit Hilfe von Schülern des örtlichen Gymnasiums
gelang es nach haarsträubenden Berg- und Talfahrten doch noch, wieder Asphalt unter die Räder zu bekommen.
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Zwischen Streusiedlungen ausgedorrte Felder auf rundlichen Hügeln, in der
Schleife eines reissenden Gebirgsbaches eine grüne Oase, freundliche Menschen und eine verheißungsvolle Gebirgspiste: so präsentierten sich uns die
Hissar-Berge.
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Sharisabz machte nun einen sehr gepflegten Eindruck, der nur durch das verdorbene Essen
(Laghman), wie wir erst später merken sollten, getrübt wurde. In den pittoresken Hügeln unterhalb des Passes, über den die Landstrasse nach Samarkand
führt, fanden wir unseren Rastplatz mit phantastischer Aussicht auf die im Südwesten liegende fruchtbare Ebene. Hier waren wir völlig ungestört, nur ab
und zu statteten Hirten mit ihren Ziegen- und Schafherden kurze Höflichkeitsbesuche ab.
Die Quartiersuche in Samarkand gestaltete sich diesmal etwas langwieriger. Unser altes Hotel Zeravshan war (zu Recht!) geschlossen worden, ein empfohlenes Home
Stay konnte durch die engen Gassen mit unserem Toyota nicht erreicht werden, die Preise anderer Übernachtungsmöglichkeiten erwiesen sich als
überteuert. So waren wir schließlich froh, im freundlichen, zentral gelegenen Bahodir B&B unterzukommen, wo auch das Auto im kleinen Hof einen Platz
fand.
Eine wahre Bauwut verändert seit einigen Jahren das Gesicht der Altstadt Samarkands. Überall wird stilvoll neu gebaut oder renoviert. Nicht alle sind mit dem
was passiert glücklich. Die Bewohner rund um das Gur Amir Mausoleum, der Grabstätte von Tamerlan und Ulugbek, klagen sehr über die haushohe Mauer, die nun
den riesigen Platz umgibt und ihr Wohnviertel von der Außenwelt abschirmt.
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Ruhiges Wohnviertel nahe dem Universitätsviertel in Samarkand
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Die Fahrt nach Tashkent führt über die Autobahn M39. Zur Zeiten der Sowjetunion spielte
es keine Rolle, daß die M39 30 km über kasachisches Territorium führt. Die nicht allzu guten Beziehungen zwischen Usbekistan und Kasachstan haben zur
Folge, daß diese 30 km nun total gesperrt sind. Die neu errichtete Grenzstation ist nicht mehr in Betrieb, die Grenzbalken bleiben unten! Von Jizzakh wird man
umgeleitet über Gulistan und Sirdarya, was immerhin mehr als 100 km Umweg bedeutet!
Endlich hatten wir die großräumige Weltstadt Tashkent erreicht. Hier fühlten wir uns wieder wie zu Hause. Breite Strassen, kaum Verkehr, unzählige
schattenspendende Parks, beste Einkaufsmöglichkeiten, gute Restaurants und ein total entspanntes Klima. Wie immer stiegen wir im Sam-Buh Hotel ab, von Armeniern
geführt, einfach aber mit allem Komfort und äußerst günstig gelegen. Zum Stadtzentrum sind es 20 Minuten zu Fuß, die Botschaft Turkmenistans
liegt in unmittelbarer Nachbarschaft, jene Kasachstans und Russlands sind gleichfalls bequem zu Fuß zu erreichen. Überhaupt ist Taschkent der ideale Ort, um in
Zentralasien Visa einzuholen. Nicht weit weg vom Sam-Buh Hotel finden sich große Open-Air Restaurants aller Preiskategorien und der riesige Mirobod Basar, mit einer
irren Auswahl an Obst, Gemüse und allem was der Reisende sonst noch so benötigt. Wem es im Sommer zu warm wird in der Stadt, dem sei ein Besuch der im Nordosten
Tashkents gelegenen Chimgan-Hochgebirgsregion empfohlen. Hier locken über 3000m hohe Gipfel zum Bergsteigen und kristallklare Seen, bequem über Autobahn zu
erreichen!
Nach einigen Tagen verließen wir daher nur ungern diese schöne Stadt und machten uns auf den Weg nach Tadjikistan. Das war leichter gesagt als getan. Denn
gerade die Ausfahrt auf die A373 Richtung Toytepa ist für Unkundige wie wir es waren praktisch nicht zu finden (und wir haben bisher unzählige sehr schwierige
Ortsausfahrten in der ehemaligen Sowjetunion gefunden!). Das beste ist, gleich ein Taxi zu nehmen, das einen zur Ortsausfahrt bringt. Kostet keine 3 EUR.
Wie die Reise weitergeht, erfahren Sie hier
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