DAS ENDE "...weinte ich leise, weil ich wußte, daß es nie mehr sein würde wie früher." (Reinhold Messner, Gobi) |
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Wie es zu diesem schicksalhaften Unfall kommen konnte, bleibt letztlich
unklar. Eines ist jedoch sicher: an diesem Tag waren wir nicht die einzigen,
die so endeten. Wir bemerkten 2 andere Fahrzeuge, denen es genauso ergangen war.
Nicht umsonst heißt das Teilstück der Magistrale M32 von Aralsk nach Qarabutaq
'Strasse des Todes'. Die M32 folgt zwar einer schnurgeraden,
breiten Trasse, die auf einem Damm durch den feuchten Boden der
kasachischen Steppe führt. Es ist aber nur zu
erahnen, dass hier vor Urzeiten einmal eine Teerdecke vorhanden war. Heute ist diese
Haupttrasse eine ununterbrochene Ansammlung tiefster Schlaglochkrater mit senkrechtem Rand.
Kein LKW oder gar PKW wird sich hierher verirren. Man benutzt hingegen die seitlich
verlaufenden Parallelpisten. Aber auch diese haben es in sich! Hier verlaufen, wegen des
glitschigen, tiefen Bodens, stark ausgefahrene Spurrillen. Zum Zeitpunkt unserer Befahrung
lag auf der durchweichten, schlüpfrigen Piste eine beschneite Eisschicht.
Die Gefahren, mit denen in diesem Teilstück zu rechnen ist, sind ziemlich
unabhängig von der Jahreszeit. Uns waren schlimme Berichte von
Touristen bekannt, die dort im Sommer unterwegs waren.
Es muss also jederzeit unbedingt davon abgeraten werden, die M32
zwischen Shimkent und Aktöbe zu befahren!
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In der menschenleeren Ödnis der Steppe erscheint - o Wunder! -
ein Konvoi nagelneuer Tankfahrzeuge auf Überführungsfahrt nach Süden.
Alles Lebenswichtige haben wir schon seitlich des havarierten Fahrzeugs gestapelt. Die
beiden Bergegurte liegen bereit. Mit durchdrehenden Rädern auf dem vereisten,
glitschigen Salztonboden gelingt es den LKWs schließlich, unseren Toyota wieder auf die Räder zu stellen.
Das Dach und die rechte Seite sind eingedrückt, Windschutzscheibe und rechtes Seitenfenster
zerbrochen. Da mir die Möglichkeit des Hydroschocks auf Grund des Eindringens
von Wasser oder Öl in die
Zylinder bekannt ist, führe ich als erstes eine Sichtprüfung der Glühkerzen
durch. Nichts Auffälliges zu sehen, schon gar kein Motoröl! Also starte ich den
Motor, will es zumindest tun. Das Anlasserrelais hört man klicken, der Motor
startet dennoch nicht. Die Optima-Batterien sind ok. Die LKW-Fahrer geben nicht auf, der Toyota soll
nun angeschleppt werden. Aber das geht ebenfalls nicht! Wie deutlich zu sehen ist, dreht
bei eingelegtem Gang das rechte Hinterrad nach vorne, das linke jedoch nach hinten. Zweifellos ein Zeichen dafür, dass
die Kardanwelle blockiert ist, möglicherweise durch eine beschädigte Kurbelwelle.
Jetzt hilft nur noch abschleppen, das Reduziergetriebe ist dabei auf NEUTRAL gestellt. Und wieder
haben wir Glück im Unglück: ein Geologenteam schleppt uns noch 20 km nach Norden, bis wir
bereits in stockfinsterer Nacht ein einsames 'Kafe' erreichen, Treffpunkt der
Trucker. Einer von ihnen wird uns am nächsten Morgen nach Aktöbe schleppen.
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Wie durch ein Wunder erreichen wir in 16-stündiger Fahrt nach mehr
als 400 km unter widrigsten Umständen das 'Camping' (Truck Stop)
am östlichen Ortsrand von Aktöbe. Frontscheibe und rechtes Seitenfenster
fehlen und sind nur notdürftig mit Folie und Tüchern verkleidet. Ein
Guckloch in der Frontscheibenfolie erlaubt einen minimalen Ausblick auf das Zugfahrzeug,
einen russischen Kamaz-LKW. Mit ihm sind wir durch unseren superstarken Bergegurt (doppelt
genommen) verbunden. Durch den schmalen Sehschlitz weht bei -5° ein eisiger Schneewind, der aufgewirbelten
Salzschlamm ins Wageninnere und in die Augen weht. Da der Motor nicht mehr läuft
sind die Bremsen kaum zu bedienen, die Servolenkung ist ebenso außer Funktion. So ist es
verdammt schwierig, auf wechselnde Geschwindigkeiten des Zug-LKWs zu reagieren und nicht auf ihn
aufzufahren. Immer wieder führt dies aber dazu, dass der Abschleppgurt von
den Vorderrädern unseres Fahrzeugs überrollt wird, was jedesmal schwere Schäden am Gurt zur Folge hat.
Nur selten gelingt es, den Gurt straff zu halten, um so den entsetzlichen
Ruck beim Anziehen des LKW zu vermeiden. Sollte der Gurt reissen,
und alles deutet darauf hin, dass dies bald geschehen wird,
könnte uns niemand mehr helfen. Doch unser superbreiter Abschleppgurt hält, gerade noch! Um 1 Uhr
in der Nacht erreichen wir die warm geheizte Unterkunft, wo wir von freundlichen Menschen
herzlich willkommen geheissen werden!
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Aktöbe: In der riesigen Toyota Werkstatt von Leonid Soroka begutachtet man den Schaden.
Was für hiesige Begriffe ein Totalschaden ist, wird von den Spezialisten in Aktöbe
als Routinefall betrachtet, dessen Reparatur nur einen bescheidenen finanziellen
Aufwand erfordert, verglichen mit den hier üblichen Kosten. Tag für Tag hat man es mit Schäden dieser Art zu tun.
Man kennt sich daher aus. Volodya (Mitte) ist Meister seines Faches im Karosseriebau und die
Ergebnisse seiner Arbeit sind wirklich beeindruckend. Er wird den LandCruiser wieder herrichten,
da können wir sicher sein! Ersatzteile zur Reparatur des Motors werden
aus Dubai eingeflogen, no problem. Zhenya (rechts) ist der neue Besitzer des Fahrzeugs, mit dem
er auf die Jagd in der kasachischen Steppe gehen wird, zusammen mit Leonid.
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Bei einem Rundgang durch seine Werkstatt fielen uns in einer düsteren
Ecke zwei übel zugerichtete Unfallwracks auf, beides dicke 80er Toyota
LandCruiser. Nein, nein, die werden nicht verschrottet sondern wieder
hergerichtet, versicherte Leonid. Und zum Beweis führte er uns zu einem
LandCruiser gleichen Typs, der das Aussehen eines Neuwagens hatte - und sein
Schicksal mit den beiden Unfallfahrzeugen teilte. Einfach unglaublich, was Volodja,
der Karosseriekünstler, vollbringt. Wir wagten nicht zu hoffen, dass
unser Unfallauto auch wieder einmal wie neu aussehen sollte...
Doch die Hoffnung wurde erfüllt!
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Ostern 2006: Endlich erreicht uns die lang erwartete Mitteilung
unseres Freundes Leonid! Nach problemloser Reparatur des Motors und fachmännischer
Wiederherstellung der Karosserie ist unser alter Toyota nach dem schrecklichen
Unfall kaum wiederzuerkennen. Zwar ist er den Bedürfnissen des neuen
Eigentümers angepasst und daher teilweise umgebaut worden, dennoch sind wir
aufrichtig froh, dass er in die guten Hände von Zhenya gekommen ist, der
diesen 'Exoten' gebührend pflegen wird und ihn, seiner ureigentlichen
Bestimmung gemäss, im kasachischen Gelände einsetzen wird.
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